BGH Beschluss v. - XIII ZB 33/21

Instanzenzug: LG Detmold Az: 3 T 43/19vorgehend AG Detmold Az: 23 XIV (B) 26/19

Gründe

1I. Der Betroffene, ein georgischer Staatsangehöriger, reiste im Jahr 2017 nach Deutschland ein. Seinen Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom als offensichtlich unbegründet ab, forderte ihn zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung an.

2Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Abschiebungshaft gegen den Betroffenen bis zum angeordnet. Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene Beschwerde eingelegt und für den Fall seiner Haftentlassung die Feststellung beantragt, dass ihn die Haftanordnung in seinen Rechten verletzt habe. Am hat der Rechtsbeschwerdeführer unter Vorlage einer entsprechenden schriftlichen Erklärung und Vollmacht des Betroffenen vom angezeigt, dass er dessen Person des Vertrauens (Vertrauensperson) sei. Zugleich hat er erklärt, er schließe sich, soweit vorhanden, einer laufenden Beschwerde des Betroffenen an, und hilfsweise Haftaufhebung beantragt. Ferner hat auch er für den Fall der Haftentlassung einen Feststellungsantrag gestellt. Nachdem der Betroffene am abgeschoben worden war, hat das der Beschwerde des Betroffenen und der Beschwerde der Vertrauensperson nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Den Haftaufhebungsantrag der Vertrauensperson hat es nicht beschieden. Das Landgericht hat die Beschwerden des Betroffenen und der Vertrauensperson zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Vertrauensperson mit ihrer Rechtsbeschwerde.

3II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

41. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Feststellungsantrags des Betroffenen richtet. Insoweit fehlt es an der erforderlichen Rechtsbeschwerdebefugnis der Vertrauensperson.

5a) Nach § 70 Abs. 1 FamFG ist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde ein Beteiligter befugt, wobei gemäß § 7 Abs. 3 FamFG auch derjenige Beteiligter ist, den das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag hinzugezogen hat, soweit dies im FamFG oder einem anderen Gesetz vorgesehen ist (sog. "Kann-Beteiligter"). In Freiheitsentziehungsverfahren ist ein solcher Kann-Beteiligter gemäß § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG eine vom Betroffenen benannte Vertrauensperson. Darüber hinaus kann die Rechtsbeschwerdebefugnis grundsätzlich nur dann bejaht werden, wenn der Rechtsbeschwerdeführer in seinen Rechten beeinträchtigt (§ 59 Abs. 1 FamFG) oder ausnahmsweise - wie etwa in § 303 Abs. 2 FamFG oder § 429 Abs. 2 FamFG - eine Beschwerdeführung im fremden Interesse zugelassen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom - XIII ZB 9/20 und XIII ZB 27/20, jeweils juris Rn. 4, mwN).

6b) Die erforderliche Beschwerdebefugnis des Rechtsbeschwerdeführers liegt im Hinblick auf die Zurückweisung des Feststellungsantrags des Betroffenen nicht vor, da er insoweit weder materiell noch formell beschwert ist. Seine Beschwerdebefugnis folgt auch nicht (unmittelbar) aus § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG, denn er war an dem Verfahren vor dem Amtsgericht nicht als Vertrauensperson beteiligt. Der Betroffene hat ihn erst nach Erlass des als Vertrauensperson benannt. Zu diesem Zeitpunkt war eine Beteiligung im ersten Rechtszug nicht mehr möglich (vgl. BGH, Beschlüsse vom - XIII ZB 9/20 und XIII ZB 27/20, jeweils juris Rn. 6 bis 9, mwN).

7c) Schließlich ergibt sich die Rechtsbeschwerdebefugnis der Vertrauensperson auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG. Wie der Senat entschieden hat, scheidet eine Analogie dahin aus, dass die erstmalige Beteiligung im zweiten Rechtszug in gleicher Weise die Rechtsbeschwerdebefugnis begründet wie die Beteiligung im ersten Rechtszug die Beschwerdebefugnis (vgl. BGH, Beschlüsse vom - XIII ZB 9/20 und XIII ZB 27/20, jeweils juris Rn. 10 bis 16).

82. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Zurückweisung der eigenen Beschwerde des Rechtsbeschwerdeführers richtet, ist sie unbegründet. Das Landgericht hat diesem Antrag im Ergebnis zu Recht nicht entsprochen.

9a) Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war - neben der Beschwerde des Betroffenen - allein die vom Rechtsbeschwerdeführer eingelegte (Anschluss-)Beschwerde, nicht hingegen der im selben Schreiben von ihm beim Amtsgericht hilfsweise gestellte Haftaufhebungsantrag. Das Amtsgericht hat im Nichtabhilfebeschluss vom - vor dem Hintergrund, dass Haftanordnungs- und Haftaufhebungsverfahren jeweils selbständige Verfahren bilden (st. Rspr., vgl. , NVwZ-RR 2023, 298 Rn. 8), zu Recht - allein "den Beschwerden" nicht abgeholfen und keine Entscheidung über den Haftaufhebungsantrag des Rechtsbeschwerdeführers getroffen. Dieser Antrag ist somit - unabhängig davon, ob die Bedingung, unter der er gestellt wurde, eingetreten ist oder nicht - nicht in die Beschwerdeinstanz gelangt.

10b) Die von der Vertrauensperson eingelegte (Anschluss-)Beschwerde war bereits unzulässig. Zum einen fehlte es, wie ausgeführt (oben Rn. 6), mangels Beteiligung des Rechtsbeschwerdeführers als Vertrauensperson im ersten Rechtszug an der erforderlichen Beschwerdebefugnis nach § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG. Zum anderen besteht in einer Konstellation wie der vorliegenden, in welcher bereits der Betroffene selbst Beschwerde gegen die Haftanordnung eingelegt hat, auch kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anschlussbeschwerde, da mit dieser dasselbe Ziel wie mit dem Hauptrechtsmittel verfolgt werden soll (vgl. , juris Rn. 10 mwN).

113. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:180723BXIIIZB33.21.0

Fundstelle(n):
XAAAJ-47837