BVerwG Urteil v. - 7 A 7/22

Auswirkungen einer bundeswasserstraßenrechtlichen Planfeststellung (Neuerrichtung einer Staustufe) auf den Betrieb eines Wasserkraftwerks

Leitsatz

1. Für die Beurteilung der Frage, ob einem Kläger, der einen Planfeststellungsbeschluss angreift, ein Vollüberprüfungsanspruch zusteht, kommt es auf die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bzw. im Zeitpunkt des Schlusses der (letzten) mündlichen Verhandlung an.

2. Eine auf die Erreichung eines guten ökologischen Potenzials im Sinne des § 27 Abs. 2 Nr. 2 WHG gerichtete, technisch nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand anders durchführbare Sanierungsmaßnahme, die nicht unverhältnismäßig zu Lasten einer Nutzung im Sinne des § 28 Nr. 1 WHG geht, kann im Maßnahmenprogramm für ein als erheblich verändert eingestuftes Oberflächengewässer ausgewiesen werden.

3. Einschränkungen und Umgestaltungen eines alten Wasserrechts im Sinne von § 20 WHG sind im Rahmen einer fachplanerischen Abwägungsentscheidung grundsätzlich möglich; ob dem Rechtsinhaber ein Anspruch auf Schutzvorkehrungen oder ersatzweise Entschädigung zusteht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Gesetze: Art 14 Abs 1 GG, Art 14 Abs 3 GG, Art 2 Nr 23 EGRL 60/2000, Art 4 EGRL 60/2000, Art 11 EGRL 60/2000, Art 13 EGRL 60/2000, Anh V Nr 1.2.5 EGRL 60/2000, Anh V Nr 1.4.2 EGRL 60/2000, § 14 Abs 1 S 2 WaStrG, § 14 Abs 1 S 4 WaStrG, § 14b Abs 1 S 1 Nr 1 WaStrG, § 14b Abs 1 S 1 Nr 2 WaStrG, § 14b Abs 1 S 1 Nr 3 WaStrG, § 14b Abs 1 S 1 Nr 6 WaStrG, § 14c WaStrG, § 14e Abs 1 WaStrG, § 14e Abs 5 WaStrG, Anl 2 Nr 4 WaStrG, § 10 Abs 2 WHG, § 13 Abs 2 WHG, § 20 WHG, § 27 Abs 2 Nr 2 WHG, § 28 WHG, § 34 Abs 3 WHG, § 35 Abs 2 WHG, § 83 WHG, § 73 Abs 4 S 3 VwVfG, § 74 Abs 1 S 1 VwVfG, § 74 Abs 2 S 2 VwVfG, § 74 Abs 2 S 3 VwVfG, § 75 Abs 1 S 2 VwVfG, § 75 Abs 1a S 1 VwVfG, § 75 Abs 1a S 2 VwVfG, § 5 UmwRG, § 7 Abs 4 UmwRG, § 74 Abs 2 Nr 1 UVPG

Tatbestand

1Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses vom für den Neubau der Staustufe Obernau am Main.

2Die Staustufe besteht aus einem dreifeldrigen Wehr, einem auf der linken Mainseite angeordneten Wasserkraftwerk mit zwei Turbinen und einem Wehrsteg, der beide Ufer miteinander verbindet. An der rechten Mainseite grenzt an das Wehr eine Schiffsschleusenanlage mit Betriebsgebäude und Vorhäfen und eine Bootsschleuse mit integrierter Fischtreppe. Wesentlicher Teil des Wasserstraßenausbauvorhabens ist der Neubau einer um 160 m stromabwärts versetzten Wehranlage mit integrierter Fischabstiegsanlage im Bereich des bestehenden Wasserkraftwerks und einer wasserseitig verschobenen Schiffsschleuse. Die Gesamtbauzeit wird von der Beklagten auf 9,5 Jahre geschätzt. Das Kraftwerkgrundstück steht im Eigentum der Klägerin zu 1, deren Gesellschaftsanteile zu 77,49 % von der U. Holding GmbH, einer Tochtergesellschaft der U. SE, gehalten werden. Im Dezember 2022 hat die Beklagte zur Sicherstellung der Energieversorgung in Deutschland ca. 99 % der Anteile der U. SE erworben. Die Klägerin zu 2, deren Anteile zu 100 % die U. SE innehat, ist nach Maßgabe von Verträgen, die zwischen den Rechtsvorgängerinnen der Klägerinnen beginnend in den Jahren 1927/1928 geschlossen wurden, Abnehmerin des im Wasserkraftwerk produzierten und nicht für den Betrieb der Staustufe benötigten Stroms, den sie vermarktet. Nach einem zwischen den Rechtsvorgängerinnen der Klägerinnen geschlossenen Vertrag aus dem Jahr 1995 und weiteren Nachtragsvereinbarungen hierzu ist der Klägerin zu 2 zudem der technische Betrieb des Wasserkraftwerks übertragen.

3Die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 (R. AG) wurde im Anschluss an den am erfolgten Abschluss des "Vertrags zwischen dem Reiche und Bayern über die Ausführung der Main-Donau-Wasserstraße" (im Folgenden: "Main-Donau-Staatsvertrag") gegründet. In diesem ist zur Realisierung einer Main-Donau-Wasserstraße vorgesehen, dass eine zu gründende Aktiengesellschaft über einen noch abzuschließenden Vertrag die Verpflichtung übernehmen soll, bestimmte Wasserstraßen auszubauen, um als Gegenleistung das Recht zur Ausnutzung der Wasserkräfte für 100 Jahre zu erhalten. Nach Zeitablauf sollen die Kraftwerke unentgeltlich an das Deutsche Reich (zurück-)fallen.

4In dem am geschlossenen "Vertrag zwischen dem Reich, Bayern, Baden und der R. Aktiengesellschaft über die Durchführung der Großschiffahrtsstraße Aschaffenburg-Passau-Grenze und Kelheim-Ulm und die Ausnutzung der Wasserkräfte" (im Folgenden: "Konzessionsvertrag") übernahm die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 u. a. die Verpflichtung, die Großschifffahrtsstraße von Aschaffenburg bis zur Reichsgrenze bei Passau gemäß den Vorgaben des Main-Donau-Staatsvertrags auszubauen. In diesem Vertrag ist weiter geregelt, dass das Reich und Bayern der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 zur Erlangung der erforderlichen behördlichen Genehmigungen für Wasserkraftanlagen im Konzessionsbereich jede Unterstützung und Erleichterung gewähren werden (II.4. Abs. 4). Die Dauer der Erlaubnis wird auf 100 Jahre, beginnend mit der vollständigen oder teilweisen Inbetriebnahme des einzelnen Werkes begrenzt. Die Auslauffrist wird für die zunächst in Angriff genommenen Werke bis zum Ablauf der Erlaubniszeit der später in Betrieb genommenen Werke verlängert, endet für alle Werke aber spätestens am (II.5. Satz 2 und 3).

5Das Bezirksamt Aschaffenburg erteilte der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 mit Bescheid vom unter Ziffer I. eine "Erlaubnis zur Wasserbenützung" zum Zwecke der Errichtung und des Betriebs des Stau- und Kraftwerks Obernau sowie unter Ziffer II. die wasser- und gewerbepolizeiliche Genehmigung zur Errichtung der Stau- und Triebwerksanlage. Unter Ziffer I.1. Abs. 2 des Bescheids wird das verliehene Wasserbenutzungsrecht dahingehend konkretisiert, dass "nach Abzug jener Wassermengen, die für den Betrieb der Schiffsschleusenanlage und der Kahnschleuse sowie für die Beschickung" eines gemäß Ziffer I.9. Abs. 1 zu errichtenden und instand zu haltenden "Fischpasses [...] benötigt werden, die an der Wehrstelle jeweils vorhandene Wassermenge des Mains im Höchstmass von 175 cbm/sek. genutzt werden" darf. Ziffer I.2. Abs. 2 erklärt für den Inhalt der Erlaubnis den Konzessionsvertrag vom als maßgebend. Gemäß Bescheidziffer I.3. Abs. 3 Satz 1 ist der "Betrieb der Gesamtanlage [...] so zu führen, dass die ordnungsgemäße Wasserwirtschaft des Flusses, besonders die Ausübung der Schiffahrt und der Flösserei nicht gestört wird." Laut Satz 2 der Regelung hat die Inhaberin des Wasserbenutzungsrechts hierdurch bedingte Minderungen der Kraftleistung ohne Anspruch auf Entschädigung zu dulden; Satz 3 verpflichtet das Deutsche Reich, den Wehr- und Schleusenbetrieb so zu führen, dass eine möglichst vollständige und wirtschaftliche Ausnutzung der Wasserkraft gewährleistet ist. Ziffer I.4. Abs. 5 sieht im Zusammenhang mit Vorgaben zur Regulierung der Stauhöhe vor, dass die Rechtsinhaberin eine "Absenkung des Staus, die im Interesse einer geordneten Flussinstandhaltung, der Instandhaltung der Bauteile der gesamten Anlage sowie der Hochwasser- und Eisabführung etwa notwendig wird, [...] ohne Anspruch auf Entschädigung, besonders für einen Leistungsentgang, jederzeit zu dulden" hat. Gemäß Ziffer I.13. Satz 1 bleiben weitere Anordnungen vorbehalten, die sich bei der Ausführung, der Unterhaltung oder beim Betrieb der Gesamtanlage aus Gründen des öffentlichen Interesses oder des Interesses des Reiches oder des Landes Bayern noch als notwendig erweisen sollten. Die Bescheidziffer I.15. enthält eine Haftungsausschlussklausel, wonach die Rechtsinhaberin "gegen das Reich oder Bayern keine Entschädigungsansprüche für Schäden" hat, "die ihren Anlagen durch Baumassnahmen des Reiches oder Bayerns durch Unterlassung von Flussinstandhaltungs- oder ähnlichen Maßnahmen oder durch Anlagen, die vom Reich oder Bayern genehmigt oder angeordnet werden, entstehen."

6In einem von der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 und der Beklagten unterzeichneten Protokoll zur "Schlußverhandlung vom über die Übergabe der Teilstrecke Aschaffenburg - Würzburg der Rhein-Main-Donau-Großschiffahrtsstraße" (im Folgenden "Schlussverhandlung") wird bekräftigt, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 weiterhin auch bei Ausfall des Kraftwerksbetriebs die für den Betrieb der Wehr- und Schleusenanlage benötigte Energie ohne Entgelt zu liefern hat. Weiterhin beinhaltet diese Vereinbarung u. a. eine gegenseitige Unterstützung zur Ermöglichung und Förderung des Betriebes, der Unterhaltung und der Erneuerung der Schifffahrts- und Kraftwerksanlagen in freundnachbarlicher Weise sowie ein gegenseitiges Mitbenutzungsrecht an den betroffenen Anlagen.

7Am schlossen die Beklagte, der Freistaat Bayern und die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 einen Vertrag "über die konzessionsrechtliche Energielieferung", mit dem unter Ersetzung vorangegangener vertraglicher Regelungen die Verpflichtung der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 zur unentgeltlichen Lieferung von Strom aus Kraftwerken u. a. des auf dem Main-Donau-Staatsvertrag fußenden Konzessionsbereichs dauerhaft geregelt wurde.

8Mit ihren Klagen wenden sich die Klägerinnen gegen das planfestgestellte Vorhaben und tragen u. a. vor, sowohl die Sicherheit der Energieversorgung als auch der globale Klimaschutz seien in der Planungsentscheidung unzureichend berücksichtigt. Durch die geplanten Anlagen zum Fischaufstieg und Fischabstieg werde die Stromproduktion dauerhaft eingeschränkt. Zudem sei während der mehrjährigen Bauphase mit nicht kalkulierbaren erheblichen Einschränkungen der Wasserkraftnutzung zu rechnen. Hierdurch werde ihr Eigentumsgrundrecht einschließlich des hiervon umfassten Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb unzulässig beschränkt. Die Alternativenprüfung leide an Abwägungsmängeln. Die Beklagte habe rechtsirrig eine Verpflichtung angenommen, Anlagen zur Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit mit einzuplanen. Der Planfeststellungsbeschluss, der auf einen gesetzlich nicht gedeckten Teilwiderruf des wasserrechtlichen Altrechts hinauslaufe, lege zu Unrecht Duldungspflichten aus dem Bescheid aus dem Jahr 1937 zugrunde und übersehe, dass § 10 Abs. 2 WHG nicht auf alte Wasserrechte anwendbar sei. Er enthalte keine hinreichenden Regelungen zum Bauablauf. Zudem sei künftig mit einem erhöhten Treibgutanfall am Kraftwerk zu rechnen. Zumindest sei die Regelung einer Entschädigung zu ihren Gunsten geboten gewesen. Der Planfeststellungsbeschluss gehe rechtsirrig davon aus, der künftig höhere Strombedarf der Stauanlage sei unentgeltlich durch das Kraftwerk zu decken und die hierfür erforderliche technische Aufrüstung sei von ihnen - den Klägerinnen - auf eigene Kosten vorzunehmen.

9In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Planfeststellungsbeschluss um Informationspflichten des Vorhabenträgers gegenüber den Klägerinnen zum Bauablauf und um einen Entscheidungsvorbehalt der Planfeststellungsbehörde im Konfliktfall ergänzt.

