BGH Urteil v. - IX ZR 112/22

Vermutete Gläubigerbenachteiligung bei insolvenzrechtlicher Vorsatzanfechtung: Anforderungen an Beweis der fehlenden Kenntnis des Vorsatzes

Leitsatz

1. Wird die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vermutet, muss der Anfechtungsgegner den Beweis des Gegenteils führen.

2. Der Beweis des Gegenteils ist geführt, wenn der Anfechtungsgegner zur Überzeugung des Tatrichters davon ausgehen durfte, der Schuldner werde in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit seine übrigen, bereits vorhandenen und absehbar hinzutretenden Gläubiger vollständig befriedigen.

3. Die Annahme, der Schuldner werde in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit seine übrigen, bereits vorhandenen und absehbar hinzutretenden Gläubiger vollständig befriedigen, erfordert eine hinreichend verlässliche Beurteilungsgrundlage.

Gesetze: § 133 Abs 1 S 1 InsO, § 133 Abs 1 S 2 InsO, § 286 ZPO, § 292 ZPO

Instanzenzug: Az: 14 U 2/21vorgehend Az: 44 O 30/20

Tatbestand

1Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom am eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A.   GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Er nimmt den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO aF auf Rückgewähr von vier Zahlungen in Höhe von insgesamt 378.086,76 € in Anspruch.

2Die Schuldnerin kaufte Anteile an einer Gesellschaft, die Eigentümerin eines Hausgrundstücks in Berlin war. Die Schuldnerin beabsichtigte eine Aufteilung des Hauses in Wohnungseigentum sowie einen Abverkauf der Wohnungen mit Gewinn. Zur Entrichtung der zweiten Kaufpreisrate für die Gesellschaftsanteile in Höhe von 550.000 € benötigte die Schuldnerin eine Finanzierung. Der Beklagte gewährte der Schuldnerin gemäß notarieller Urkunde vom ein bis zum rückzahlbares Darlehen in Höhe von 550.000 €. Bei nicht fristgerechter Rückzahlung sollte das Darlehen ab dem mit 12 % jährlich zu verzinsen sein. Weiter sah der Darlehensvertrag eine Beteiligung des Beklagten am Gewinn aus dem Verkauf der Eigentumswohnungen in Höhe von 50 % vor. Die Schuldnerin unterwarf sich wegen ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehensbetrags der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen.

3Die Darlehensrückzahlung erfolgte nicht fristgerecht. Ab dem mahnte der Beklagte die Rückzahlung des Darlehens wiederholt an. Am erfolgte eine erste Teilzahlung in Höhe von 150.000 €. Eine weitere Teilzahlung in Höhe von 50.000 € erfolgte am , nachdem der Beklagte im Mai 2015 ein vorläufiges Zahlungsverbot ausgebracht hatte. Eine zweite Vorpfändung erfolgte im Juli 2015, die nächste Zahlung der Schuldnerin in Höhe von 150.000 € am . Am erfolgte die dritte Vorpfändung. Die letzte noch streitgegenständliche Zahlung in Höhe von 28.086,67 € leistete die Schuldnerin am .

4Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision will der Kläger weiterhin die Verurteilung des Beklagten zur Rückgewähr der vier Teilzahlungen auf den Darlehensrückzahlungsanspruch erreichen.

Gründe

5Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Entscheidung hat infolge der Säumnis des Beklagten durch Versäumnisurteil zu ergehen, beruht aber inhaltlich auf einer Sachprüfung (vgl. , BGHZ 37, 79, 81 f).

I.

6Das Berufungsgericht hat gemeint, es fehle jedenfalls an der gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO erforderlichen Kenntnis des Beklagten von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne allein aus der erkannten Zahlungsunfähigkeit nicht auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners geschlossen werden. Entscheidend sei vielmehr, dass der Schuldner wisse oder jedenfalls billigend in Kauf nehme, dass er auch künftig nicht dazu in der Lage sein werde, alle seine Gläubiger zu befriedigen. Daraus folge, dass die zugunsten des anfechtenden Insolvenzverwalters streitende Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO als widerlegt anzusehen sei, wenn der Anfechtungsgegner aufgrund der ihm bekannten Umstände davon ausgehen habe können, dass der Schuldner künftig in absehbarer Zeit alle seine vorhandenen und absehbar hinzutretenden Gläubiger würde befriedigen können.

