Instanzenzug: LG Amberg Az: 1 KLs 176 Js 791/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Der Angeklagte hat die unterbliebene Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt von seinem Rechtsmittel ausgenommen; seine Revision hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), so dass es eines Eingehens auf die Verfahrensrügen nicht bedarf.
21. Nach den Feststellungen verkaufte und übergab der Angeklagte in der Zeit von Sommer 2020 bis Ende 2021 bei 43 Gelegenheiten an acht Abnehmer zwischen 0,5 und 11,5 Gramm Chrystal Meth mit einem Wirkstoffgehalt von 80 % L-Methamphetamin-Base. Die einzelnen Verkaufsmengen stammten nicht ausschließbar aus einem einheitlichen Vorrat von 187,15 Gramm. Aus den Verkäufen erlöste der Angeklagte insgesamt 4.400 Euro.
32. Der Schuldspruch hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bilden mehrere Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nur dann eine einheitliche Tat, wenn sie ein und denselben Güterumsatz betreffen (vgl. , Rn. 6; Beschlüsse vom – 4 StR 240/18, Rn. 3; und vom – 3 StR 30/23, Rn. 10). Die Annahme einer Bewertungseinheit setzt dabei greifbare Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren. Die bloße Möglichkeit oder Vermutung, dass Einzelmengen einer Gesamtmenge entnommen sein können, genügt nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Zuordnung bestimmter Einzelverkäufe zu einer bestimmten erworbenen Gesamtmenge fehlen (vgl. , Rn. 8; Urteil vom – 1 StR 317/15, Rn. 48 f.; Patzak in Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 29 Rn. 460). Auch der Zweifelssatz gebietet in solchen Fällen nicht die Annahme einer einheitlichen Tat (vgl. , Rn. 9; Urteil vom – 2 StR 296/05, Rn. 8).
Vorliegend bleibt offen, inwieweit die den einzelnen Verkäufen jeweils zugrundeliegenden Betäubungsmittel aus einem einheitlichen, zuvor erworbenen Vorrat herrühren. Die im Urteil floskelhaft gewählte Formulierung, sämtliche Verkaufsmengen stammten ‚nicht ausschließbar aus einem einheitlichen Betäubungsmittelvorrat‘ (UA S. 7) wird vom Landgericht weder im Einzelnen näher konkretisiert noch von Tatsachen gestützt. Ein einheitlicher Verkaufsvorrat erschließt sich hier auch nicht von selbst. Der Angeklagte hat sich zum Tatvorwurf nicht eingelassen. Ein Erwerbsvorgang wurde nicht festgestellt. (…) Eine eingehende Erörterung hätte sich für die Strafkammer aber bereits deshalb aufdrängen müssen, weil sich die dem Angeklagten angelasteten Handlungen letztlich über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr und vier Monaten erstrecken (UA S. 22; vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 529/20; und vom – 4 StR 403/21, Rn. 4).
Die mit der Zusammenfassung der einzelnen Handlungen verbundene Addition der Betäubungsmittelmengen kann den Angeklagten durch das Erreichen der nicht geringen Menge im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG beschweren (vgl. , Rn. 6).“
4Dem schließt sich der Senat an und hebt die auf einer rechtsfehlerfreien Würdigung beruhenden Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht auf umfassend neuer Grundlage eine widerspruchsfreie Entscheidung zu ermöglichen (vgl. ).
53. Die Einziehungsentscheidung hat auch deshalb keinen Bestand, weil die ihr zugrundeliegende Beweiswürdigung lückenhaft ist.
6§ 267 StPO verpflichtet das Tatgericht, in den Urteilsgründen darzulegen, dass seine Überzeugung (§ 261 StPO) von den die Anwendung des materiellen Rechts tragenden Tatsachen auf einer umfassenden, von rational nachvollziehbaren Überlegungen bestimmten Beweiswürdigung beruht (vgl. , NStZ-RR 2020, 258). Es ist verpflichtet, die wesentlichen Beweiserwägungen in den Urteilsgründen so darzulegen, dass seine Überzeugungsbildung für das Revisionsgericht nachvollzogen und auf Rechtsfehler überprüft werden kann (vgl. mwN). Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht.
7Die Strafkammer hat zur Begründung ihrer Einziehungsentscheidung lediglich ausgeführt, die im „Schuldenbuch“ angegebenen „Zahlenwerte mit vorangestellten Minuszeichen bzw. in Abzug gebrachten Zahlenwerte“ für die Berechnung der Taterlöse berücksichtigt zu haben. Es wäre jedoch eine Erläuterung erforderlich gewesen, welche Verkaufspreise und welche erfolgten Zahlungen die Entschlüsselung der relevanten Passagen im Einzelnen erbracht hat.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:090124B6STR494.23.0
Fundstelle(n):
UAAAJ-57665