10Die Klägerinnen beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt vom in der Fassung, die er in der Ergänzung in der mündlichen Verhandlung gefunden hat, für den Neubau der Staustufe Obernau aufzuheben,

hilfsweise für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,

weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss in der Fassung, die er in der Ergänzung in der mündlichen Verhandlung gefunden hat, dahingehend zu ergänzen, dass nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den Betrieb und die Stromproduktion des Wasserkraftwerks Obernau vermieden werden,

weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über Schutzanordnungen gegen nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den Betrieb und die Stromproduktion des Wasserkraftwerks Obernau unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,

weiter hilfsweise, für den Fall, dass Schutzvorkehrungen nicht ausreichend sein sollten, eine nachteilige Betroffenheit der Klägerinnen zu vermeiden, die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen, dass die Klägerinnen für nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den Betrieb und die Stromproduktion des Wasserkraftwerks Obernau angemessen entschädigt werden,

weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über die Pflicht zur Entschädigung der Klägerinnen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

11Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

12Die Klagen seien bereits unzulässig, weil den Klägerinnen die Klagebefugnis fehle. Im Übrigen tritt die Beklagte dem Vorbringen der Klägerinnen in der Sache entgegen.

Gründe

13Die Klagen haben keinen Erfolg.

14A. Die Anfechtungsklagen sowie die hilfsweise erhobenen Verpflichtungsklagen, für die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i. V. m. § 14e Abs. 1 WaStrG und der lfd. Nr. 4 der Anlage 2 zu § 14e Abs. 1 WaStrG erstinstanzlich zuständig ist, sind zulässig.

151. Die Klägerinnen sind gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.

16a) Die Klägerin zu 1 kann sich auf eine abwägungsrelevante Betroffenheit ihres zivilrechtlichen Eigentums am Kraftwerksgrundstück (§ 903 BGB) berufen.

17Darüber hinaus ergibt sich ihre Klagebefugnis aus einer möglicherweise nicht hinreichend berücksichtigten Betroffenheit in ihrem Interesse an einer möglichst weitreichenden wirtschaftlichen Ausnutzung des ihrer Rechtsvorgängerin im Jahr 1937 verliehenen altrechtlichen Wasserbenutzungsrechts (zu dessen Qualität als <fortgeltendes> subjektives Recht vgl. 8 B 04.356 - NuR 2006, 177 <179>; Riederer/Sieder, Bayerisches Wassergesetz, 1957, Art. 42 Rn. 12; zum Übergang von wasserrechtlichen Altrechten auf den Rechtsnachfolger vgl. Riederer/Sieder a. a. O. Art. 42 Rn. 18; Pape, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Januar 2023, § 20 WHG Rn. 35, § 8 WHG Rn. 66).

18b) Die Klägerin zu 2 hat hinreichend dargelegt, dass ihre wirtschaftlichen Interessen an einer Vermarktung des von der Klägerin zu 1 abgenommenen Stroms möglicherweise in der Abwägung nicht hinreichend berücksichtigt worden sind. Dieser Belang gehört zum Abwägungsmaterial; weder ist er objektiv geringwertig noch fehlt ihm die Schutzwürdigkeit (vgl. 9 A 30.10 - NVwZ 2012, 573 Rn. 16).

19Aufgrund der langfristigen und inhaltlich engen vertraglichen Bindungen mit der Klägerin zu 1 als Kraftwerkseigentümerin und Rechtsnachfolgerin der Adressatin des Bescheids vom und ihrer hieraus folgenden Einbeziehung in die Stromerzeugung und Stromvermarktung treffen nachteilige Auswirkungen der streitgegenständlichen Planung unmittelbar auch die Klägerin zu 2. Sie partizipiert als Alleinvermarkterin des im Wasserkraftwerk produzierten Stroms an der wirtschaftlichen Ausnutzung des Wasserbenutzungsrechts. § 14b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b WaStrG stellt zudem klar, dass jede mit erheblichen Nachteilen einhergehende Beeinträchtigung der auf einer Erlaubnis beruhenden Gewässerbenutzung schutzwürdig und daher in der Abwägung zu berücksichtigen ist (zu einer landesrechtlichen Vorgängerregelung vgl. 8 B 04.356 - NuR 2006, 177 <178>). Die Klägerin zu 2 ist im Übrigen nicht mit einer schlichten Strombezugskundin zu vergleichen, die jederzeit mit betrieblichen Veränderungen ihres Stromlieferanten zu rechnen hat. Im Verhältnis zur Klägerin zu 1 hat sie aufgrund der vertraglich verfestigten Stellung als exklusive (Langzeit-)Strombezieherin und -vermarkterin und aufgrund der im Betriebsführungsvertrag 1995 übernommenen Wartung und Pflege der Kraftwerksanlagen und deren technischen Betriebssteuerung eine einem Pächter angenäherte Position inne (zur Antragsbefugnis eines Pächters gemäß § 47 Abs. 2 VwGO vgl. 4 BN 11.19 - juris Rn. 6).

20Die Abwägungsrelevanz ihres wirtschaftlichen Interesses ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin zu 2 ihre Betroffenheit nicht bereits im Planungsverfahren vorgebracht hat. Bei grundsätzlich schutzwürdigen planbedingten Betroffenheiten beschränkt sich die Abwägungsbeachtlichkeit zwar auf solche, die für die planende Stelle bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind, weil sie offenkundig sind oder weil sie von den Betroffenen im Zuge ihrer Beteiligung vorgetragen wurden (vgl. 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 808). An der Offenkundigkeit der Abwägungsrelevanz der wirtschaftlichen Interessen der Klägerin zu 2 bestehen vorliegend aber keine Zweifel.

212. Trotz gesellschaftsrechtlicher Verflechtungen zwischen den Klägerinnen und der Beklagten liegt kein unzulässiger Insichprozess vor, bei dem wegen Personenidentität auf Kläger- und Beklagtenseite die Klagebefugnis bzw. das Rechtsschutzinteresse fehlte. Als Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind beide Klägerinnen als juristische Personen (§ 13 GmbHG) von der Beklagten rechtlich personenverschieden und zudem nicht einer gemeinsamen Verwaltungsspitze unterstellt, die im Streitfall für alle Beteiligten verbindlich entscheiden könnte bzw. über die in Form einer behördlichen Weisung eine interne Einigung herbeizuführen wäre (vgl. 7 C 35.95 - BVerwGE 101, 47 <50>).

22B. Die Klagen sind sowohl mit den Hauptanträgen als auch den Hilfsanträgen unbegründet.

23Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an formellen oder materiellen Fehlern, die die Klägerinnen rügen können und die zu seiner Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen. Die Klägerinnen haben auch keinen Anspruch darauf, dass der Planfeststellungsbeschluss um Schutzmaßnahmen bzw. um eine Entschädigungsregelung zu ihren Gunsten ergänzt wird oder dass die Beklagte über eine Planergänzung um Schutzauflagen und/oder eine Entschädigungsregelung erneut entscheidet.

241. Die Klägerinnen sind mit ihren Einwendungen gegen die streitgegenständliche Planung, die sie im gerichtlichen Verfahren rechtzeitig unter Wahrung der zehnwöchigen Klagebegründungsfrist (§ 14e Abs. 5 Satz 1 WaStrG) vorgebracht haben, nicht präkludiert.

25Das gilt auch für die Klägerin zu 2, die im behördlichen Planungsverfahren nicht ausdrücklich selbst Einwendungen erhoben hat. Ein solcher Einwendungsausschluss könnte sich hier allenfalls aus dem Gedanken des Rechtsmissbrauchs oder der Unredlichkeit ergeben (§ 5 UmwRG). Der Fall eines missbräuchlichen oder unredlichen Vorbringens kann nach den Gesetzesmaterialien etwa dann vorliegen, wenn der Rechtsbehelfsführer im Verwaltungsverfahren erklärt oder auf andere Weise deutlich gemacht hat, dass entsprechende Einwendungen nicht bestehen (BT-Drs. 18/9526 S. 41). Gemeint ist damit ein widersprüchliches und treuwidriges Verhalten. Hierfür genügt eine bloße Nichtbeteiligung im Verwaltungsverfahren nicht ( 9 A 2.18 - BVerwGE 166, 1 Rn. 38 f.). Gemessen daran liegt ein Fall des § 5 UmwRG hier nicht vor. Selbst die Beklagte hat beide Klägerinnen im Verwaltungsverfahren im Hinblick auf Einwendungen der Klägerin zu 1 als Einheit betrachtet.

262. Den Klägerinnen steht kein Vollüberprüfungsanspruch zu. Sie können daher in Anwendung von § 113 Abs. 1 und 5 VwGO nur die Verletzung gerade sie schützender Normen sowie in Bezug auf die Vorgaben des Abwägungsgebots (s. u. 7.) ausschließlich eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer eigenen geschützten Belange rügen (vgl. 7 A 1.17 - Buchholz 445.5 § 12 WaStrG Nr. 4 Rn. 19, 48 und vom - 9 A 19.19 - BVerwGE 169, 94 Rn. 92).

27Grundsätzlich haben Betroffene, deren durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Grundeigentum ganz oder teilweise für ein Planvorhaben in Anspruch genommen werden soll, wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses (hier gemäß § 44 Abs. 2 WaStrG) einen Anspruch darauf, von einer Entziehung ihres Grundeigentums verschont zu bleiben, die nicht dem Wohl der Allgemeinheit dient, insbesondere nicht gesetzmäßig ist (Art. 14 Abs. 3 GG) und auf eine dahingehende umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 16, 31; Beschluss vom - 7 B 23.21 - juris Rn. 8).

28Den Klägerinnen ist vorliegend aber die Berufung auf Art. 14 GG und damit der Vollüberprüfungsanspruch verwehrt. Gemischtwirtschaftliche (inländische) juristische Personen des Privatrechts, die vollständig oder - wie die Klägerinnen - mehrheitlich vom Staat beherrscht werden, können sich wie inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht auf materielle Grundrechte berufen, sofern sie nicht ausnahmsweise unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sind (vgl. u. a. - BVerfGE 143, 246 Rn. 190 und vom - 2 BvE 2/11 - BVerfGE 147, 50 Rn. 241 ff.; Kammerbeschluss vom - 1 BvQ 82/20 - NVwZ 2020, 1500 Rn. 8 ff.). Anders als in Fällen, in denen die öffentliche Hand nur einen untergeordneten Anteil an einem privaten Unternehmen hält, handelt es sich bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, bei denen der Staat zu mehr als 50 % beteiligt ist, nicht mehr um private Aktivität unter Beteiligung des Staates, sondern um gemäß Art. 1 Abs. 3 GG grundrechtsgebundene staatliche Aktivität. Kann sich aber ein gegen einen Planfeststellungsbeschluss klagendes gemischtwirtschaftliches Unternehmen aufgrund staatlicher Beherrschung nicht (mehr) auf Art. 14 GG berufen, so steht ihm auch ein aus Art. 14 Abs. 3 GG abzuleitender Anspruch auf verwaltungsgerichtliche Vollüberprüfung des Planfeststellungsbeschlusses nicht zu (ebenso VGH Mannheim, Urteil vom - 14 S 370/22 - juris Rn. 56 ff.; für den Fall einer klagenden Gemeinde, deren Grundstück unmittelbar von einem Planfeststellungsbeschluss betroffen ist vgl. 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <391 f.>; Beschlüsse vom - 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 10 und vom - 4 VR 18.16 - juris Rn. 7).

29Dafür kommt es, korrespondierend zur Beurteilung der Klagebefugnis (vgl. 7 B 180.92 - NVwZ 1993, 889), auf die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am an. Zwar ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Planfeststellungsbeschlüssen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihres Erlasses abzustellen ( 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 21). Allerdings geht es vorliegend nicht um die Frage der Rechtmäßigkeitsbewertung, sondern um den aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgenden Aufhebungsanspruch. Hierfür ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts bzw. der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung entscheidend (vgl. Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 56). Die unstreitig mehrheitliche Anteilsübertragung an den Bund im Dezember 2022 führte vorliegend zum nachträglichen Erlöschen eines ursprünglich bestehenden Vollüberprüfungsanspruchs. Dass die Beklagte beabsichtigt, die U. SE künftig durch Veräußerung der staatlichen Anteile wieder zu (re-)privatisieren, ist irrelevant.

303. Verfahrensmängel haften dem Planfeststellungsbeschluss nicht an. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Verfahrensvorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) vor.

31Das planfestgestellte Vorhaben ist UVP-pflichtig (§ 2 Abs. 4 Nr. 1, § 6 UVPG i. V. m. Nr. 14.2.1 der Anlage 1 zum UVPG). Dass in der Umweltverträglichkeitsprüfung die Auswirkungen des Vorhabens auf das globale Klima nicht näher thematisiert wurden, begründet keinen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses, weil dies nach der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht geboten war.

32Die aktuellen Anforderungen zur Berücksichtigung des globalen Klimaschutzes gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 16 Abs. 3 UVPG i. V. m. Nr. 4 Buchst. b und c Doppelbuchst. gg der Anlage 4 zum UVPG finden auf das vorliegende Planfeststellungsverfahren keine Anwendung. Die Umweltverträglichkeitsprüfung durfte aufgrund der Übergangsregelung des § 74 Abs. 2 Nr. 1 UVPG die Auswirkungen auf das globale Klima und insbesondere auf die Entwicklung von Treibhausgasemissionen und den menschengemachten Klimawandel ausblenden, weil das Verfahren zur Unterrichtung über voraussichtlich beizubringende Unterlagen vor dem , nämlich im Rahmen eines Scopings 2007/2008 (PFB S. 69, 85 f., 99, 101) nach § 5 Abs. 1 UVPG in der damalig geltenden Fassung eingeleitet wurde. Zwar hatte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG in der vor dem geltenden Fassung die Umweltverträglichkeitsprüfung auch die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf das Klima zu umfassen. Dazu zählten aber gerade nicht die Auswirkungen auf das großräumige und globale Klima und den Klimawandel (vgl. 9 A 14.18 - NVwZ 2020, 719 Rn. 28 m. w. N.).