7Dies sei hier der Fall. Aufgrund der Äußerungen des Geschäftsführers der Schuldnerin habe der Beklagte erwarten können, dass die Schuldnerin in der Lage war, durch die Veräußerung der erworbenen Anteile (Share Deal) oder des Hausgrundstücks (Asset Deal) kurzfristig - binnen weniger Wochen - einen erheblichen Liquiditätszufluss zu erreichen, mit dem nicht nur eine Rückführung des von ihm gewährten Darlehens möglich gewesen wäre, sondern auch ein Gewinn erzielt worden wäre. Hieraus folge zugleich, dass aus Sicht des Beklagten die Schuldnerin künftig alle Gläubiger würde befriedigen können, da andernfalls ein Gewinn kaum denkbar gewesen wäre. Dem Beklagten sei nicht zu widerlegen, dass er erst nach Erhalt der Zahlungen davon erfahren habe, dass die Schuldnerin ihre Anteile an der Gesellschaft bereits übertragen gehabt habe. Dass der Beklagte Kenntnis von einer Liquiditätslage der Schuldnerin oder sonstigen Umständen gehabt habe, die ein Insolvenzverfahren unausweichlich erscheinen ließen, sei nicht ersichtlich.

II.

8Das hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Kenntnis des Beklagten vom revisionsrechtlich zu unterstellenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht verneint werden.

91. Gemäß § 133 Abs. 1 InsO in der hier gemäß Art. 103j Abs. 1 EGInsO anwendbaren, bis zum geltenden Fassung des Gesetzes vom (BGBl. I S. 2866) ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Die Kenntnis des anderen Teils wird vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO).

102. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zum Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin und zum Eingreifen des Vermutungstatbestands des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO getroffen. Revisionsrechtlich ist daher zu unterstellen, dass die Schuldnerin mit Benachteiligungsvorsatz handelte und der Beklagte die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und die Gläubigerbenachteiligung kannte. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, dass der Beklagte die Vermutung der Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin widerlegt habe.

11a) § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO (iVm § 133 Abs. 3 Satz 1 InsO) ist eine widerlegliche (Tatsachen-)Vermutung im Sinne des § 292 ZPO. Der Gesetzgeber hat gesehen, dass der Vollbeweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners für den Insolvenzverwalter schwer zu führen sein kann. Er hat deshalb mit § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO einen Vermutungstatbestand geschaffen, der dem Verwalter die Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs erleichtern soll (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 160).

12Liegen die Voraussetzungen des Vermutungstatbestands vor, muss der Anfechtungsgegner daher den Beweis des Gegenteils führen. Er muss darlegen und beweisen, dass er den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht kannte (vgl. , NZI 2007, 512 Rn. 7; vom - IX ZR 239/09, NZI 2012, 416 Rn. 14; vom - IX ZR 84/13, NZI 2016, 355 Rn. 8; vom - IX ZR 65/14, BGHZ 210, 249 Rn. 23). Der Beweis erfordert die volle Überzeugung des Tatrichters im Sinne des § 286 ZPO von der Unkenntnis. Es reicht weder aus, dass der Richter in seiner Überzeugung unsicher geworden ist, noch, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Gegenteil der Vermutung spricht (vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting, 6. Aufl., § 292 Rn. 25; Stein/Jonas/Thole, ZPO, 23. Aufl., § 292 Rn. 21).

13b) Mit Recht hat das Berufungsgericht erkannt, dass der Beweis des Gegenteils zur Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO geführt ist, wenn der Anfechtungsgegner zur Überzeugung des Tatrichters davon ausgehen durfte, der Schuldner werde in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit seine übrigen, bereits vorhandenen und absehbar hinzutretenden Gläubiger vollständig befriedigen. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht seine Überzeugung auf eine beschränkte Tatsachengrundlage gestützt.

14aa) Der Schuldner, der in dem nach § 140 InsO maßgeblichen Zeitpunkt zahlungsunfähig ist, handelt im Falle der Gewährung einer kongruenten Deckung nur dann mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er zumindest billigend in Kauf nimmt, dass er auch künftig nicht in der Lage sein wird, seine übrigen Gläubiger in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit zu befriedigen (vgl. , BGHZ 230, 28 Rn. 31, 46 f). Dementsprechend hat der Anfechtungsgegner keine Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, wenn er von einer Befriedigung der übrigen Gläubiger in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit ausgehen durfte.

