Gründe
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
30Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass eine nationale Regelung, die die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung für Teilzeitbeschäftigte und für vergleichbare Vollzeitbeschäftigte einheitlich daran knüpft, dass dieselbe Zahl Arbeitsstunden bei einer bestimmten Tätigkeit wie dem Flugdienst eines Flugzeugführers überschritten wird, als eine „schlechtere“ Behandlung der Teilzeitbeschäftigten im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist.
31Als Erstes ist zu prüfen, ob der Ausgangsrechtsstreit in den Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung fällt.
32Hierzu ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Paragraf 2 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung, wonach diese „für Teilzeitbeschäftigte [gilt], die nach den Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten in dem jeweiligen Mitgliedstaat einen Arbeitsvertrag haben oder in einem Arbeitsverhältnis stehen“, dass ihr Anwendungsbereich weit gefasst ist (Urteil vom , Zone de secours Hainaut-Centre, C-377/21, EU:C:2022:530, Rn. 37).
33Außerdem definiert Paragraf 3 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung den Teilzeitbeschäftigten als „Arbeitnehmer, dessen normale, auf Wochenbasis oder als Durchschnitt eines bis zu einem Jahr reichenden Beschäftigungszeitraumes berechnete Arbeitszeit unter der eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten liegt“.
34Im vorliegenden Fall hat der Kläger des Ausgangsverfahrens einen Arbeitsvertrag mit CLH, auf den die oben in Rn. 10 bezeichneten Tarifverträge Anwendung finden. Auch wenn er wegen der besonderen Natur seines Berufs keine feste wöchentliche Arbeitszeit hat, steht ferner fest, dass er nach diesem Arbeitsvertrag weniger Stunden pro Jahr arbeitet als ein vollzeitbeschäftigter Flugzeugführer, da ihm unter Kürzung seines Gehalts um 10 % zusätzliche 37 Tage Jahresurlaub gewährt werden, um der Reduzierung seiner Arbeitszeit Wirkung zu verleihen. Er ist daher als „Teilzeitbeschäftigter“ im Sinne von Paragraf 3 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung anzusehen.
35Mithin fällt der Ausgangsrechtsstreit in den Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung.
36Als Zweites ist für die Auslegung von Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung daran zu erinnern, dass diese zum einen die Teilzeitarbeit fördern und zum anderen die Ungleichbehandlung von Teilzeit- und von Vollzeitbeschäftigten beseitigen soll (Urteil vom , Universiteit Antwerpen u. a., C-265/20, EU:C:2022:361, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).
37Das in Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung aufgestellte Diskriminierungsverbot ist nur der spezifische Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes, der zu den tragenden Grundsätzen des Unionsrechts gehört (Urteil vom , Universiteit Antwerpen u. a., C-265/20, EU:C:2022:361, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
38In Anbetracht dieser Ziele muss Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung als Ausdruck eines Grundsatzes des Sozialrechts der Union verstanden werden, der nicht restriktiv ausgelegt werden darf (Urteil vom , Zone de secours Hainaut-Centre, C-377/21, EU:C:2022:530, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).
39Im Einklang mit dem Ziel, Ungleichbehandlungen von Teilzeit- und von Vollzeitbeschäftigten zu beseitigen, verbietet es dieser Paragraf, Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten „schlechter“ zu behandeln, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt (Urteil vom , Universiteit Antwerpen u. a., C-265/20, EU:C:2022:361, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).
40Der Gerichtshof hat überdies entschieden, dass mit dieser Vorschrift der Grundsatz der Nichtdiskriminierung auf Teilzeitbeschäftigte angewandt werden soll, um zu verhindern, dass ein Teilzeitarbeitsverhältnis von einem Arbeitgeber benutzt wird, um solchen Arbeitnehmern Rechte vorzuenthalten, die Vollzeitbeschäftigten zuerkannt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Baldonedo Martín, C-177/18, EU:C:2020:26, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
41Was die Frage betrifft, ob im vorliegenden Fall die Mehrvergütung unter den Begriff der Beschäftigungsbedingungen im Sinne von Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung fällt, hat der Gerichtshof entschieden, dass zu diesen Bedingungen auch die Vergütungsbedingungen gehören (Urteile vom , Ministero della Giustizia u. a. [Status der italienischen Friedensrichter], C-236/20, EU:C:2022:263, Rn. 36, und vom , Zone de secours Hainaut-Centre, C-377/21, EU:C:2022:530, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).