334. Die Planrechtfertigung für das Ausbauvorhaben ist gegeben.

34Das für jede Fachplanung geltende ungeschriebene Erfordernis der Planrechtfertigung ist als Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns grundsätzlich auch bei gegen einen Planfeststellungsbeschluss erhobenen Klagen von Drittbetroffenen, die keinen Vollüberprüfungsanspruch haben, im Rahmen der Begründetheit zu prüfen ( 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 33). Weil die Planrechtfertigung jedenfalls zu bejahen ist, kann dahingestellt bleiben, ob dies auch für die vorliegende Fallgestaltung gilt, in der sich die Klägerinnen als vom Staat beherrschte Gesellschaften nicht (mehr) auf Grundrechte berufen können (bezweifelnd VGH Mannheim, Urteil vom - 14 S 370/22 - juris Rn. 70).

35Dass für das streitgegenständliche Vorhaben keine gesetzlich bindende positive Bedarfsvorgabe gemäß § 1 des Bundeswasserstraßenausbaugesetzes (WaStrAbG) i. V. m. der Anlage zu § 1 Abs. 1 WaStrAbG besteht, schließt den Nachweis eines Bedarfs im Einzelfall nicht aus, vgl. § 2 Abs. 2 WaStrAbG.

36Nach den Untersuchungsergebnissen der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) weist die bestehende Staustufe aufgrund ihres Alters erhebliche Abnutzungserscheinungen auf und bedarf aufgrund schwindender Standsicherheit und Betriebssicherheit einer Grundsanierung (vgl. PFB S. 87 ff.). Soweit mit dem Neubauvorhaben die Verkehrsfunktion des Mains unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit aufrechterhalten werden soll und eine Förderung des Binnenschiffsverkehrs im allgemeinen öffentlichen Interesse verfolgt wird, entspricht dies ohne Weiteres den gesetzlichen Zwecken und Zielen gemäß § 12 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 WaStrG, Nr. 33 der Anlage 1 zum WaStrG und gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt (BinSchAufgG).

375. Die Klägerinnen rügen ohne Erfolg einen Verstoß gegen § 14b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a WaStrG.

38Hiernach ist die Planfeststellung zu versagen, wenn von dem Ausbau oder Neubau eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, die nicht durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden kann. Es kann offenbleiben, ob dies hier der Fall ist, weil - wie die Klägerinnen meinen - die Planfeststellung auf Kosten der Produktion von Strom durch Wasserkraft und deshalb auf Kosten des Klimaschutzes und der Sicherheit der Energieversorgung gehe. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die Regelung neben dem allgemeinen planungsrechtlichen Abwägungsgebot eine eigenständige Bedeutung als zwingende Verbotsnorm des Fachrechts hat (ablehnend VGH Mannheim, Urteil vom - 14 S 370/22 - juris Rn. 92). Da den Klägerinnen kein Vollüberprüfungsanspruch zusteht (s. o. 2.), können sie sich von vornherein nicht mit Erfolg auf eine Verletzung dieser Vorschrift berufen, die allein dem Schutz des Wohls der Allgemeinheit dient.

396. Dem Planfeststellungsbeschluss steht auch nicht § 14b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. b WaStrG entgegen.

40Danach ist eine Planfeststellung zu versagen, wenn von dem Ausbau oder Neubau nachteilige Wirkungen auf das Recht eines anderen oder der in § 14b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaStrG bezeichneten Art zu erwarten sind, die nicht durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden können, der Berechtigte fristgemäß Einwendungen erhoben hat und der Ausbau oder Neubau nicht dem Wohl der Allgemeinheit dient.

41Hier fehlt es jedenfalls am zuletzt genannten (negativen) Tatbestandsmerkmal. Die Planung beinhaltet kein rein privatnütziges Ausbauvorhaben. Es handelt sich um eine Planung, die dem Wohl der Allgemeinheit dient (s. o. 4.; vgl. 8 B 95.1134 - BeckRS 1996, 15652; Friesecke, WaStrG, 7. Aufl. 2020, § 14b Rn. 77). Ob die konkrete Planung im Verhältnis zu konfligierenden öffentlichen und privaten Belangen ausgewogen und deshalb rechtmäßig ist, bestimmt sich bei der Planfeststellung einer Einzelmaßnahme grundsätzlich nur nach den einzelfallbezogenen Anforderungen des Abwägungsgebots gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG (hierzu unten 7.).

42Dass die Planung nicht dem Wohl der Allgemeinheit dient, kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines ausnahmsweise durch überragend gewichtige Belange von vornherein gebundenen Abwägungsergebnisses angenommen werden. Die von den Klägerinnen geltend gemachten Belange des Klimaschutzes und der Sicherung der Energieversorgung prägen die Abwägung nicht derart vor, dass die mit der vorliegenden Planung verfolgten Interessen von vornherein als nachrangig zurücktreten müssten.

43Der Rechtsordnung ist kein pauschaler Vorrang des globalen Klimaschutzes gegenüber anderen öffentlichen Belangen zu entnehmen. Ein solcher lässt sich weder aus Art. 20a GG noch aus § 13 des Bundes-Klimaschutzgesetzes - KSG - oder § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WHG ableiten (vgl. 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 85 f. unter Rekurs auf u. a. - BVerfGE 157, 30 Rn. 198; Uechtritz, DVBl. 2022, 1241 <1245 f.>; zur Stromproduktion durch Wasserkraft vgl. Steenhoff, UPR 2022, 6 f.). Die von den Klägerinnen vertretene Rechtsansicht, eine Beeinträchtigung der Stromproduktion im Wasserkraftwerk Obernau sei selbst im Verhältnis zum Bundeswasserstraßenausbau und zur Sicherung und Förderung der ökologischen Durchgängigkeit von Bundeswasserstraßen unter keinen Umständen hinnehmbar, findet im Gesetz keine Stütze. Soweit gemäß § 2 Satz 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes - EEG - in der aktuellen Fassung erneuerbare Energien als vorrangiger Belang in behördlich vorzunehmende Schutzgüterabwägungen eingebracht werden sollen, ist diese Regelung gemäß Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor vom (BGBl. I S. 1237, 1324) erst am und damit nach Erlass des streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses in Kraft getreten. Zudem macht die Formulierung als Sollvorschrift deutlich, dass die Stromerzeugung durch erneuerbare Energien sich nicht zwingend durchsetzen muss.

44Es lässt sich schließlich nicht ausmachen, dass die Sicherheit der Energieversorgung in Deutschland damit steht und fällt, dass gerade die Stromproduktion im betroffenen Wasserkraftwerk Obernau bis zum Auslauf der wasserrechtlichen Erlaubnis, den die Beteiligten in Anwendung von Ziffer I.2. Abs. 2 des Bescheids vom i. V. m. Ziffer II.5. des Konzessionsvertrags übereinstimmend auf den Ablauf des datieren, ohne jede Einschränkung fortbesteht. Hinzu kommt, dass der von der Klägerseite als Auslöser einer Energieversorgungskrise ausgemachte Ukrainekrieg erst am und damit zwei Tage nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als maßgeblichem Zeitpunkt für die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit begann. Im Übrigen ist auch hier zu berücksichtigen, dass aufgrund des maroden Zustands ohne eine Grundsanierung oder einen Neubau die Standsicherheit und Betriebssicherheit der Staustufe gefährdet wäre und das Vorhaben deshalb die regenerative Energiegewinnung aus Wasserkraft an diesem Standort mit gewissen Modifizierungen auf viele weitere Jahre sichert, vgl. unten 7. g) bb) (3).

457. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinen erheblichen Mängeln der fachplanerischen Abwägung, auf die sich die Klägerinnen berufen können.

46Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG sind bei der Planfeststellung für den Ausbau von Bundeswasserstraßen die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot verlangt, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Verwaltungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie - auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials - die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat. Hierfür kommt es maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses an (stRspr, vgl. 4 A 4.15 - BVerwGE 157, 73 Rn. 23 f.).

47a) Soweit mit den Klagen mit Blick auf baubedingte und dauerhafte Beeinträchtigungen der Stromproduktion durch Wasserkraft Abwägungsfehler wegen nicht hinreichender Berücksichtigung globaler Klimabelange sowie der Sicherheit der Energieversorgung geltend gemacht werden, berufen sich die Klägerinnen auf Belange der Allgemeinheit, nicht aber auf eigene Belange. Hierfür fehlt ihnen die Rügebefugnis.

48b) Die Planfeststellungsbehörde hat sich mit der Inanspruchnahme des Grundeigentums der Klägerin zu 1, mit temporären Einschränkungen des Kraftwerksbetriebs während der Bauphase sowie mit dauerhaften Beeinträchtigungen der Stromerzeugung aufgrund des Wasserbedarfs der künftigen Anlagen für den Fischauf- und -abstieg eingehend befasst (PFB S. 94 ff., 275 ff.). Ein Abwägungsausfall zulasten der Klägerinnen liegt nicht vor. Auch hat die Beklagte gesehen und zugrunde gelegt, dass bei Umsetzung der Planung Maßnahmen direkt an der Bausubstanz des Wasserkraftwerks notwendig werden und dass im Rahmen der Bauarbeiten das Wasserkraftwerk zeitweise außer Betrieb genommen werden muss bzw. nur mit reduzierter Leistung betrieben werden kann (PFB S. 94 ff., 288 ff.; Erläuterungsbericht/Beilage Nr. 1A S. 62 f.). Die von der Beklagten erkannte dauerhafte Belastungswirkung aufgrund des Wasserbedarfs der Anlagen für den Fischauf- und -abstieg spiegelt sich in § 21 der Anordnungen (PFB S. 54 f.) wider. Soweit dort ausgeführt wird, dass die wasserrechtliche Erlaubnis vom unter Anpassung von Ziffer I.1. Abs. 2 (dort fälschlich: "Abs. 3") hinsichtlich der hinzunehmenden Wasserabzugsmengen modifiziert weiter gilt, wird deklaratorisch die Reichweite der Gestaltungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4, § 14c WaStrG i. V. m. § 75 Abs. 1 Satz 2 VwVfG angesprochen. Insofern wird richtig erfasst, dass der Baubetrieb temporäre und der Wasserentzug durch die künftigen Anlagen zum Fischauf- und -abstieg dauerhafte nachteilige Auswirkungen auf das Wasserbenutzungsrecht der Klägerin zu 1 sowie auf die Gewässerbenutzung durch die Klägerin zu 2 mit sich bringen. Dass die Beklagte tatsächlich abgewogen hat, zeigt sich auch darin, dass nach ihren Ausführungen die von ihr als "unstrittig gewichtig" eingestuften Betroffenheiten "mit vollem Gewicht" in die Abwägung einzustellen gewesen seien (PFB S. 94).

49c) Die Abwägungsentscheidung verkennt ferner nicht, dass das im Jahr 1937 verliehene und von den Auswirkungen der Planung betroffene Recht auf Wasserbenutzung für den Kraftwerksbetrieb ein wasserrechtliches Altrecht gemäß § 20 Abs. 1 WHG darstellt.

50Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich insoweit mit dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom - 8 B 04.356 - zur Plangenehmigung für den Bau eines Umgehungsgerinnes an der Staustufe Randersacker auseinander, in dem es um die vergleichbare Betroffenheit eines alten Wasserrechts für den Betrieb eines Wasserkraftwerks ging. In diesem Zusammenhang stellt der Planfeststellungsbeschluss die historische Bedeutung des Wasserbenutzungsrechts mit Blick auf den Main-Donau-Staatsvertrag vom und den Konzessionsvertrag vom als vertragliche Gegenleistung für den von der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 1 durchgeführten Ausbau der Wasserstraßen nicht infrage (PFB S. 95 f.; hierzu 8 B 04.356 - NuR 2006, 177 <179 ff.>). Es wird nicht verkannt, dass Ziffer II.4. Abs. 1 und 4 des Konzessionsvertrags zu entnehmen ist, dass Genehmigungsanträge der Wasserkraftbetreiberin für entsprechende Vorhaben unter Berücksichtigung der in § 56 Abs. 3 und 4 WaStrG gesetzlich bestätigten Bindungen im Rahmen von Ermessensentscheidungen als sich mit dem Vertragsziel deckend und gemeinwohlverträglich anzusehen sind und dass deshalb die Klägerin zu 1 im Rahmen wasserrechtlicher Verfahren förderlich zu behandeln ist (PFB S. 96; vgl. hierzu 4 C 38.62 - BVerwGE 14, 209 <217 f.>; 8 B 82 A.2939 - juris Rn. 71 f.). Unter § 21 der Anordnungen (PFB S. 54) werden die Fortgeltung der Verträge über die Ausführung der Main-Donau-Wasserstraße unter Einschluss der Vereinbarungen gemäß der Schlussverhandlung vom mit der gegenseitigen Pflicht zur Unterstützungsgewährung in freundnachbarlicher Weise vom Planfeststellungsbeschluss bestätigt.

