Ernstliche Zweifel an der
Grundsteuerwertfeststellung im sog. Bundesmodell
Leitsatz
1. Steuerpflichtige
können gegen ihren Grundsteuerwertbescheid auf den Stichtag
einheitlichen Rechtsschutz bei den Finanzgerichten erlangen, ohne
bezüglich ihrer Einwände gegen die der Bewertung zugrundeliegenden
Bodenrichtwerte die Verwaltungsgerichte anrufen zu müssen.
2. Bei verfassungskonformer
Auslegung ist es auch nach den Bewertungsregeln der §§ 218 ff. BewG
möglich, einen unter dem typisierten Grundsteuerwert liegenden niedrigeren
Grundstückswert nachzuweisen. Ein Wertgutachten ist hierfür nicht
zwingend erforderlich.
3. Bezüglich der für Rheinland-Pfalz
errichteten Gutachterausschüsse bestehen ernstliche Zweifel an der
gesetzlich geforderten Unabhängigkeit, weil nach der rheinland-pfälzischen
Gutachterausschussverordnung Einflussnahmemöglichkeiten durch den
Vorsitzenden des Gutachterausschusses und durch die Finanzverwaltung
auf die personelle Zusammensetzung des Ausschusses nicht ausgeschlossen
werden können.
4. Es bestehen ernstliche Zweifel
bezüglich der für die Ermittlung der Bodenrichtwerte notwendigen
Datengrundlage, weil in den zur Ableitung der Bodenrichtwerte geführten
Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse in erheblichem Umfang
Datenlücken zu befürchten sind, die zu erheblichen Verzerrungen
bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte führen könnten.
5. Es bestehen ernstliche Zweifel
daran, dass die neuen Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. BewG
dem aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Gebot einer realitäts- und
relationsgerechten Grundstücksbewertung entsprechen. So ist bereits
nicht eindeutig, was der genaue Belastungsgrund der Grundsteuer
sein soll.
6. Die große Zahl gesetzlicher
Typisierungen und Pauschalierungen in den §§ 243 ff. BewG und eine
nahezu vollständige Vernachlässigung aller individuellen Umstände der
konkret bewerteten Grundstücke führt zu gleichheitswidrigen Wertverzerrungen für
den gesamten Kernbereich der Grundsteuerwertermittlung.
7. Es besteht ein gleichheitswidriges
Vollzugsdefizit bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte, weil den
Gutachterausschüssen keine effektiven Instrumente zur Sachverhaltsermittlung
sowie zur Verifikation der Angaben von Grundstückseigentümern zur Verfügung
stehen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): BB 2023 S. 2837 Nr. 49 DStR 2024 S. 791 Nr. 15 ErbStB 2024 S. 5 Nr. 1 ErbStB 2024 S. 6 Nr. 1 OAAAJ-53863
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