42Bei der Festlegung sowohl der Entgeltbestandteile als auch ihrer Höhe müssen die zuständigen nationalen Stellen auf Teilzeitbeschäftigte den Grundsatz der Nichtdiskriminierung, wie er in Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung verankert ist, anwenden und dabei, wo dies angemessen ist, dem Pro-rata-temporis-Grundsatz Rechnung tragen (Urteil vom , Zone de secours Hainaut-Centre, C-377/21, EU:C:2022:530, Rn. 53).
43Daher ist davon auszugehen, dass die Mehrvergütung unter den Begriff der Beschäftigungsbedingungen im Sinne von Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung fällt.
44Was die Vergleichbarkeit der Situation der bei CLH vollzeitbeschäftigten und der bei ihr, wie der Kläger des Ausgangsverfahrens, teilzeitbeschäftigten Flugzeugführer betrifft, ist nach ständiger Rechtsprechung für die Beurteilung, ob Arbeitnehmer die gleiche oder eine ähnliche Arbeit im Sinne der Rahmenvereinbarung verrichten, im Einklang mit Paragraf 3 Nr. 2 und Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung zu prüfen, ob diese Arbeitnehmer unter Zugrundelegung einer Gesamtheit von Faktoren wie Art der Arbeit, Ausbildungsanforderungen und Arbeitsbedingungen als in einer vergleichbaren Situation befindlich angesehen werden können (vgl. entsprechend Urteil vom , Presidenza del Consiglio dei Ministri u. a. [Hochschulforscher], C-40/20 und C-173/20, EU:C:2022:985, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).
45Nehmen die teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer während der Zeit ihrer Beschäftigung erwiesenermaßen die gleichen Aufgaben wahr wie die beim selben Arbeitgeber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer oder bekleiden sie die gleiche Arbeitsstelle wie diese, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Situation beider Arbeitnehmerkategorien vergleichbar ist (vgl. entsprechend Urteil vom , Presidenza del Consiglio dei Ministri u. a. [Hochschulforscher], C-40/20 und C-173/20, EU:C:2022:985, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung).
46Aus dem Vorabentscheidungsersuchen geht hervor, dass die vollzeitbeschäftigten und die teilzeitbeschäftigten Flugzeugführer bei CLH die gleiche Arbeit und namentlich den gleichen Flugdienst verrichten, so dass die Situation des Klägers des Ausgangsverfahrens als teilzeitbeschäftigter Flugzeugführer mit der von vollzeitbeschäftigten Flugzeugführern vorbehaltlich einer vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden letzten Prüfung im Sinne von § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 3 TzBfG vergleichbar ist.
47Was schließlich die Frage betrifft, ob ein teilzeitbeschäftigter Flugzeugführer wie der Kläger des Ausgangsverfahrens und vollzeitbeschäftigte Flugzeugführer unterschiedlich behandelt werden, ergibt sich aus der Prüfung der Vergütungsbestandteile der betreffenden Arbeitnehmer, wie sie im Vorabentscheidungsersuchen beschrieben sind, dass ein teilzeitbeschäftigter Flugzeugführer die Mehrvergütung nicht mit der ersten Stunde erhält, mit der seine individuelle Auslösegrenze der ersten Stufe überschritten wird, sondern erst dann, wenn die für vollzeitbeschäftigte Flugzeugführer geltende Auslösegrenze der ersten Stufe überschritten wird. Entsprechendes gilt für die Auslösegrenzen der zweiten und der dritten Stufe. Somit muss der teilzeitbeschäftigte Flugzeugführer, um die Mehrvergütung zu erhalten, dieselbe Zahl Flugdienststunden wie ein vollzeitbeschäftigter Flugzeugführer verrichten, ohne dass diese Schwelle nach Maßgabe seiner individuellen Arbeitszeit herabgesetzt wird. Unter diesen Bedingungen erreichen teilzeitbeschäftigte Flugzeugführer die für den Anspruch auf die Mehrvergütung erforderlichen Auslösegrenzen entweder nicht oder nur mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit als vollzeitbeschäftigte Flugzeugführer.