51d) Die Beklagte hat den Umfang der dauerhaften Belastungswirkungen der Planumsetzung für die Stromerzeugung hinreichend erfasst.

52aa) Hinsichtlich des Umfangs der Belastungswirkung aufgrund eines dauerhaft verminderten Wasserdargebots für den Turbinenbetrieb ist im Verfügungsteil des Planfeststellungsbeschlusses unter § 2 Abs. 22 (PFB S. 30) geregelt, dass die vorgegebene Durchflussmenge für die Fischaufstiegsanlage von mindestens 1,59 cbm/s an 300 Tagen und für die Fischabstiegsanlage von mindestens 2,56 cbm/s ganzjährig einzuhalten ist. Soweit an anderer Stelle die geplanten Abflüsse bei Kraftwerksbetriebszeiten (kein Hochwasserabfluss, aber Wehrbetrieb) mit maximal "rund 4,6 cbm/s" sowie mit "im Mittel 3,89 cbm/s" beziffert werden (PFB S. 283), ist hierin kein Widerspruch zur Anordnung nach § 2 Abs. 22 zu sehen. Dass die Summe der in der Anordnung angegebenen Wassermengen von 4,15 cbm/s (1,59 cbm/s + 2,56 cbm/s) an bestimmten Tagen übertroffen werden kann, erklärt sich nicht nur damit, dass die Durchflussmengen als bloße Mindestvorgaben festgesetzt sind. Dies ergibt sich vielmehr auch daraus, dass bei den in § 2 Abs. 22 der Anordnung thematisierten Abflussmengen die je nach Wasserstand im Oberwasser variierende Wassermenge für die Zusatzdotation am Einstieg I nicht berücksichtigt wurde (zu dieser Zusatzdotation vgl. die planfestgestellten Pläne Beilage Nr. 9A "Staustufe Lageplan Gesamtanlage" und Beilage Nr. 16A "Fischaufstiegsanlage, Lageplan, Querschnitte und Details"; vgl. auch PFB S. 28, 280 ff., Erläuterungsbericht/Beilage Nr. 1A S. 30 ff. sowie das der Planung zugrundeliegende Gutachten "Fischaufstiegsanlage Konzeption, Stand "). Hinsichtlich des angegebenen Durchflussmittelwerts (3,89 cbm/s) ist zu berücksichtigen, dass die vorgegebene Mindestdurchflussmenge für die Fischaufstiegsanlage nur an 300 Tagen im Jahr einzuhalten ist und damit in den verbleibenden 65 Tagen auch weniger als 1,59 cbm/s betragen darf, sodass die Gesamtabflussmenge an diesen Tagen geringer als 4,15 cbm/s sein kann.

53bb) Es begründet weder ein Ermittlungs- noch ein Abwägungsdefizit, dass für die mitgeplanten Anlagen zum Fischauf- und -abstieg nach dem Vorschlag eingeholter Sachverständigengutachten ("Fischabstiegsanlage <FAb> Konzeption, Stand "; "Fischaufstiegsanlage Konzeption, Stand ") näher reglementierte Monitoringmaßnahmen vorgesehen sind (PFB S. 28 f., Anordnungen § 22 Abs. 14, 15, 17; vgl. auch die Darlegungen des Vorhabenträgers im Erörterungstermin am , Protokoll S. 26 ff. sowie PFB S. 283). Die Klägerinnen sehen zu Unrecht einen Planungsfehler darin, dass die Planfeststellung insofern auf "trial and error" setze, statt den ökologischen Nutzen der mitgeplanten Fischaufstiegs- und Fischabstiegsmaßnahmen präziser zu ermitteln und zu bewerten. Die Anordnung eines Monitorings stellt ein im Fachplanungsrecht übliches Instrument zulässiger Konfliktlösung dar, das dazu dient, bei verbleibenden Zweifeln an der Funktionsfähigkeit festgesetzter Schutzmaßnahmen deren Wirksamkeit laufend zu überprüfen und gegebenenfalls gegensteuern zu können (vgl. z. B. - dort zum Artenschutzrecht in der Planfeststellung - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 55).

54cc) Es begründet keinen Abwägungsfehler, dass die Beklagte die maßgeblichen dauerhaften Beeinträchtigungen der Stromproduktion allein im Wasserkraftverlust durch den Wasserbedarf der Anlagen für den Fischauf- und -abstieg, nicht aber zusätzlich in allgemein veränderten Anströmungsverhältnissen am Kraftwerk gesehen hat.

55Die zu prognostizierenden Einflüsse auf die planungsbedingten hydraulischen Abflussverhältnisse und die Auswirkungen auf die Kraftwerksanlage waren Gegenstand des von der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) erstellten "Gutachtens über die Einflüsse des Wehrneubaus an der Mainstaustufe Obernau auf das Wasserkraftwerk, die Schifffahrt und den Fischaufstieg" vom . Das Gutachten ist auf Basis von Modelluntersuchungen und aufbauend auf der physikalischen Grundannahme, dass grundsätzlich von einer zumindest gleichbleibenden Leistungsfähigkeit des Kraftwerks ausgegangen werden kann, wenn keine Fallhöhenverluste im Vergleich zwischen dem Bestand und den in Betracht gezogenen Planungsvarianten festzustellen sind (Gutachten S. 7), zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Verschlechterung für das Kraftwerk zu erwarten ist. Entgegen den Ausführungen der Klagebegründung ist der oberwasserseitige Zufluss in die gutachterliche Analyse mit einbezogen worden (Gutachten S. 25 f.). Im Erörterungstermin am (vgl. Protokoll S. 27) wurde das Gutachten von einem sachverständigen Mitverfasser weiter erläutert. Bei planerischen Entscheidungen, die nicht allein auf der Erfassung eines gegenwärtigen Zustands, sondern auch auf einer Einschätzung in der Zukunft liegender Tatsachen beruhen, liegt es in der Natur der Sache, dass die Richtigkeit der Prognose gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob eine geeignete fachspezifische Methode gewählt wurde, ob die Prognose nicht auf unrealistischen Annahmen beruht und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. 7 C 3.19 - BVerwGE 168, 20 Rn. 42 und vom - 7 C 4.20 - BVerwGE 172, 383 Rn. 37). Dass dem Gutachten vom und den ergänzenden sachverständigen Darlegungen des Gutachters im Protokoll des Erörterungstermins vom als Grundlagen, auf die sich die Planung gestützt hat (PFB S. 284), Fehler dieser Art anhaften, ist weder ersichtlich noch wird dies von den Klägerinnen in der Klagebegründung substantiiert vorgebracht. Die Planfeststellungsbehörde konnte daher im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses ohne Weiteres davon ausgehen, dass diesbezüglich keine weiteren Ermittlungen erforderlich waren. Das Recht nötigt nicht zu einem Ermittlungsaufwand, der keine zusätzlichen Erkenntnisse verspricht (vgl. 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 162).

56e) Die Erwägung der Beklagten, im Rahmen der Neuplanung der Stauanlage Anlagen für den Fischauf- und Fischabstieg als Maßnahmen zur Gewährleistung und Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit auch zulasten des Kraftwerksbetriebs einbeziehen zu müssen (PFB S. 89 f., 96 f., 218, 281, 283 f., 287, 290 f., 299), ist auf Grundlage des von der Planfeststellungsbehörde ausdrücklich zitierten § 34 Abs. 3 WHG sowie wegen § 12 Abs. 7 Satz 1 WaStrG nicht rechtsfehlerhaft. Die Beklagte hat entgegen der Ansicht der Klägerinnen nicht rechtsirrig die gesetzlichen Anforderungen an die Bewirtschaftung oberirdischer Gewässer (§ 27 WHG), die die Vorgaben der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 S. 1) - Wasserrahmenrichtlinie - (WRRL), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/101/EU der Kommission vom (ABl. L 311 S. 32), umsetzen sollen, überdehnt. Ein Abwägungsfehler in Form einer Abwägungsfehleinschätzung zulasten der Klägerinnen liegt insofern nicht vor.

57aa) Nach § 34 Abs. 3 WHG führt die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes bei Stauanlagen an Bundeswasserstraßen, die von ihr errichtet oder betrieben werden, die nach § 34 Abs. 1 und 2 WHG erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele bei oberirdischen Gewässern (§§ 27 bis 31 WHG) im Rahmen ihrer Aufgaben nach dem Bundeswasserstraßengesetz hoheitlich durch. § 34 Abs. 3 WHG regelt eine Sonderzuständigkeit und gesetzliche Pflichtaufgabe des Bundes als Annex der Bundeswasserstraßenverwaltung in Abgrenzung von den Aufgaben- und Kompetenzen der ansonsten für die Durchsetzung der wasserrechtlichen Bewirtschaftungsziele zuständigen Landesbehörden (vgl. BT-Drs. 16/12275 S. 61; zur Verfassungskonformität vgl. Durner, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Januar 2023, § 34 WHG Rn. 37 ff.). Daneben sind gemäß § 12 Abs. 7 Satz 1 WaStrG beim Ausbau einer Bundeswasserstraße im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 WaStrG die Bewirtschaftungsziele gemäß §§ 27 bis 31 WHG strikt zu beachten (vgl. BT-Drs. 19/26827 S. 31 f.; 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 478 im Anschluss an [ECLI:EU:C:2015:433] - NVwZ 2015, 1041 Rn. 29 ff.). Hiervon ausgehend war die Planfeststellungsbehörde sowohl wegen § 34 Abs. 3 WHG als auch wegen § 12 Abs. 7 Satz 1 WaStrG gehalten, Anlagen für den Fischaufstieg und den Fischabstieg bei der Neuplanung der Stauanlage vorzusehen, um den wasserhaushaltsrechtlichen Bewirtschaftungszielen und hier speziell den gesetzlichen Anforderungen des Verbesserungsgebots gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 WHG nachzukommen.

58bb) Der vom Planfeststellungsbeschluss betroffene oberirdische Wasserkörper ist gemäß § 28 WHG als erheblich verändert eingestuft (vgl. Bewirtschaftungsplan für den bayerischen Teil des Rheingebietes/Bewirtschaftungszeitraum 2022 - 2027, Stand Dezember 2021, S. 14, Tabelle 1 - 6; Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie/Beilage Nr. 39 zum PFB, S. 9; Wasserkörpersteckbrief des Bayerischen Landesamtes für Umwelt "Main von der Staustufe Wallstadt bis Landesgrenze HE/BY bei Kahl <Fkm 101,4 - 66,6> <Fließgewässer>"). Erheblich veränderte oberirdische Gewässer sind so zu bewirtschaften, dass eine Verschlechterung ihres ökologischen Potenzials und ihres chemischen Zustands vermieden wird (Verschlechterungsverbot, § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG) und dass ein gutes ökologisches Potenzial und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden (Verbesserungsgebot, § 27 Abs. 2 Nr. 2 WHG).

59Vorliegend ging es der Beklagten darum, mit den geplanten Maßnahmen die ökologische Durchgängigkeit im Vergleich zum Status quo weiter zu verbessern. Das Verbesserungsgebot ist in erster Linie durch die wasserwirtschaftliche Planung zu verwirklichen, also über die Maßnahmenprogramme (Art. 11 WRRL; § 82 WHG) und die Bewirtschaftungspläne (Art. 13 WRRL, § 83 WHG). Bei der Entwicklung und Auswahl der Bewirtschaftungsmaßnahmen verfügen die Mitgliedstaaten über einen weiten Handlungsspielraum, der es ihnen u. a. ermöglicht, die Besonderheiten und Merkmale der Wasserkörper in ihrem Hoheitsgebiet zu berücksichtigen ( 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 585, unter Bezugnahme auf - NVwZ 2015, 1041 Rn. 34, 42).

60Im Bewirtschaftungsplan für den bayerischen Teil des Rheingebietes/Bewirtschaftungszeitraum 2022 - 2027, Stand Dezember 2021 werden für die betroffene Großregion und auch speziell für den hier betroffenen Oberflächenwasserkörper UMN_PEo2 Defizite hinsichtlich hydromorphologischer Veränderungen bzw. Belastungen durch Dämme, Querbauwerke und Schleusen sowie deshalb die Notwendigkeit ökologischer Durchgängigkeitsmaßnahmen diagnostiziert (S. 29. ff., Tabelle 2 - 3, S. 58 ff., Abbildung 4-4 <dort zum hier betroffenen Abschnitt 2_F146>, S. 82 f., 93 f., 113 ff., Tabelle 7 - 4). Im Maßnahmenprogramm für den bayerischen Anteil am Flussgebiet Rhein/Bewirtschaftungszeitraum 2016 - 2021 sind als ergänzende Maßnahmen unter 4.6 (S. 26 ff.) Maßnahmen zur hydromorphologischen Verbesserung der Gewässer vorgesehen. Speziell für den hier betroffenen Flussabschnitt 2_F146 werden in Anhang 4, S. 61 i. V. m. Anhang 2 Nr. 69.3 des Maßnahmenprogramms für den Bewirtschaftungszeitraum 2016 - 2021 als geplante Maßnahmen "Passierbares BW (Umgehungsgewässer, Fischauf- und/oder -abstiegsanlage) an einem Wehr/Absturz/Durchlassbauwerk anlegen" angeführt. Fortschreibend hierzu sieht das "Maßnahmenprogramm für den bayerischen Anteil am Flussgebiet Rhein - Aktualisierung zum 3. Bewirtschaftungszeitraum, Stand Dezember 2021" auf S. 11 ff. auch für die hier betroffene Planungseinheit weiterhin Verbesserungsbedarf (S. 13, Tabelle 3 - 2) und verweist zu gebotenen ergänzenden Maßnahmen auf den Wasserkörpersteckbrief (s. o.). In diesem sind Maßnahmen zur Herstellung/Verbesserung der linearen Durchgängigkeit u. a. an Staustufen gefordert.

