Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
BBK Nr. 2 vom Seite 88

Trennung zwischen nachträglichen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand nicht immer eindeutig

Udo Cremer

Entstehen Aufwendungen für die Erneuerung von bereits vorhandenen Teilen, Einrichtungen oder Anlagen, führen diese regelmäßig zu gewinnminderndem Erhaltungsaufwand. Allerdings ist nach der Fertigstellung des Gebäudes Herstellungsaufwand anzunehmen, wenn Aufwendungen durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Erweiterung oder für die über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung eines Gebäudes entstehen. Aus Vereinfachungsgründen lässt die Finanzverwaltung zu, dass Aufwendungen, die nach Fertigstellung eines Gebäudes für die einzelne Baumaßnahme nicht mehr als 4.000 € (Rechnungsbetrag ohne Umsatzsteuer) je Gebäude betragen, auf Antrag des Steuerpflichtigen stets als Erhaltungsaufwand behandelt werden können. Zur Klärung, ob es sich bei einer Instandsetzung und Modernisierung von Gebäuden um Anschaffungskosten, Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwendungen handelt, kann das erste Hilfestellungen geben.

S. 89

I. Anschaffungskosten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft

[i]Betriebsbereitschaft des GebäudesAnschaffungskosten eines Gebäudes sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um das Gebäude zu erwerben und es in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Gebäude einzeln zugeordnet werden können. Ein Gebäude ist grundsätzlich betriebsbereit, wenn es entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann, wobei die Betriebsbereitschaft für jeden Gebäudeteil, der nach seiner Zweckbestimmung selbständig genutzt werden soll, gesondert zu prüfen ist. Nutzt der Erwerber das Gebäude ab dem Zeitpunkt der Anschaffung (d. h. ab Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten) zur Erzielung von Einkünften, ist es ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich betriebsbereit, mit der Folge, dass Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen in diesem Fall keine Anschaffungskosten i. S. des § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB mehr sein können.

II. Herstellungskosten

Herstellungskosten eines Gebäudes sind nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB Aufwendungen für die Herstellung eines Gebäudes sowie Aufwendungen, die für die Erweiterung oder für die über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung eines Gebäudes entstehen.

[i]Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten können Herstellungskosten seinNeben der erstmaligen Herstellung eines Gebäudes führen auch im Falle eines Vollverschleißes Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten unter Verwendung der übrigen noch nutzbaren Teile zur Herstellung eines neuen Gebäudes und damit zu aktivierungspflichtigen Herstellungskosten.

[i]Erweiterung i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB Unabhängig von ihrer Höhe führen Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen ebenfalls zu aktivierungspflichtigen Herstellungskosten, wenn sie für eine Erweiterung i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB entstehen, was nicht nur im Falle einer Gebäudeaufstockung oder einem Anbau der Fall ist, sondern auch bei einer (auch nur geringfügigen) Vergrößerung der nutzbaren Fläche (z. B. Anbau einer bisher nicht vorhandenen Dachgaube) oder Substanzvermehrung (z. B. bei Einsetzen von zusätzlichen Trennwänden) vorliegt.

[i]Erhaltungsaufwand bei FunktionsgleichheitIm Gegensatz zur Substanzvermehrung ist regelmäßig von Erhaltungsaufwand auszugehen, wenn der neue Gebäudebestandteil die Funktion des bisherigen Gebäudebestandteils für das Gebäude in vergleichbarer Weise erfüllt, wie das z. B. beim Vergrößern eines bereits vorhandenen Fensters der Fall ist. Dabei ist es unerheblich, ob der neue Gebäudebestandteil für sich betrachtet die gleiche Beschaffenheit aufweist wie der bisherige oder lediglich entsprechend dem technischen Fortschritt modernisiert worden ist.