48Auch wenn sich nämlich die Vergütung pro Flugstunde für beide Flugzeugführerkategorien bis zu den Auslösegrenzen gleich darstellt, entsprechen diese identischen Auslösegrenzen bei teilzeitbeschäftigten Flugzeugführern gemessen an ihrer Gesamtarbeitszeit doch einem längeren Flugstundendienst als bei vollzeitbeschäftigten Flugzeugführern und belasten sie damit in höherem Maß als diese (vgl. entsprechend Urteil vom , Elsner-Lakeberg, C-285/02, EU:C:2004:320, Rn. 17). In einer solchen Situation kommt es für die teilzeitbeschäftigten Flugzeugführer mithin zu nachteiligen Auswirkungen auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung.
49Da die Teilzeitbeschäftigten somit die Anspruchsvoraussetzungen für die Mehrvergütung weitaus seltener erfüllen, ist davon auszugehen, dass ein teilzeitbeschäftigter Flugzeugführer wie der Kläger des Ausgangsverfahrens gegenüber vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Flugzeugführern eine unterschiedliche Behandlung erfährt, die nach Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung verboten ist, es sei denn, sie ist durch einen „sachlichen Grund“ im Sinne dieses Paragrafen gerechtfertigt.
50Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass eine nationale Regelung, die die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung für Teilzeitbeschäftigte und für vergleichbare Vollzeitbeschäftigte einheitlich daran knüpft, dass dieselbe Zahl Arbeitsstunden bei einer bestimmten Tätigkeit wie dem Flugdienst eines Flugzeugführers überschritten wird, eine „schlechtere“ Behandlung der Teilzeitbeschäftigten im Sinne dieser Vorschrift darstellt.
Zur zweiten Frage
51Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung für Teilzeitbeschäftigte und für vergleichbare Vollzeitbeschäftigte einheitlich daran knüpft, dass dieselbe Zahl Arbeitsstunden bei einer bestimmten Tätigkeit wie dem Flugdienst eines Flugzeugführers überschritten wird, um eine besondere Arbeitsbelastung bei dieser Tätigkeit auszugleichen.
52Im Einklang mit dem Ziel, Ungleichbehandlungen von Teilzeit- und von Vollzeitbeschäftigten zu beseitigen, verbietet es Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung, Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten „schlechter“ zu behandeln, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.
53Das Entgelt von Teilzeitbeschäftigten muss – vorbehaltlich der Anwendung des in Paragraf 4 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung genannten Pro-rata-temporis-Grundsatzes – dem von Vollzeitbeschäftigten entsprechen (Urteil vom , Bruno u. a., C-395/08 und C-396/08, EU:C:2010:329, Rn. 64).
54Im vorliegenden Fall folgt aus den oben in den Rn. 47 bis 49 angestellten Erwägungen, dass in den anwendbaren Tarifverträgen, nach denen die Zahlung der Mehrvergütung an für teilzeitbeschäftigte und für vollzeitbeschäftigte Flugzeugführer identische Auslösegrenzen anknüpft und der Pro-rata-temporis-Grundsatz nicht zur Anwendung gelangt, eine unterschiedliche Behandlung liegt, die nach Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung verboten ist, es sei denn, sie ist durch einen „sachlichen Grund“ gerechtfertigt.
55Im Rahmen von Art. 267 AEUV ist der Gerichtshof nicht befugt, den Sachverhalt zu würdigen und die Normen des Unionsrechts auf einen Einzelfall anzuwenden. Es ist daher Aufgabe des vorlegenden Gerichts, die für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits erforderlichen rechtlichen Qualifizierungen vorzunehmen. Dagegen hat der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht alle erforderlichen Hinweise zu geben, um es bei dieser Beurteilung zu leiten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Landkreis Gifhorn, C-519/20, EU:C:2022:178, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).