61cc) Es ist weder ersichtlich noch von den Klägerinnen dargetan, dass der Plangeber bei der Maßnahmenplanung seinen Gestaltungsspielraum fehlerhaft ausgefüllt hat, weil er seinem Planungsauftrag offensichtlich nicht gerecht wurde.

62Bei erheblich veränderten Gewässern haben sowohl das Verschlechterungsverbot als auch das Verbesserungsgebot mit ihrer Bezugsgröße des "ökologischen Potenzials" (§ 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG) bzw. des "guten ökologische Potenzials" (§ 27 Abs. 2 Nr. 2 WHG) im Vergleich zum "(guten) ökologischen Zustand" als Maßstab des § 27 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WHG ein abgesenktes Anforderungsprofil ( 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 485). Leitbild des Verbesserungsgebots am Maßstab des § 27 Abs. 2 Nr. 2 WHG ist ein hypothetischer ökologischer Gewässerzustand, der erreichbar ist, ohne dass jene Nutzungen eingestellt oder Eingriffe rückgängig gemacht werden sollen, die die Einstufung als künstlich oder erheblich verändert nach § 28 WHG legitimiert haben (Durner, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Januar 2023, § 27 WHG Rn. 37). Art. 2 Nr. 23 WRRL verweist zur Begriffsbestimmung "gutes ökologisches Potenzial" auf seinen Anhang, wonach hiermit ein Zustand eines erheblich veränderten oder künstlichen Wasserkörpers gemeint ist, der nach den einschlägigen Bestimmungen des Anhangs V entsprechend eingestuft wurde. Nach Anhang V Nr. 1.4.2 Ziff. ii WRRL gibt es vier Zustandsklassen zur Darstellung des ökologischen Potenzials: gut und besser, mäßig, unbefriedigend, schlecht. Genauer bestimmt werden die Qualitätskomponenten für drei Zustandsklassen (höchstes ökologisches Potenzial, gutes ökologisches Potenzial und mäßiges ökologisches Potenzial) gemäß Anhang V Nr. 1.2.5 WRRL. Dabei dient das "höchste ökologische Potenzial" als Referenz, das unter Zugrundelegung des betreffenden Optimums eines Vergleichsgewässers durch denjenigen Zustand definiert wird, der nach Durchführung aller in Betracht kommenden Maßnahmen erreichbar wäre, um - speziell in Bezug auf hydromorphologische Komponenten - die beste Annäherung an die ökologische Durchgängigkeit, insbesondere hinsichtlich der Wanderungsbewegungen der Fauna und angemessener Laich- und Aufzuchtgründe, sicherzustellen. Es handelt sich hierbei um einen hypothetischen Zustand, bei dem unter Beachtung derjenigen nutzungsbedingten Einwirkungen, die gemäß § 28 WHG zu seiner Einstufung als "erheblich verändert" geführt haben, zur Beurteilung die Qualitätskomponenten eines weitgehend vergleichbaren Oberflächengewässertyps zugrunde zu legen sind, wobei das gemäß § 27 Abs. 2 WHG statuierte Ziel des "guten ökologischen Potenzials" sich hieran orientiert, aber von diesem (lediglich) geringfügig abweicht, vgl. Anhang V Nr. 1.2.5 WRRL sowie Anlage 4, Tabelle 6 Oberflächengewässerverordnung - OGewV - (Schmid, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 27 Rn. 72; Ginzky, in: Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, Stand Juli 2020, § 27 WHG Rn. 17).

63Die im Bewirtschaftungsplan sowie im Maßnahmenprogramm vorgesehene Schaffung von Durchgängigkeitsmaßnahmen bei Vorhaben der vorliegenden Art im betreffenden Flussabschnitt hält sich innerhalb des vorbezeichneten Rahmens. Die nach § 28 Nr. 1 Buchst. d WHG privilegierte Wasserkraftnutzung ("Stromerzeugung") bleibt auch nach der Umsetzung der Planung weiterhin - wenn auch mit gewissen Einschränkungen - in nennenswertem Umfang möglich. Dem angenommenen Wasserbedarf von 4,6 cbm/s für die Fischaufstiegs- und Fischabstiegsanlage steht eine maximale Menge an Wasser von 175 cbm/s für die Stromproduktion gegenüber.

64Die im Maßnahmenprogramm vorgesehenen Durchgängigkeitsmaßnahmen, schießen auch nicht deshalb über das Ziel des Erreichens des guten ökologischen Potenzials hinaus, weil die mit ihnen einhergehenden temporären und dauerhaften Beschränkungen der Stromproduktion mit mehr als bagatellartigen Nachteilen für eine gemäß § 28 Nr. 1 Buchst. d WHG privilegierte Nutzung einhergehen.

65Die Klägerinnen berufen sich zu Unrecht darauf, das Sanierungspotenzial für den Oberflächenwasserkörper sei nach den zugrundeliegenden gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Unterabs. ii i. V. m. Abs. 3 Buchst. a WRRL) sowie nach dem systematischen Verhältnis zwischen § 27 Abs. 2 Nr. 2 und § 28 Nr. 1 WHG bereits dann ausgeschöpft, wenn eine Sanierung nur mit solchen Gegenmaßnahmen möglich sei, die mit signifikant nachteiligen Auswirkungen auf die in § 28 Nr. 1 WHG genannten Nutzungen einhergingen. Soweit derartige Einschränkungen des Sanierungsbedarfs zur Erreichung eines guten ökologischen Potenzials von der Kommission vertreten werden (CIS-Leitfaden Nr. 4: Identification and Designation of Heavily Modified and Artificial Water Bodies, 2003, S. 20) und sich entsprechende Ansätze auch in der Literatur finden (vgl. Schmid, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 27 Rn. 72, 75, 80; Durner, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Januar 2023, § 27 WHG Rn. 37; Ginzky, in: Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, Stand Juli 2020, § 27 WHG Rn. 17), bedarf es jedenfalls für Kompensationsmaßnahmen zum Erhalt oder zur Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit aus rechtssystematischen Gründen einer Korrektur. Denn behördliche Anordnungsbefugnisse gemäß § 13 Abs. 1 und 2 Nr. 2 Buchst. a oder d, § 34 Abs. 2 WHG, die für eine Anpassung an die Bewirtschaftungsziele durch nachträgliche Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit anwendbar sind, kommen insbesondere für Wasserkraftwerke mit Stauanlagen in Betracht, die typischerweise an bzw. in einem als erheblich verändert eingestuften oberirdischen Gewässer liegen. Da Fischaufstiegs- und Fischabstiegsanlagen aufgrund ihres Wasserbedarfs regelmäßig eine fühlbare, mehr als bagatellhafte Beeinträchtigung der Stromproduktion zur Folge haben, liefen solche Anordnungsbefugnisse bei solchen Fallgestaltungen mit besonderem Regelungsbedarf ansonsten weitgehend leer. Insoweit darf sich die rechtssystematische Betrachtung für die Bestimmung der Reichweite des Sanierungspotenzials im Anwendungsbereich des § 27 Abs. 2 Nr. 2 WHG nicht auf das Verhältnis zu § 28 Nr. 1 WHG begrenzen, sondern muss sich dem Wortlaut der Norm entsprechend auf § 28 WHG insgesamt erstrecken (vgl. Schmid, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 28 Rn. 22 ff., 30 f.). Nach der gemäß § 28 Nr. 2 WHG vorzunehmenden Subsidiaritätsprüfung ist bei der Einstufungsentscheidung danach zu fragen, ob für eine an sich die Einstufung als erheblich verändertes Gewässer rechtfertigende privilegierte Nutzung nach Nr. 1 eine "bessere Umweltoption" im Sinne einer gleich geeigneten, technisch durchführbaren und nicht mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbundenen Alternative zur Verfügung steht. Ist dies der Fall, steht dies einer Einstufung eines Oberflächengewässers als erheblich verändert entgegen. Daraus folgt bezogen auf die Anordnung von Sanierungsmaßnahmen, dass eine auf die Erreichung eines guten ökologischen Potenzials im Sinne des § 27 Abs. 2 Nr. 2 WHG gerichtete, technisch nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand anders durchführbare Sanierungsmaßnahme, die nicht unverhältnismäßig zulasten einer Nutzung im Sinne des § 28 Nr. 1 WHG geht, im Maßnahmenprogramm für ein als erheblich verändert eingestuftes Oberflächengewässer ausgewiesen werden kann.

66f) Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen das Gebot der Konfliktbewältigung, soweit er keinen konkreten, datumsmäßig fixierten Bauzeitplan vorgibt, aus dem die Klägerinnen im Vorhinein ersehen können, in welchen genauen Zeiträumen das Kraftwerk baubedingt stillzulegen ist bzw. nur eingeschränkt betrieben werden darf und der Kraftwerksbetrieb etwa durch Inanspruchnahme von Teilen des Kraftwerksgrundstücks für Baustellenmaßnahmen sonstigen Einschränkungen unterliegt.

67Fragen der Bauausführung dürfen in der Regel aus der Planfeststellung ausgeklammert werden, sofern nach dem Stand der Technik zur Problembewältigung geeignete Lösungen zur Verfügung stehen und die Wahrung der entsprechenden Regelwerke sichergestellt ist (vgl. 9 A 7.19 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 95 Rn. 169, vom - 4 A 10.19 - NVwZ 2021, 1615 Rn. 68 und vom - 7 A 10.20 - NVwZ 2021, 1696 Rn. 43). Der Planfeststellungsbeschluss gibt insoweit im Verfügungsteil unter Ziffer V. § 1 Abs. 1 Satz 1 vor, dass die gesamten Baumaßnahmen nach den geltenden technischen Bestimmungen und anerkannten Regeln der Baukunst auszuführen sind (PFB S. 23). Dass es insofern Umsetzungsprobleme geben könnte, die hierdurch nicht gelöst werden könnten, ist nicht auszumachen und wurde auch von den Klägerinnen nicht substantiiert aufgezeigt.

68Vorkehrungen im Planfeststellungsbeschluss können aber nach Maßgabe des Gebots der Problembewältigung erforderlich sein, wenn und soweit im Zusammenhang mit der Bauausführung konkrete abwägungsbeachtliche Belange berührt sind (vgl. 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 50). Dies betrifft vorliegend das Interesse der Klägerinnen, in möglichst geringem Umfang von bau- bzw. bauzeitenbedingten Einschränkungen des Kraftwerksbetriebs betroffen zu sein. Zur diesbezüglichen Konfliktlösung finden sich in den Anordnungen für die Bauphase unter "V. Anordnungen" (PFB S. 23 ff.) entsprechende Begleitregelungen: Der Vorhabenträger hat der Klägerin zu 1 (u. a. neben der Planfeststellungsbehörde) ausreichende Zeit vor Beginn der Baumaßnahme einen für die jeweilige Baumaßnahme gültigen Bauzeitenplan (inklusive Beginn und Abschluss der Arbeiten) zu übermitteln (Ziffer V. § 1 Abs. 3 Satz 1). Die Ausführungsplanung für die Fischaufstiegsanlage ist mit "der R./U." abzustimmen, soweit es die betrieblichen Belange des Kraftwerks an der Staustufe Obernau betrifft; der Beginn der Bauarbeiten muss "der R./U. rechtzeitig vorher angekündigt" werden (Ziffer V. § 2 Abs. 16). Zum Schutz der Stromproduktion im Kraftwerk an der Staustufe sind die Baumaßnahmen so zu planen und auszuführen, dass Stillstandzeiten im Kraftwerk möglichst vermieden werden. Soweit Stillstandzeiten im Kraftwerk aus technischen oder betrieblichen Gründen nicht zu vermeiden sind, sind die notwendigen Arbeiten so zu planen, dass der Schaden für die Betreiberin des Kraftwerks möglichst gering ist. Der Vorhabenträger hat der "R./U." den Beginn und das Ende der Arbeiten sowie Einschränkungen des Wasserkraftwerk-Betriebes rechtzeitig mitzuteilen (Ziffer V. § 2 Abs. 20). Mit Blick auf baubedingte Erschütterungen ist ein baubegleitendes Beweissicherungs- und Monitoringkonzept geregelt, in das auch das Wasserkraftwerk eingebunden ist (Ziffer V. § 5). Im Übrigen ist gemäß Anordnung Ziffer V. § 17 ein Beweissicherungsverfahren unter Einschluss des Wasserkraftwerks zur Erfassung baubedingter Schäden vorgesehen.

69Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf die im Erläuterungsbericht (Beilage Nr. 1A S. 62 f.) aufgelisteten problematischen Bauabschnitte im Einzelnen plausibel und glaubhaft dargelegt, dass und warum diese Phasen, in denen der Wasserzulauf für das Kraftwerk bautechnisch unterbrochen oder vermindert wird, während der mehrjährigen Bauphase insgesamt eine ungefähre Größenordnung von 8,5 Monaten, die so im Planfeststellungsbeschluss grob veranschlagt werden (PFB S. 94), nicht überschreiten.