15bb) Eine bloße Hoffnung auf Befriedigung der übrigen Gläubiger ist nicht geeignet, die Vermutung der Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz zu widerlegen. Es muss sich um eine aus objektiver Sicht gerechtfertigte Annahme handeln, die auf ausreichender Tatsachengrundlage beruht.

16(1) Dies hat der Senat bereits für den ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuch angenommen und näher begründet (vgl. , BGHZ 210, 249 Rn. 14 ff). Die Annahme, die übrigen Gläubiger würden in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit befriedigt, kann auf der Grundlage eines solchen Sanierungsversuchs gerechtfertigt sein. Hierfür sind die vom (aaO Rn. 23 ff) entwickelten und mit Urteil vom im Blick auf das Erfordernis einer (jedenfalls in den Anfängen erfolgten) Umsetzung des Konzepts modifizierten Grundsätze (IX ZR 78/20, BGHZ 233, 70 Rn. 79 f) zu berücksichtigen.

17Danach gelten hinsichtlich der Kenntnis vom Vorliegen der Voraussetzungen eines ernsthaften Sanierungsversuchs zwar nicht dieselben Anforderungen, wie sie für den Schuldner oder die für diesen verantwortlich handelnden Personen zur Anwendung gelangen (vgl. , BGHZ 210, 249 Rn. 24). Von einem schlüssigen Sanierungskonzept des Schuldners kann der Anfechtungsgegner jedoch nur dann ausgehen, wenn er in den Grundzügen über die wesentlichen Grundlagen des Konzepts informiert ist, insbesondere über die Ursachen der Insolvenz, die Maßnahmen zu deren Beseitigung und eine positive Fortführungsprognose (vgl. aaO Rn. 25 ff). Erlangt der Anfechtungsgegner Kenntnis von einem schlüssigen Sanierungskonzept, ist er nicht verpflichtet, das Konzept fachmännisch zu prüfen oder prüfen zu lassen; er darf sich auf die Angaben des Schuldners oder dessen Beraters zu den Erfolgsaussichten des Konzepts verlassen solange er keine Anhaltspunkte dafür hat, dass er getäuscht werden soll oder dass der Plan keine Chancen auf dauerhaften Erfolg hat (vgl. aaO Rn. 27; vom - IX ZR 75/21, ZInsO 2022, 1734 Rn. 32). Bloße Verzögerungen bei der Umsetzung des Sanierungskonzepts begründen keine durchgreifenden Zweifel, solange die Verzögerungen keine Anhaltspunkte dafür enthalten, dass das Konzept nunmehr keine Aussicht auf Erfolg mehr hat, gescheitert ist oder der Anfechtungsgegner über die (weitere) Sanierung getäuscht werden soll (vgl. aaO Rn. 33).

18(2) Der Versuch einer Sanierung im vorstehenden Sinne ist nicht der einzige Tatbestand, der aus der maßgeblichen Sicht ex ante des Schuldners oder des Anfechtungsgegners die berechtigte Erwartung begründen kann, die übrigen Gläubiger würden noch befriedigt. Die Ursache der Krise des Schuldners, die zu seiner Zahlungsunfähigkeit geführt hat, kann vorübergehend sein. Der Einzelunternehmer oder Freiberufler kann erkranken und deshalb vorübergehend nicht in der Lage sein, seine geschäftliche Tätigkeit auszuführen. Die Ursache einer solchen Krise kann auch von außen kommen und in einer vorübergehenden (etwa pandemiebedingten) Schließung des Geschäftsbetriebs durch die zuständige Behörde bestehen. In derartigen Fällen bedarf es keines Sanierungsversuchs, sondern eines Konzepts, welches das wirtschaftliche Überleben für die Dauer der Krise sichert und etwa in einer Stillhaltevereinbarung mit Gläubigern des Schuldners liegen kann. Auch wenn die Krise nicht nur vorübergehend ist, muss das erforderliche Eingreifen des Schuldners nicht zwingend auf eine dauerhafte Sanierung des schuldnerischen Unternehmens (vgl. dazu , BGHZ 210, 249 Rn. 29 ff) gerichtet sein. Unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO kann sich der Schuldner auch mit einer Abwicklung des Unternehmens außerhalb eines Insolvenzverfahrens begnügen, wenn diese aus der Sicht ex ante in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit zur Befriedigung seiner Gläubiger führt. Zur Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO (iVm § 133 Abs. 3 Satz 1 InsO) ist in jedem Fall erforderlich, dass für den Anfechtungsgegner eine hinreichend verlässliche Beurteilungsgrundlage vorliegt.

