Berücksichtigung der Inanspruchnahme aus einer vor Eintritt der Krise der GmbH übernommenen und in der Krise stehen gelassenen
Gesellschafterbürgschaft für Verbindlichkeiten der GmbH als nachträgliche Anschaffungskosten im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG
und § 17 Abs. 4 EStG
Leitsatz
1. Durch das am in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen
(MoMiG) vom ist das Eigenkapitalersatzrecht, das durch eine weitgehende Gleichbehandlung der eigenkapitalersetzenden
Finanzierungsleistungen mit dem nach §§ 30, 31 GmbHG gebundenen Kapital gekennzeichnet war, aufgehoben und ersetzt worden
durch den gesetzlichen Nachrang sämtlicher Gesellschafterfinanzierungen im Insolvenzfall (vgl. Art. 9 MoMiG, § 39 Abs. 1 Nr.
5 InsO). Aufwendungen aus der Inanspruchnahme aus einer Gesellschafterbürgschaft sind unabhängig davon, ob die Bürgschaft
krisenbestimmt oder in der Krise der Gesellschaft übernommen worden ist, im zeitlichen Anwendungsbereich des MoMiG grundsätzlich
nicht mehr den nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG und § 17 Abs. 4 EStG zuzurechnen.
2. Nach der BFH-Rechtsprechung (vgl. , BStBl 2019 II S. 208) sind jedoch aus Gründen des
Vertrauensschutzes die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden
Finanzierungshilfen weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum Tag
der Veröffentlichung dieses Urteils geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag
eigenkapitalersetzend geworden ist (im Streitfall: Inanspruchnahme aus der Gesellschafterbürgschaft im Jahr 2016). Für den
Vertrauensschutz ist dabei auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Steuerpflichtige die für ihn endgültige wirtschaftliche
Disposition getroffen hat.
3. Nach der bisherigen aus Vertrauensschutzgründen weiter anzuwendenden BFH-Rechtsprechung führt die Inanspruchnahme des Gesellschafters
aus einer für Verbindlichkeiten der GmbH vor dem Eintritt der Krise der GmbH übernommenen Bürgschaft zu nachträglichen Anschaffungskosten
im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG und § 17 Abs. 4 EStG, wenn der Gesellschafter die Bürgschaft stehenlässt, obwohl er sie hätte
abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass der Bürgschaftsfall
eintreten würde und die Gefahr des Ausfalls mit einer Bürgschaftsregressforderung bestand.
4. Ausnahmsweise kann der Zeitpunkt, in dem der Veräußerungsverlust im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG realisiert ist, schon vor
Abschluss der Liquidation liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits festgestellten Verlustes nicht mehr zu
rechnen ist. Das ist der Fall, wenn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH die Insolvenzverwalter
dem Gesellschafter unmittelbar mitgeteilt haben, dieser werde aus der Insolvenzmasse keine Quote (mithin keinerlei Zahlungen)
mehr erhalten.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): ZAAAJ-47576
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