70Sofern eine verbindlichere Bauzeitenplanung ausnahmsweise dennoch grundsätzlich als erforderlich angesehen werden sollte, weil durch konkrete Baumaßnahmen abwägungsbeachtliche Belange betroffen werden (vgl. 3 A 5.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 96), hat die Beklagte den Anforderungen planerischer Konfliktlösung jedenfalls durch die in der mündlichen Verhandlung erfolgte Planergänzung um Informationspflichten des Vorhabenträgers und um einen Auflagenvorbehalt hinreichend Rechnung getragen. Dieser ist hiernach verpflichtet, die die Klägerinnen betreffende Ausführungsplanung mit Bauzeitenplan sowie sich hierzu ergebende wesentliche Änderungen den Klägerinnen zur Freigabe vorzulegen. Er hat den Klägerinnen zudem Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; sollten sich Konflikte abzeichnen, hat der Vorhabenträger dies der Planfeststellungsbehörde zu berichten, die sodann unter Berücksichtigung aller Belange entscheidet.

71Diese zu Protokoll des Gerichts erklärten Änderungen sind dem Planfeststellungsbeschluss unmittelbar angewachsen und mit ihm zu einer Einheit verschmolzen, die den Gegenstand der rechtlichen Beurteilung durch das Gericht bildet ( 9 A 4.13 - NVwZ 2014, 1008 Rn. 15 und vom - 3 A 5.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 97). Nach § 74 Abs. 3 VwVfG (hier i. V. m. § 14 Abs. 1 Satz 4, § 14b Abs. 1 WaStrG) besteht die Möglichkeit, die abschließende Entscheidung über das betreffende Planungselement im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten, wenn sich bezogen auf den Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses die für die Bewältigung des Problems notwendigen Kenntnisse nicht mit vertretbarem Aufwand beschaffen lassen und das offen gehaltene Problem so gelöst werden kann, dass die bereits getroffenen Festlegungen nicht nachträglich als unabgewogen erscheinen ( 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 50 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des ergänzten Auflagenvorbehalts erfüllt. Die genauen Stillstandzeiten bzw. Zeiten eines eingeschränkten Kraftwerksbetriebs konnten von der Beklagten angesichts einer veranschlagten Bauzeit von fast 10 Jahren und Unwägbarkeiten wie Witterung, Wasserstand und einer stets situationsbedingten Abstimmung der Gewerke im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses datumsmäßig nicht sicher prognostiziert und festgelegt werden (vgl. PFB S. 288; Protokoll zum Erörterungstermin am S. 31). Mit dem (nachträglichen) Auflagenvorbehalt ist nicht mehr ungeregelt, was zu gelten hat, wenn die Beteiligten im Rahmen zeitlicher Abstimmungen für bestimmte Baumaßnahmen, die zu Kraftwerksstillständen bzw. einem eingeschränkten Kraftwerksbetrieb führen, keine Einigung erzielen oder darüber streiten, ob eine angekündigte Bauausführung mit Einschränkungen für den Kraftwerksbetrieb den abstrakt formulierten Rücksichtnahmeanforderungen gemäß Ziffer V. § 2 Abs. 20 (PFB S. 29) oder den konkretisierungsbedürftigen zeitlichen Vorgaben für die Vorabinformation gemäß Ziffer V. § 1 Abs. 3 Satz 1, § 2 Abs. 16 sowie 20 (PFB S. 23, 29) genügt (vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom - 14 S 370/22 - juris Rn. 221 ff. m. w. N.). Mit der nunmehr vorgesehenen Entscheidung der Planfeststellungsbehörde im Konfliktfall besteht die Möglichkeit, Ausführungsphasen am Kraftwerk oder in dessen Nähe zum Schutz der Turbinen oder der Bausubstanz im Streitfall durch die Planfeststellungsbehörde zu steuern (zum Erschütterungsschutz vgl. Ziffer V. § 5, PFB S. 36 ff.). Aufgrund des konkretisierten Konfliktschlichtungsprogramms erscheint die im Erläuterungsbericht (Beilage Nr. 1A S. 63) geäußerte Einschätzung, wonach ohnehin erforderliche Kontroll-, Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen am Kraftwerk, bei denen das Kraftwerk sowieso nur mit reduzierter Leistung oder überhaupt nicht zur Stromproduktion betrieben werden kann, gegebenenfalls mit einem geschätzten Zeitumfang von 3,25 Monaten in entsprechende kritische Bauphasen gelegt werden könnten, nicht unrealistisch.

72g) Sonstige Schutzvorkehrungen im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, die mit dem Zweck des Vorhabens - einschließlich der Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit - vereinbar wären, sind weder ersichtlich noch von den Klägerinnen konkret benannt worden. Die mithin bei Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses unvermeidbaren (temporären und dauerhaften) Beeinträchtigungen des Kraftwerksbetriebs stehen auch ohne Gewährung einer Entschädigung (§ 14 Abs. 1 Satz 4, § 14b Abs. 1 Satz 1 WaStrG, § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG) nicht außer Verhältnis zu den mit der Planung verfolgten Allgemeininteressen. Die Grenze zur Abwägungsdisproportionalität ist erst erreicht, wenn Belastungen so massiv ins Gewicht fallen, dass dem Betroffenen ein unzumutbares Opfer abverlangt wird ( 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 404 und vom - 7 A 10.17 - UPR 2018, 302 Rn. 47). Das ist bei den Klägerinnen nicht der Fall. Dies hat der Planfeststellungsbeschluss der Sache nach fehlerfrei erkannt.

73aa) Auch bei wasserrechtlichen Altrechten sind Inhalts- und Schrankenbestimmungen durch oder aufgrund eines Gesetzes in den Grenzen des Übermaßverbots nicht ausgeschlossen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Es ist nicht von vornherein von Abwägungsdisproportionalität auszugehen, wenn über die Gestaltungs- und Duldungswirkung einer Planfeststellung Nutzungsmöglichkeiten aus einem alten Wasserrecht eingeschränkt werden.

74§ 10 Abs. 2 WHG, mit dem der Gesetzgeber Oberflächengewässer einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung unterworfen und der Allgemeinheit zugeordnet hat, um im Sinne einer weitgehenden Sozialbindung eine geordnete Bewirtschaftung des Wassers nach Menge und Beschaffenheit sicherzustellen (vgl. 4 C 102.67 - BVerwGE 36, 248 <249 f.>; - NVwZ 2009, 1244 Rn. 15; für das Grundwasser vgl. - BVerfGE 58, 300 <328, 338 ff.>), findet auf das vor Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes mit Bescheid vom verliehene Altrecht auf Wasserbenutzung keine Anwendung (vgl. Knopp/Müller, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, Stand Februar 2022, § 10 Rn. 57 m. w. N.). Im Gegensatz zu einer nach dem Wasserhaushaltsgesetz erteilten Erlaubnis oder Bewilligung (vgl. Knopp/Müller a. a. O.) beinhaltet ein solches Altrecht ein subjektiv-öffentliches Recht auf Nutzung einer bestimmten (hier: Höchst-)Wassermenge und begründet mithin einen Anspruch des Inhabers - hier der Klägerin zu 1 - darauf, grundsätzlich nicht durch Nutzungen anderer und auch nicht durch die Erteilung konkurrierender Wasserbenutzungserlaubnisse beeinträchtigt zu werden (Riederer/Sieder, Bayerisches Wassergesetz, 1957, Art. 42 Rn. 14).

75Auch wenn ein altes Wasserrecht gemäß § 20 WHG einen besonderen (Bestands-)Schutz vermittelt und grundsätzlich dem Schutz des Art. 14 GG unterfällt, darf der Gesetzgeber die nach altem Recht begründeten Wasserrechte z. B. einer gesetzlichen Neuregelung angleichen, selbst wenn dabei die bisher mit dem Recht verbundenen Befugnisse eingeschränkt werden ( 7 C 16.04 - NVwZ 2005, 1076 <1077>). In § 20 Abs. 2 WHG hat der Gesetzgeber die zuständigen Landesbehörden zudem mit ordnungsrechtlichen Befugnissen zur Aufhebung oder Beschränkung wasserrechtlicher Altrechte ausgestattet. Neben Möglichkeiten zum Widerruf mit und ohne Entschädigung nach Maßgabe von § 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 WHG enthält § 20 Abs. 2 Satz 3 WHG eine gesetzliche Ermächtigung zur behördlichen Regelung nachträglicher Anforderungen und Maßnahmen in entsprechender Anwendung von § 13 Abs. 2 WHG (vgl. 7 B 14.21 - juris; 8 B 04.356 - NuR 2006, 177 <179 f.> und Beschluss vom - 8 ZB 16.2496 - juris; VGH Mannheim, Urteil vom - 3 S 2506/18 - VBlBW 2022, 107 ff.). Vor diesem Hintergrund sind auch im Rahmen einer fachplanerischen Abwägungsentscheidung Einschränkungen bzw. Umgestaltungen eines alten Wasserrechts grundsätzlich möglich und zulässig.

76bb) Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von den Klägerinnen eingeforderte Regelung über eine Entschädigung zu ihren Gunsten nach Maßgabe des Abwägungsgebots rechtlich nicht geboten war.

77Vorliegend streiten mit den mit der Planung verfolgten Zielen der gefahrfreien Aufrechterhaltung der Bundeswasserstraße Main als Verkehrsweg für die Schifffahrt - s. o. 4. - sowie der Gewährleistung ökologischer Durchgängigkeit - s. o. 7. e) - bedeutende öffentliche Belange für die planfestgestellte Neuerrichtung der Stauanlage einschließlich der mitgeplanten Anlagen für den Fischauf- und Fischabstieg. Diese sind für sich bereits derart gewichtig, dass ihre mit der Planfeststellung erfolgte Durchsetzung auf Kosten der widerstreitenden Interessen der Klägerinnen nicht als grundsätzlich unverhältnismäßig zu bewerten ist.

78Ansprüche auf Entschädigung in Geld gemäß § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG sind dadurch gekennzeichnet, dass sie an die Stelle von Schutzmaßnahmen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG treten, wenn diese untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind. § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG hat Surrogatcharakter. Sein Anwendungsbereich reicht nicht weiter als die Primärregelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Greift § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, der den Anspruch auf Schutzvorkehrungen regelt, tatbestandlich nicht ein, so ist auch für die Anwendung von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG kein Raum ( 7 A 11.11 - BVerwGE 143, 249 Rn. 73; Beschluss vom - 4 B 43.14 - Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 15 Rn. 17). So liegt es hier.

79Die Planfeststellungsbehörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens nicht zu einer derart nachhaltig verschlechterten Situation der Klägerinnen führt, dass diese nur bei kompensatorischer Entschädigung hinnehmbar und mit dem Abwägungsgebot vereinbar wäre. Ebenso wie der Anspruch auf Festsetzung von Schutzvorkehrungen gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist auch der ersatzweise auf Entschädigung gerichtete Anspruch gemäß § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG in der allgemeinen planerischen Abwägung verankert. Nicht jeglicher Rechtsnachteil ist mit einem Anspruch auf Schutzvorkehrungen bzw. ersatzweise Entschädigung auszugleichen, sondern nur ein solcher, der nach den jeweiligen Einzelfallumständen die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle überschreitet und deshalb ohne eine entsprechende kompensatorische Regelung allein durch eine gerechte Abwägung nicht überwindbar wäre (vgl. 7 A 9.09 - NVwZ 2012, 47 Rn. 34 f.; Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 74 Rn. 172; Wickel, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 74 VwVfG Rn. 33 ff.).

80Die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls führen hier dazu, dass eine kompensatorische Entschädigung für die planbedingten - temporären und dauerhaften - Beschränkungen des Kraftwerksbetriebs und die hieraus resultierenden Nachteile der Klägerinnen für die Stromproduktion und die Stromvermarktung vom Abwägungsgebot nicht geboten ist. Das gilt angesichts der Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) unabhängig davon, dass die wirtschaftlichen Interessen der Klägerinnen im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses noch vom grundrechtlichen Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs aus Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. 9 A 16.03 - juris Rn. 25, vom - 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 23 und vom - 4 A 11.17 - juris Rn. 15) umfasst waren.

81(1) Die Beklagte durfte bei der Abwägung und der Gewichtung der betroffenen Belange der Klägerinnen zugrunde legen, dass bereits mit Bescheiderlass am von Anfang an damit zu rechnen war, dass während der jahrzehntelangen Rechtsbeziehung zwischen dem Inhaber des Wasserbenutzungsrechts und (nunmehr) der Beklagten ein grundlegender Sanierungsbedarf an der Staustufe auftreten kann und dass in der Folge Baumaßnahmen zur Neuerrichtung wesentlicher Teile der Gesamtanlage erforderlich werden, die mit einem temporären Stillstand der Stromerzeugung oder einem nur eingeschränkt möglichen Kraftwerksbetrieb einhergehen.

82Ziffer I.3. Abs. 3 des Bescheids vom steht im systematischen Zusammenhang mit den voranstehenden Regelungen zur Instandhaltung und zur Aufrechterhaltung des Betriebs der bestehenden Gesamtanlage. Bei einer wie hier geplanten grundlegenden Umgestaltung mit einem Neubau und einer räumlichen Verlagerung der Stau- und Schleusenanlage und neuen Zusatzanlagen für die ökologische Durchgängigkeit sowie einer Neukonzeption des Kraftwerkszu- und -abflusses handelt es sich allerdings nicht mehr um eine identitätswahrende Instandhaltungsmaßnahme. Eine unmittelbare, von einer abwägenden bzw. gestaltenden Planfeststellungsentscheidung unabhängige Pflicht zur entschädigungslosen Duldung der Auswirkungen der Planung in direkter Anwendung der Bescheidklausel I.3. Abs. 3 besteht vorliegend mithin nicht. Dasselbe gilt für die ebenfalls auf temporäre Instandhaltungsmaßnahmen ausgerichtete Duldungspflicht gemäß Ziffer I.4. Abs. 5 des Bescheids sowie auch für die in Ziffer I.15. vorgesehene Haftungsausschlussklausel. Letztere enthält ersichtlich keine über die haftungsrechtliche Sekundärebene hinausgehende Regelung für die Zulässigkeit von Eingriffsmaßnahmen.