19Dabei wird der Anfechtungsgegner in der Regel auf Informationen des Schuldners angewiesen sein, um beurteilen zu können, ob mit einer Befriedigung der übrigen Gläubiger in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit gerechnet werden kann. Das Informationsbedürfnis wird umso größer sein, je weiter der Anfechtungsgegner von den maßgeblichen Vorgängen im schuldnerischen Unternehmen entfernt ist. Beschafft sich der Anfechtungsgegner die erforderlichen Informationen nicht, handelt er mit Anfechtungsrisiko (vgl. , BGHZ 210, 249 Rn. 25).

20cc) Diesen Maßstäben genügen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Eine hinreichend verlässliche Beurteilungsgrundlage für die von ihm angenommene Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

21(1) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hatte der Beklagte keine Informationen, die auf eine Befriedigung der übrigen Gläubiger der Schuldnerin schließen ließen. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Veräußerung im Wege eines Verkaufs des Hausgrundstücks (Asset Deal) oder durch einen Verkauf der Gesellschaftsanteile (Share Deal) erfolgen sollte. Es hat angenommen, der Beklagte habe aufgrund des E-Mail-Verkehrs zwischen ihm und dem damaligen Geschäftsführer der Schuldnerin in der Zeit vom 9. bis zum erwarten können, dass die Schuldnerin einen so erheblichen Liquiditätszufluss erreichen werde, der eine Befriedigung aller Gläubiger erwarten ließ. Das entbehrt einer hinreichenden Tatsachengrundlage, weil Feststellungen zu konkreten Angeboten und der Absicht der Schuldnerin, diese anzunehmen, nicht getroffen sind.

22Ausweislich der E-Mails soll es Angebote zum Erwerb des Hausgrundstücks (Asset Deal) zu einem Preis oberhalb des Kaufpreises für die von der Schuldnerin gekauften Gesellschaftsanteile gegeben haben. Ob auf der Grundlage eines Verkaufs des Hausgrundstücks davon ausgegangen werden konnte, die Schuldnerin würde auch ihre übrigen Gläubiger in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit befriedigen, kann offenbleiben. Aus dem E-Mail-Verkehr ergibt sich nämlich, dass der damalige Geschäftsführer der Schuldnerin nicht beabsichtigte, das Hausgrundstück zu veräußern. Er bevorzugte, angeblich aus steuerlichen Gründen, eine Veräußerung der Gesellschaftsanteile (Share Deal). Ob ein solcher Verkauf zustande kommen würde, stand noch nicht fest. Der Geschäftsführer äußerte lediglich die Hoffnung, eine Veräußerung der Gesellschaftsanteile gelinge zeitnah. Auf eine bloße Hoffnung kann die Erwartung einer Befriedigung der übrigen Gläubiger nicht gestützt werden.

23(2) Soweit das Berufungsgericht dem Beklagten zugutehält, das bestimmte Kenntnisse nicht ersichtlich seien, etwa Umstände betreffend, die ein Insolvenzverfahren unausweichlich erscheinen ließen, und annimmt, dass dem Beklagten die von ihm behauptete Unkenntnis von einer bereits erfolgten Übertragung der Gesellschaftsanteile nicht zu widerlegen sei, verkennt es die Darlegungs- und Beweislast und die Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO.

III.

24Das Urteil ist nicht aus anderen Gründen richtig (§ 561 ZPO). Andere Umständen, die zur Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO führen könnten, sind nicht ersichtlich. Das Urteil ist danach aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).

25Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:261023UIXZR112.22.0

Fundstelle(n):
BB 2024 S. 130 Nr. 4
DB 2024 S. 109 Nr. 3
DB 2024 S. 580 Nr. 10
DB 2024 S. 581 Nr. 10
DStR 2024 S. 774 Nr. 13
GmbHR 2024 S. 589 Nr. 11
NJW 2024 S. 677 Nr. 10
NJW 2024 S. 679 Nr. 10
NJW 2024 S. 9 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 3/2024 S. 158
NWB-Eilnachricht Nr. 3/2024 S. 158
WM 2024 S. 80 Nr. 2
ZIP 2024 S. 140 Nr. 3
ZIP 2024 S. 4 Nr. 2
HAAAJ-56307