56Unter diesem Blickwinkel wird es Sache des vorlegenden Gerichts sein, unter Berücksichtigung aller maßgebenden Gesichtspunkte festzustellen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende unterschiedliche Behandlung als durch einen „sachlichen Grund“ gerechtfertigt angesehen werden kann. Im Rahmen dieser Beurteilung wird das vorlegende Gericht folgende Erwägungen zu berücksichtigen haben.
57Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Begriff „sachliche Gründe“ im Sinne von Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung so zu verstehen, dass eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeit- und von Vollzeitbeschäftigten nicht damit gerechtfertigt werden kann, dass sie in einer allgemeinen und abstrakten innerstaatlichen Norm wie einem Gesetz oder einem Tarifvertrag vorgesehen ist (Urteil vom , O'Brien, C-393/10, EU:C:2012:110, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).
58Vielmehr verlangt dieser Begriff, dass die festgestellte unterschiedliche Behandlung durch das Vorhandensein genau bezeichneter, konkreter Umstände gerechtfertigt ist, die die betreffende Beschäftigungsbedingung in ihrem speziellen Zusammenhang und auf der Grundlage objektiver und transparenter Kriterien kennzeichnen, um sichergehen zu können, dass die unterschiedliche Behandlung einem echten Bedarf entspricht und zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist. Solche Umstände können sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung Teilzeitverträge geschlossen wurden, und ihren Wesensmerkmalen oder gegebenenfalls aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels durch einen Mitgliedstaat ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , O'Brien, C-393/10, EU:C:2012:110, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss vom , AEAT [Berechnung der Betriebszugehörigkeitsdauer für Arbeitnehmer in zyklisch-vertikaler Teilzeit], C-439/18 und C-472/18, EU:C:2019:858, Rn. 47).
59Im vorliegenden Fall geht aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte hervor, dass seitens CLH und der deutschen Regierung zur Rechtfertigung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden unterschiedlichen Behandlung das Ziel angeführt wird, eine besondere Arbeitsbelastung im Flugdienst mit Auswirkungen auf die Gesundheit der Flugzeugführer auszugleichen, sowie – in engem Zusammenhang damit – das weitere Ziel, die Fluggesellschaften von einer übermäßigen Heranziehung der Flugzeugführer abzuhalten.
60Erstens ist aber festzustellen, dass die Bestimmungen der anwendbaren Tarifverträge ausweislich der Ausführungen des vorlegenden Gerichts keinen sachlichen Grund nennen, der die im Ausgangsverfahren in Rede stehende unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnte, und dass es die Systematik dieser Tarifverträge ist, auf die sich die Auffassung des vorlegenden Gerichts gründet, dass das von den Tarifvertragsparteien verfolgte Ziel das von CLH und der deutschen Regierung angeführte Ziel sein könnte, was zu überprüfen Sache des vorlegenden Gerichts sein wird.
61Zweitens haben diese Beteiligten zwar die Zwänge betont, die der Flugtätigkeit, die gleichwohl die Kerntätigkeit eines Flugzeugführers darstellt, innewohnten, doch haben sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die in den anwendbaren Tarifverträgen vorgesehenen Auslösegrenzen für die Flugdienststunden weder auf objektiv ermittelten Werten oder wissenschaftlichen Erkenntnissen noch auf allgemeinen Erfahrungswerten, z. B. zu den Auswirkungen der monatlichen Flugstundenhäufung, beruhten. Es scheint daher keine objektiven und transparenten Kriterien zu geben, die es erlauben, sicherzugehen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende unterschiedliche Behandlung und die Anwendung einheitlicher Schwellenwerte für teilzeitbeschäftigte Flugzeugführer und für vergleichbare vollzeitbeschäftigte Flugzeugführer im Einklang mit der oben in Rn. 58 angeführten Rechtsprechung etwa einem echten Bedarf entsprechen, was zu prüfen jedoch Sache des vorlegenden Gerichts sein wird.
62Drittens muss nach dieser Rechtsprechung eine solche unterschiedliche Behandlung, abgesehen davon, dass sie einem echten Bedarf entsprechen muss, zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich sein. Außerdem muss dieses Ziel im Einklang mit den Anforderungen der Rechtsprechung in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Petersen, C-341/08, EU:C:2010:4, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom , INSS, C-843/19, EU:C:2021:55, Rn. 32).