83Im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Konzessionsvertrags sowie im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom ist die Notwendigkeit eines vollständigen Ersatzbaus offenbar nicht als regelungsbedürftig erkannt worden, obwohl ein möglicher Bedarf hierfür innerhalb der laut Konzessionsvertrag auf zumindest 100 Jahre ausgerichteten Rechtsbeziehung der Beteiligten nahelag. Hinzu kommt, dass eine Instandsetzungsmaßnahme bei Infrastrukturbauten, die auf eine dauerhafte und jahrzehntelange Nutzung ausgerichtet sind, regelmäßig und typischerweise auf einen zumindest partiellen Neubau unter Erneuerung der Bausubstanz hinausläuft. Insoweit liegt die Sache anders als im eher kleinräumig ausgerichteten Bauordnungsrecht, wo im Fall einer nicht genehmigten Auswechslung von (insbesondere tragenden) Bauteilen je nach Einzelfallbeurteilung ein bisheriger Bestandsschutz erlöschen kann (vgl. z. B. 1 ZB 22.722 - juris Rn. 9). Den oben genannten, hier nicht unmittelbar einschlägigen Regelungen im Bescheid aus dem Jahr 1937 sowie dem ihm zugrunde liegenden, auf 100 Jahre angelegten Konzessionsvertrag ist eine von den Beteiligten gleichsam als "Geschäftsgrundlage" implizit zugrunde gelegte Risikoverteilung zulasten des Inhabers des verliehenen Wasserbenutzungsrechts zu entnehmen, wonach dieser auch für den Fall eines umfangreicheren Sanierungsbedarfs temporäre Nachteile für den Kraftwerksbetrieb und die Stromproduktion in Rechnung zu stellen hatte. Es ist davon auszugehen, dass für den Fall, dass im Jahr 1937 die Notwendigkeit einer Neuerrichtung der Stau- und Schleusenanlage bedacht worden wäre, im Bescheid eine entsprechende Risikoverteilungsregelung zulasten des Kraftwerksbetriebs jedenfalls für den Fall aufgenommen worden wäre, dass mit der Neuerrichtung - wie hier - auch der Kraftwerksbetrieb weiter ermöglicht werden soll.

84Diese begrenzte Schutzwürdigkeit hat die Beklagte der Sache nach ihrer Abwägungsentscheidung zugrunde gelegt. Soweit sie zur Begründung, warum die Planungsfolgen entschädigungslos hinzunehmen sind, auf Ziffer I.3. Abs. 3 und I.15. des Bescheids vom rekurriert (PFB S. 94 f., zu Ziffer I.15. des Bescheids auch PFB S. 289, 291), werden diese Regelungen nicht rechtsirrig als unmittelbar einschlägig, sondern als Kriterien der Abwägung herangezogen. Der Planfeststellungsbeschluss zeigt anhand dieser Regelungen "beispielsweise" auf, dass und warum dem verliehenen Wasserbenutzungsrecht nach der "Historie der Wasserkraftnutzung" (PFB S. 94) sowie einer im Konzessionsvertrag angelegten und im Protokoll zur Schlussverhandlung aus dem Jahr 1956 klarstellend formulierten gegenseitigen Pflicht zur freundnachbarlichen Unterstützung (PFB S. 95) von vornherein nur ein eingeschränkter Schutzstatus zukommt. Dass die Klägerinnen unter Berücksichtigung der Langzeitbeziehung der Beteiligten mit temporären Einschränkungen des Kraftwerksbetriebs für den Fall eines grundlegenden Sanierungsbedarfs der Gesamtanlage rechnen mussten, ergibt sich im Übrigen aus dem in Ziffer I.13. des Bescheids vom geregelten Anordnungsvorbehalt. Dieser eröffnet eine behördliche Befugnis für die Regelung weiterer Anordnungen, die sich bei der Ausführung, der Unterhaltung oder beim Betrieb der Gesamtanlage aus Gründen des öffentlichen Interesses des Reiches oder des Landes Bayern noch als notwendig erweisen sollten.

85Zudem halten sich die bauzeitbedingten Beschränkungen des Kraftwerksbetriebs bzw. der Stromproduktion im Verhältnis zur Gesamtlaufzeit des alten Wasserrechts in den Klägerinnen zumutbaren Grenzen. Vom Beginn der Wasserkraftnutzung am (vgl. S. 12 der Klagebegründung vom ) bis zum Auslaufen der Genehmigung, die die Beteiligten übereinstimmend auf den Ablauf des Jahres 2050 datieren, wird das Wasserkraftwerk rund 120 Jahre in Betrieb gewesen sein und damit über die Ergänzungsbestimmungen in Ziffer II.5. Satz 2 und 3 des Konzessionsvertrags vom etwa 20 Jahre länger laufen als die in Ziffer II.5. Satz 1 dieses Vertrags anvisierte Mindestlaufzeit von 100 Jahren. Unter Berücksichtigung der im Bescheid angelegten Risikoverteilung erscheinen die prognostizierten und in der mündlichen Verhandlung durch die Beklagte plausibilisierten Zeiten eines baubedingten Kraftwerksstillstands bzw. eines nur eingeschränkt möglichen Kraftwerksbetriebs in einer Größenordnung von etwa 8,5 Monaten bei Beachtung des Übermaßverbots auch ohne kompensierende Entschädigung hinnehmbar.

86(2) Auch die dauerhaften Beeinträchtigungen der Stromproduktion aufgrund des Betriebs der vorgesehenen Anlagen zum Fischauf- und -abstieg verlangen unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit keine kompensatorische Entschädigung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4, § 14b Abs. 1 WaStrG i. V. m. § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG. Die Beklagte nimmt insofern sachgerecht auf die behördliche Verpflichtung aus § 34 Abs. 3 WHG und die sich hieraus auch ergebende Sozialbindung des Eigentums Bezug (PFB S. 89, 97, 281, 283 f., 287, 290 f.). Der Planfeststellungsbeschluss verweist zudem zu Recht darauf, dass sich insofern die Rechtslage im Vergleich zum Jahr 2005, in dem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof über einen ähnlichen Sachverhalt zu entscheiden hatte (vgl. 8 B 04.356 - NuR 2006, 177 ff.), geändert hat (PFB S. 97). Nach heutiger Rechtslage haben Betreiber von Kraftwerken an Stauanlagen des Bundes kraft Gesetzes mit nachträglichen Maßnahmen der Beklagten zur Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit und damit auch mit einem entsprechenden Wasserkraftentzug zum Betrieb von Fischwechselanlagen zu rechnen.

87Dass vorliegend nicht die Kompensationsgrenze des § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG überschritten ist, ergibt sich vor allem aus der bereits unter (1) herangezogenen Risikoverteilung zum Altrecht. In nicht zu beanstandender Weise hat die Beklagte darauf abgestellt, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten derart ausgestaltet sind, dass die Folgen eines erforderlichen Baubedarfs und variierender Wassermengen in der Sphäre der Klägerinnen liegen.

88Entsprechendes ergibt sich aus der Erwägung, dass Betreiber von Wasserkraftwerken an Stauanlagen - unabhängig von einer wasserstraßenrechtlichen Fachplanung - auch dann mit landesbehördlichen Anordnungen ohne Entschädigung belastet werden können, wenn die Wasserbenutzung für den Turbinenbetrieb auf einem wasserrechtlichen Altrecht beruht, § 20 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a oder d WHG; s. o. g) aa). Ein wasserstraßenrechtlicher Planfeststellungsbeschluss, dessen Umsetzung durch den Vorhabenträger auf einen vergleichbaren Zustand hinausläuft wie die Umsetzung einer (nicht entschädigungspflichtigen) Anordnung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 13 Abs. 2 WHG, kann entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht mit einem entschädigungspflichtigen (Teil-)Widerruf des Altrechts gleichgesetzt werden. Im Übrigen stand das mit dem Bescheid vom begründete Wasserbenutzungsrecht gemäß der Bescheidregelung in Ziffer I.13. seit jeher unter einem weitreichenden Anordnungsvorbehalt. Jedenfalls hiernach hatte der Inhaber des Wasserbenutzungsrechts schon seit Bescheiderlass im Jahr 1937 stets damit zu rechnen, dass der Betrieb der Wasserkraftanlage nachträglich und dynamisch an aktuelle gesetzliche Anforderungen angepasst werden kann.

89Zudem treffen Betreiber von Bestands-Wasserkraftanlagen gemäß § 35 Abs. 2 WHG gesetzliche Nachrüstungspflichten zum Schutz der Fischpopulation, wenn die Bestandsanlage den materiellen Anforderungen des § 35 Abs. 1 WHG nicht genügt. Das gilt auch, wenn die betroffene Wasserkraftanlage vor Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes genehmigt worden ist (BT-Drs. 16/12275 S. 61).

90Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass das Wasserbezugsrecht gemäß Ziffer I.1. Abs. 2 des Bescheids vom von vornherein inhaltlich nicht auf einen Turbinendurchfluss von konstant 175 cbm/s ausgerichtet, sondern lediglich als von weiteren Variablen abhängiges Recht auf Nutzung in einem entsprechenden Höchstmaß ausgestaltet ist. Soweit sich der Bezugsberechtigte nach der inhaltsbestimmenden Bescheidregelung den Abzug von Wassermengen für die Beschickung des in Ziffer I.9. des Bescheids vom geregelten Fischpasses gefallen lassen muss, sollten hiermit zwar nur Belange der Fischerei geschützt werden. Dennoch zeigt die Regelung, dass die Stromproduktion grundsätzlich schon seit jeher Rücksicht darauf zu nehmen hatte, dass ein Fischwechsel zwischen Unter- und Oberwasser möglich bleibt.

91Die dauerhaften Beeinträchtigungen des Kraftwerksbetriebs aufgrund des Wasserbedarfs der Fischaufstiegs- und der Fischabstiegsanlage halten sich in ihren Auswirkungen in zumutbaren Grenzen. Insgesamt werden bei Ansatz eines verminderten Wasserdargebots von maximal 4,6 cbm/s nur rund 2,6 % der höchstzulässigen Wassernutzung für den Turbinenbetrieb (175 cbm/s) entzogen. Dabei bleibt vernachlässigt, ob und in welchem Umfang Zeiten verbleiben, in denen die beiden Turbinen mit der genehmigten Höchstlast von zusammen 175 cbm/s betrieben werden können. Auch wenn sich die Wasserkraftverluste über die verbleibenden 27 Jahre der Restlaufzeit (bis Jahresende 2050) auf einen nicht unerheblichen entgangenen Gewinn summieren werden, sind die diesbezüglichen Belastungen der Klägerinnen überschaubar. Dies gilt insbesondere, weil auch insoweit zu berücksichtigen ist, dass das Wasserkraftwerk bis zum Ablauf des Jahres 2050 auch unter Abzug baubedingter Stillstandzeiten bzw. Zeiten eines nur reduziert möglichen Kraftwerksbetriebs weit mehr als die bei Vertragsschluss (1921) anvisierte Mindestlaufzeit von 100 Jahren betrieben sein wird.

92(3) Die Beklagte hat die Zumutbarkeit der Belastungswirkung aufgrund der bauzeitbedingten und dauerhaften Beschränkungen des Kraftwerksbetriebs schließlich sachgerecht damit begründet, dass der planfestgestellte Neubau der baufälligen Staustufe nicht nur einer ordnungsgemäßen Wasserwirtschaft dient, sondern dass durch ihn - wenngleich zu veränderten Bedingungen - tatsächlich weiterhin die Möglichkeit eröffnet wird, die Wasserkraft überhaupt zur Stromproduktion am Kraftwerk weiter zu nutzen (PFB S. 98). Im Fall der Aufgabe der Stauanlage durch die Beklagte und einer dann aus Gründen der Standsicherheit gebotenen Beseitigung der maroden Bausubstanz wäre ein Weiterbetrieb des Kraftwerks nicht mehr auf Jahre hin möglich. Damit hat die Planungsmaßnahme keinen ausschließlichen Eingriffscharakter zulasten der Klägerinnen, sondern trägt - zu ihren Gunsten - jedenfalls auch dazu bei, dass das alte Wasserrecht bis zum vorgesehen Fristablauf Ende 2050 tatsächlich ausgenutzt werden kann. Auch vor diesem Hintergrund ist ein pekuniärer Kompensationsbedarf gemäß § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht ersichtlich.

93cc) Soweit in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses die entschädigungslose Hinnahme der Beschränkung des Wasserbenutzungsrechts ergänzend auch auf § 10 Abs. 2 WHG gestützt wird, obwohl diese Regelung für Altrechte nicht gilt, sind diese Erwägungen im Verhältnis zu den voranstehenden (Haupt-)Erwägungen nur von untergeordneter Bedeutung. Ein hierauf beruhender Abwägungsfehler wäre für das Abwägungsergebnis ersichtlich nicht von Einfluss gewesen und daher gemäß § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG nicht erheblich.

