Instanzenzug: LG Lüneburg Az: 45 KLs 8/20
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes, sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen, vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung“ unter Einbeziehung von Strafen aus einem anderen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung weitgehend stand.
3Allerdings muss die Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichter Körperverletzung und Bedrohung entfallen. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Das Zusammentreffen mehrerer Tatbestände berührt den Lauf der Verjährung für die einzelnen Delikte nicht; bei Tateinheit läuft die Frist für jedes Delikt selbständig (vgl. , juris, Rn. 10 mwN). Die Verjährungsfrist der Vergehen nach § 223 Abs. 1 StGB und § 241 Abs. 1 StGB a.F. beträgt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB jeweils fünf Jahre. Sie begann, ausgehend vom frühestmöglichen Tatzeitpunkt (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 318/62, BGHSt 18, 274; vom , 4 StR 444/07, NStZ-RR 2008, 42, 43) gemäß § 78a StGB am (UA S. 8: „Frühjahr 2010“). Bereits im Hinblick auf die absolute Verjährungsfrist gemäß § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB war spätestens mit Ablauf des vor Erlass des Urteils die Verjährung der Strafverfolgung eingetreten.“
4Dem schließt sich der Senat an und ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO.
52. Der Wegfall der Verurteilung wegen der beiden verjährten Delikte entzieht dem Strafausspruch die Grundlage. Denn das Landgericht hat die „zeitgleiche“ Verletzung von vier Straftatbeständen ohne Einschränkung straferschwerend berücksichtigt (vgl. ). Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht zu einer geringeren Strafe gelangt wäre, wenn es den Eintritt der Verfolgungsverjährung beachtet hätte. Da es sich um die Einsatzstrafe handelt, hat auch die Gesamtstrafe keinen Bestand.
6Es kann daher offenbleiben, ob der Strafausspruch auch deshalb durchgreifenden Bedenken begegnet, weil die Strafkammer weder bei der Festsetzung der Strafe noch bei der Bildung der Gesamtstrafe erörtert hat, dass gegen den Angeklagten zugleich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) angeordnet worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 18/21, StV 2022, 293; vom – 1 StR 455/21, JR 2023, 147; vom – 4 StR 99/22, NJW 2022, 2945).
73. Die Aufhebung der Strafe lässt die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung (§ 66 Abs. 2 StGB) in Wegfall geraten, so dass zudem diese Maßregel aufzuheben ist.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:260723B6STR205.23.1
Fundstelle(n):
GAAAJ-46836