63Hinsichtlich der Frage, ob die festgestellte unterschiedliche Behandlung im Sinne der genannten Rechtsprechung zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist, bestehen aber, wie vom vorlegenden Gericht ausgeführt, Zweifel daran, ob die Festlegung einheitlicher Auslösegrenzen für Flugzeugführer, um in den Genuss der Mehrvergütung zu kommen, im Hinblick auf das Ziel, die Gesundheit der Flugzeugführer vor übermäßiger Arbeitsbelastung zu schützen, angemessen und kohärent ist. Die Festlegung einheitlicher Auslösegrenzen läuft nämlich darauf hinaus, dass die individuellen Auswirkungen, die sich aus der Arbeitsbelastung und den flugspezifischen Zwängen ergeben können, grundsätzlich außer Betracht bleiben. Sie läuft auch darauf hinaus, dass die eigentlichen Gründe für das Institut der Teilzeitarbeit keine Berücksichtigung finden, wie z. B. etwaige außerberufliche Belastungen des betreffenden Flugzeugführers.
64Im Übrigen ist nicht ausgeschlossen, dass in diesem Zusammenhang ein System zum Arbeitsstundenausgleich, ein Ruhetagesystem oder gar die Festlegung eher wöchentlicher als monatlicher Grenzwerte für Flugdienststunden eine Maßnahme sein mag, die im Hinblick auf die Erreichung des genannten Ziels angemessener und kohärenter ist als die im Ausgangsverfahren in Rede stehende.
65Außerdem stellt sich bei der Festlegung einheitlicher Auslösegrenzen für den Genuss der Mehrvergütung anstelle der Einführung individualisierter Auslösegrenzen nach Maßgabe des Arbeitsvertrags hinsichtlich der teilzeitbeschäftigten Flugzeugführer ein Kohärenzproblem im Hinblick auf das Ziel, dass die Fluggesellschaften davon abgehalten werden sollen, die Flugzeugführer zu übermäßiger Arbeit heranzuziehen. Die Fluggesellschaften tragen die Mehrvergütung nämlich nur jenseits der Auslösegrenze für die Arbeitszeit der vollzeitbeschäftigten Flugzeugführer.
66Soweit schließlich die getroffene nationale Regelung wie auch die Ablehnung der Anwendung des Pro-rata-temporis-Grundsatzes auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens auf wirtschaftliche Erwägungen zurückgehen sollten, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die sparsame Personalbewirtschaftung zu Haushaltserwägungen gehört, die eine Diskriminierung nicht rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols, C-486/08, EU:C:2010:215, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).
67Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung für Teilzeitbeschäftigte und für vergleichbare Vollzeitbeschäftigte einheitlich daran knüpft, dass dieselbe Zahl Arbeitsstunden bei einer bestimmten Tätigkeit wie dem Flugdienst eines Flugzeugführers überschritten wird, um eine besondere Arbeitsbelastung bei dieser Tätigkeit auszugleichen.
Kosten
68Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
1. Paragraf 4 Nr. 1 der am geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit
ist dahin auszulegen, dass
eine nationale Regelung, die die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung für Teilzeitbeschäftigte und für vergleichbare Vollzeitbeschäftigte einheitlich daran knüpft, dass dieselbe Zahl Arbeitsstunden bei einer bestimmten Tätigkeit wie dem Flugdienst eines Flugzeugführers überschritten wird, eine „schlechtere“ Behandlung der Teilzeitbeschäftigten im Sinne dieser Vorschrift darstellt.
2. Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der am geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81
ist dahin auszulegen, dass
er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung für Teilzeitbeschäftigte und für vergleichbare Vollzeitbeschäftigte einheitlich daran knüpft, dass dieselbe Zahl Arbeitsstunden bei einer bestimmten Tätigkeit wie dem Flugdienst eines Flugzeugführers überschritten wird, um eine besondere Arbeitsbelastung bei dieser Tätigkeit auszugleichen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
MAAAJ-54036