94h) Soweit die Klägerinnen darauf abstellen, dass die vorliegende Planfeststellung Vorbild für künftige vergleichbare Maßnahmen im Bereich weiterer Staustufen und Wasserkraftwerke u. a. am Main sein könne, sodass sie zukünftig mit vergleichbaren Beeinträchtigungen zu rechnen hätten, war dies nicht in die Abwägung einzustellen. Es ist schon keine weitere konkrete Planung ersichtlich, nach der das Ausmaß der von den Klägerinnen befürchteten Summationswirkungen verlässlich absehbar wäre (vgl. 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 40 und vom - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 116). Im Zusammenhang mit eventuellen künftigen Planungen auftretende Konflikte wären im diesbezüglichen Planungsverfahren zu lösen.

95i) Die Alternativenprüfung ist nicht zu beanstanden.

96Das fachplanerische Abwägungsgebot verlangt, sich ernsthaft anbietende Alternativlösungen bei der Zusammenstellung des abwägungserheblichen Materials zu berücksichtigen und mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einzustellen. Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit wären nur überschritten, wenn der Behörde beim Auswahlverfahren infolge fehlerhafter Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen wäre oder sich eine andere Variante unter Berücksichtigung aller Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (vgl. 7 A 13.20 - BVerwGE 173, 296 Rn. 69 m. w. N.).

97aa) Mit dem Hinweis auf - unstreitig - bestehende Abnutzungsschäden und zunehmende Sicherheitsdefizite der bestehenden Anlage hat die Planfeststellungsbehörde sachgerecht und damit abwägungsfehlerfrei ausgeführt, dass ein gänzlicher Verzicht auf den Neubau der Staustufe keine anderweitige Lösungsmöglichkeit darstellt (PFB S. 91; Erläuterungsbericht/Beilage Nr. 1A S. 13).

98Auch wenn nach Maßgabe eines der Planfeststellung zugrundeliegenden Gutachtens des Wasserstraßen-Neubauamts (WNA) Aschaffenburg vom (WNA-Gutachten) die marode Bestandsanlage durch eine Grundinstandsetzung für eine Restnutzungsdauer von 30 Jahren weiter genutzt werden könnte, begründet die Entscheidung der Beklagten hiergegen ebenfalls keinen Abwägungsfehler. Nach dem WNA-Gutachten, dessen Ergebnisse von den Klägerinnen nicht infrage gestellt werden, ist die Grundinstandsetzung bei einer erreichbaren Restnutzungszeit von etwa 30 Jahren nicht nur um einige Millionen Euro teurer als diverse Neuerrichtungsvarianten. Die Expertise zeigt auch eindrücklich auf, welche langfristigen Probleme und Behinderungen für den Schifffahrtsverkehr während der mehrjährigen Bautätigkeit bei dieser Variantenwahl zu erwarten wären (vgl. WNA Gutachten, S. 2, 27, 37 ff., 47 f.). Vor diesem Hintergrund sind die hierauf gestützten Erwägungen der Planfeststellungsbehörde gegen eine Grundinstandsetzung (PFB S. 91; vgl. auch die entsprechenden Ausführungen im Erläuterungsbericht/Beilage Nr. 1A S. 14) nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Erwägungen auch die Verkehrsbedeutung des betroffenen Mainabschnitts nicht fehlerhaft dem transeuropäischen Verkehrsnetz zugeordnet und deshalb dessen Verkehrsbedeutung im Rahmen der Alternativenwahl überbewertet. Auch wenn in Anhang II Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 661/2010/EU (ABl. L 348 S. 1) - TEN-V-VO - nur der Binnenhafen Aschaffenburg als Knotenpunkt des Gesamtnetzes aufgeführt wird, ergibt sich die Zugehörigkeit des Mains als solchem zum Gesamt- und Kernnetz des transeuropäischen Verkehrsnetzes aus Anhang I Karte Nr. 5.1 der TEN-V-VO i. V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 Buchst. a TEN-V-VO.

99Soweit die Beklagte diverse Planungsvarianten zur Neuerrichtung des Schleusenkanals oder der gesamten Schleusenanlage auf der linken Mainseite sowie mit einer weiträumigeren Standortverlagerung flussauf- und flussabwärts verwirft (PFB S. 92 f.; Erläuterungsbericht/Beilage Nr. 1A S. 15 f.), werden die diesbezüglichen Erwägungen von den Klägerinnen nicht substantiiert infrage gestellt.

100bb) Der Variantenprüfung haftet auch kein Abwägungsfehler an, soweit hinsichtlich der verbleibenden beiden Grundvarianten die Wahl nicht auf die Alternative mit einem Neubau der neuen Schleusen landseitig am rechten Mainufer (landseitige Variante), sondern auf eine Bauausführung mit einem wasserseitigen Schleusenneubau (wasserseitige Variante) fiel. Keinesfalls drängt sich die landseitige Alternative als eindeutig besser auf.

101Die von der Beklagten für die wasserseitige Variante als ausschlaggebend angesehenen Erwägungen, dass bei Umsetzung der verworfenen landseitigen Variante auf mehr private Grundstücke zurückgegriffen werden müsste und dass in diesem Fall sowohl für die Bauphase als auch für den späteren Schleusenbetrieb (insbesondere auch nachts) höhere Lärmbetroffenheiten zulasten naheliegender Wohnnutzungen zu prognostizieren seien (PFB S. 93 f.; Erläuterungsbericht/Beilage Nr. 1A S. 16 f.), sind hinsichtlich ihrer Tatsachengrundlagen unbestritten. Sie sind mit Blick auf eine ansonsten komplexere Konfliktlösung unter Einbeziehung von Nachbarschaftsinteressen sowie der Betroffenheit einer Vielzahl einzelner Grundstückseigentümer für sich gesehen auch sachgerecht.

102Der Einwand der Klägerinnen, dass bei der abgelehnten landseitigen Bauweise die Fischaufstiegsanlage womöglich nicht am kraftwerksseitigen Mainufer errichtet worden wäre und dass dann auch die dauerhaften Beeinträchtigungen des Kraftwerksbetriebs durch Wasserkraftentzug geringer ausfallen würden, beruht auf nicht realistischen Annahmen. Denn die Differenzierung zwischen landseitiger und wasserseitiger Ausbauvariante betrifft nur die Lage der Schleusen, nicht aber die Lage der Fischaufstiegsanlage. Es ist nicht ersichtlich, dass im Fall der Wahl der landseitigen Bauvariante eine Positionierung der Fischaufstiegsanlage am rechten Mainufer ernsthaft in Betracht gekommen wäre. Die von mehreren Ingenieurbüros erstellte Konzeption der Fischaufstiegsanlage ("Fischaufstiegsanlage Konzeption, Stand ") beruht u. a. auch auf der von der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) und der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BFG) herausgegebenen "Arbeitshilfe Fischaufstiegsanlagen an Bundeswasserstraßen (AH FAA)" vom Juni 2015 sowie auf dem vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) herausgegebenen "Praxishandbuch Fischaufstiegsanlagen in Bayern" (2. Aufl. 2016). Hiernach soll im Fall einer mit einem Wasserkraftwerk kombinierten Wehranlage der Einstieg der Fischaufstiegsanlage grundsätzlich in der Nähe des Turbinenausgangs des Kraftwerks liegen, damit er über die von ihm ausgehende Leitströmung in Konkurrenz der Strömung am Ausgang der Kraftwerksturbinen von wandernden Fischen überhaupt gefunden werden kann (vgl. Arbeitshilfe S. 27; Praxishandbuch S. 17 f., 30, 38 f.). Vor diesem Hintergrund hatte die Beklagte mit Blick auf die landseitige Ausführungsvariante keinen Anlass, der Frage nachzugehen, ob eine Fischaufstiegsanlage überhaupt auf der rechten Mainseite hätte errichtet werden können und ob dies hinsichtlich dauerhafter Wasserkraftverluste eine geringere Belastung für die Klägerinnen bedeutet hätte.

103Soweit die Klägerinnen schließlich rügen, der Alternativenprüfung habe im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses kein belastbarer Baukostenvergleich zugrunde gelegen, weil ausweislich des Erläuterungsberichts (Beilage Nr. 1A S. 17 f.) die Baukosten letztmalig 2012 ermittelt worden und insofern veraltete Entscheidungsgrundlagen zugrunde gelegt worden seien, begründet dies keinen Ermittlungsfehler hinsichtlich der Alternativenauswahl. Es kann offenbleiben, ob sich die Klägerinnen, denen kein Vollüberprüfungsanspruch zusteht, überhaupt auf einen unkorrekten Baukostenvergleich zur Begründung eines Abwägungsfehlers zur Variantenwahl berufen könnten. Für die Auswahlentscheidung kommt es in der Sache auf das ungefähre Verhältnis der Kosten für die jeweils zur Auswahl stehenden Varianten an. Für die Prüfung von Entscheidungsvarianten genügt daher eine überschlägige Ermittlung der Kosten der ernsthaft in Betracht kommenden Varianten. Zwar dürften sich die Baukosten nach Ablauf einer Dekade nicht unerheblich erhöht haben. Dies gilt aber für beide Ausführungsalternativen. Es ist weder von den Klägerinnen dargelegt worden noch ersichtlich, dass die vormalige Aussage zu den Baukosten - hinsichtlich der jeweiligen Größenordnung und als Basis eines Kostenvergleichs der Varianten untereinander - nicht mehr hinreichend aussagekräftig wäre.

104j) Der Planfeststellungsbeschluss leidet weder an einem Ermittlungsdefizit noch an einem Verstoß gegen das Gebot der Konfliktbewältigung in Bezug auf einen von den Klägerinnen befürchteten verstärkten Treibgutanfall im Kraftwerksbereich.

105Der Sachverständige der BAW führte im Erörterungstermin am auf die Einwendung der Klägerin zu 1 aus, es seien bei frontal angeströmten Kraftwerken keine überwiegenden Nachteile bekannt und dass für das Kraftwerk modelltechnische Versuche erbracht hätten, die Neubauvariante sei diesbezüglich ebenso gut wie der aktuelle Bestand (Protokoll S. 28). Dem ist die Klägerseite im Folgenden nicht substantiiert entgegengetreten. Für die Beklagte bestand daher kein Anlass, der Frage einer planungsbedingt verstärkten Anschwemmung von Treibgut im Kraftwerksbereich weiter nachzugehen (vgl. 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 808). Die auf die protokollierten Darlegungen des Sachverständigen im Erörterungstermin verweisenden Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss sind mithin nach dem Sachstand im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses sachgerecht (PFB S. 284 f.). Im Übrigen sind auch auf Basis der später in der Klageerwiderung vom (S. 51 f.) von der Beklagten thematisierten Szenarien die künftigen Anströmungsverhältnisse für die Treibgutansammlung und die Anschwemmung von Sedimenten überwiegend als vorteilhaft anzusehen, wobei hiernach mit Blick auf die jeweiligen Wetterbedingungen allenfalls für wenige Tage im Jahr - und dann auch nur eventuell - gewisse Nachteile bestehen könnten, deren Abwägungsrelevanz und Regelungsbedarf aufgrund einer allenfalls bagatellartigen Betroffenheit nicht ersichtlich ist.

106k) Schließlich ist der Planfeststellungsbeschluss nicht abwägungsfehlerhaft, weil die Höhe des künftigen Strombedarfs der Stauanlage und die für die Strombedarfsdeckung anfallenden Kosten für die technische Aufrüstung der Kraftwerksanlage mit einem neuen Transformator und einer Notstromversorgungsanlage für die Fischaufstiegsanlage nicht hinreichend in der Abwägung berücksichtigt worden sind. Dasselbe gilt für den Einwand, die Beklagte sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Deckung des künftig zusätzlichen Strombedarfs und der Tragung der Kosten für die technische Aufrüstung des Kraftwerks Sache der Klägerin zu 1 sei.

107Diese Einwände betreffen keine abwägungsrelevanten Umstände im Sinne von § 14b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaStrG. "Anlagen" im Sinne dieser Norm sind aufgrund des systematischen Zusammenhangs mit § 14b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaStrG nur solche, die gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, § 14b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaStrG nachteilige Wirkungen der bisherigen planfeststellungsbedürftigen Gesamtanlage vermeiden bzw. kompensieren sollen. Gemäß § 14b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaStrG hat der Vorhabenträger für bereits vorhandene Anlagen, die die Funktion der Nachteilsvermeidung im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, § 14b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaStrG übernehmen sollen, zu diesem Zweck aber geändert oder ersetzt werden müssen, die Mehrkosten der Unterhaltung zu tragen (vgl. Ferk, in: Ziekow, Handbuch des Fachplanungsrechts, 2. Aufl. 2014, § 16 Rn. 126). Eventuelle Mehrkosten für die Deckung eines künftig höheren Strombedarfs der neuen Stauanlage sowie für die Ausstattung des Kraftwerks, um diesen decken zu können, haben damit nichts zu tun und sind daher vom Anwendungsbereich des § 14b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaStrG nicht umfasst.

108Die Frage der Kostentragung eines künftig erhöhten Strombedarfs hat für die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses keine Relevanz. Insoweit trifft er keine Regelung und kann dies mangels Regelungskompetenz der Planfeststellungsbehörde auch nicht.

109Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:250523U7A7.22.0

Fundstelle(n):
NAAAJ-50382