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Thüringer FG Urteil v. - 4 K 408/20

Gesetze: EStG § 17 Abs. 1 S. 1, EStG § 17 Abs. 2 S. 1, EStG § 17 Abs. 4, HGB § 255 Abs. 1 S. 1, HGB § 255 Abs. 1 S. 2, InsO § 39 Abs. 1 Nr. 5, GmbHG § 60 Abs. 1 Nr. 4

Berücksichtigung der Inanspruchnahme aus einer vor Eintritt der Krise der GmbH übernommenen und in der Krise stehen gelassenen Gesellschafterbürgschaft für Verbindlichkeiten der GmbH als nachträgliche Anschaffungskosten im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG und § 17 Abs. 4 EStG

Leitsatz

1. Durch das am in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom ist das Eigenkapitalersatzrecht, das durch eine weitgehende Gleichbehandlung der eigenkapitalersetzenden Finanzierungsleistungen mit dem nach §§ 30, 31 GmbHG gebundenen Kapital gekennzeichnet war, aufgehoben und ersetzt worden durch den gesetzlichen Nachrang sämtlicher Gesellschafterfinanzierungen im Insolvenzfall (vgl. Art. 9 MoMiG, § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Aufwendungen aus der Inanspruchnahme aus einer Gesellschafterbürgschaft sind unabhängig davon, ob die Bürgschaft krisenbestimmt oder in der Krise der Gesellschaft übernommen worden ist, im zeitlichen Anwendungsbereich des MoMiG grundsätzlich nicht mehr den nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG und § 17 Abs. 4 EStG zuzurechnen.

2. Nach der BFH-Rechtsprechung (vgl. , BStBl 2019 II S. 208) sind jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum Tag der Veröffentlichung dieses Urteils geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist (im Streitfall: Inanspruchnahme aus der Gesellschafterbürgschaft im Jahr 2016). Für den Vertrauensschutz ist dabei auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Steuerpflichtige die für ihn endgültige wirtschaftliche Disposition getroffen hat.

3. Nach der bisherigen aus Vertrauensschutzgründen weiter anzuwendenden BFH-Rechtsprechung führt die Inanspruchnahme des Gesellschafters aus einer für Verbindlichkeiten der GmbH vor dem Eintritt der Krise der GmbH übernommenen Bürgschaft zu nachträglichen Anschaffungskosten im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG und § 17 Abs. 4 EStG, wenn der Gesellschafter die Bürgschaft stehenlässt, obwohl er sie hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass der Bürgschaftsfall eintreten würde und die Gefahr des Ausfalls mit einer Bürgschaftsregressforderung bestand.

4. Ausnahmsweise kann der Zeitpunkt, in dem der Veräußerungsverlust im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG realisiert ist, schon vor Abschluss der Liquidation liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits festgestellten Verlustes nicht mehr zu rechnen ist. Das ist der Fall, wenn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH die Insolvenzverwalter dem Gesellschafter unmittelbar mitgeteilt haben, dieser werde aus der Insolvenzmasse keine Quote (mithin keinerlei Zahlungen) mehr erhalten.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

Fundstelle(n):
ZAAAJ-47576

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