BVerwG Beschluss v. - 5 P 2/22

Facebook-Seite mit Kommentarfunktion als mitbestimmungspflichtige Überwachungseinrichtung

Gesetze: § 75 Abs 3 Nr 17 BPersVG, § 80 Abs 1 Nr 21 BPersVG 2021, § 108 Abs 2 BPersVG 2021, § 88 Abs 1 Nr 32 PersVG HA 2014, § 99 Abs 2 PersVG HA 2014

Instanzenzug: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Az: 14 Bf 201/20.PVL Beschlussvorgehend Az: 24 FL 269/19 Beschluss

Gründe

I

1Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Facebook-Seite für die Kinderklinik des Universitätsklinikums ... (im Folgenden: ...).

2Der Beteiligte (der Vorstandsvorsitzende des ...) betreibt eine Seite bei Facebook (www.facebook.com/Kinder...). Auf dieser Seite veröffentlicht er auf die Kinderklinik des ... bezogene Schrift- und Bildbeiträge, die vorwiegend anlassbezogen sind oder bestimmte Situationen der Kinderklinik sowie deren Beschäftigte vorstellen. Dritte können diese Beiträge kommentieren. Die Kommentarfunktion kann nicht deaktiviert werden, wohl aber können einzelne Kommentare im Nachhinein gelöscht werden.

3Nachdem der Antragsteller (der für das nichtwissenschaftliche Personal gebildete Personalrat des ...) den Beteiligten erfolglos aufgefordert hatte, ein Mitbestimmungsverfahren durchzuführen, hat er das gerichtliche Beschlussverfahren eingeleitet. Das Verwaltungsgericht hat seinem Antrag stattgegeben und festgestellt, dass der Beteiligte das sich aus § 88 Abs. 1 Nr. 32 HmbPersVG ergebende Mitbestimmungsrecht des Antragstellers durch Einrichtung und Anwendung der Facebook-Seite verletzt habe. Zur Begründung hat es sich maßgeblich auf den - gestützt, mit dem dieses entschieden hat, dass die Bereitstellung der Funktion "Besucher-Beiträge" auf einer von einem Arbeitgeber betriebenen Facebook-Seite der Mitbestimmung des Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz unterliege.

4Auf die Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht den Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert und den auf Feststellung der Verletzung des Mitbestimmungsrechts gerichteten Hauptantrag des Antragstellers sowie einen in der Beschwerdeinstanz erstmals gestellten, auf Feststellung der Verpflichtung des Beteiligten zur Löschung verhaltens- oder leistungsbezogener Nutzerkommentare gerichteten Hilfsantrag abgelehnt. Der Beteiligte verletze durch die Einrichtung und Anwendung der Facebook-Seite keine Mitbestimmungsrechte des Antragstellers gemäß § 88 Abs. 1 Nr. 32 HmbPersVG, weil es sich hierbei nicht um die Einführung und/oder Anwendung einer technischen Einrichtung in diesem Sinne handele. Für den Mitbestimmungstatbestand sei spezifisch, dass die Überwachung gerade mithilfe einer technischen Einrichtung erfolge. Die technische Einrichtung müsse daher eine eigene Leistung erbringen. Die Überwachung müsse durch die technische Einrichtung selbst bewirkt werden. Dazu müsse diese aufgrund ihrer technischen Natur unmittelbar die Überwachung vornehmen. Das setze voraus, dass die technische Einrichtung selbst und automatisch die Daten über bestimmte Vorgänge erhebe, speichere und/oder verarbeite. Ausreichend sei, wenn lediglich ein Teil des Überwachungsvorgangs mittels einer technischen Einrichtung erfolge. Auch reiche es aus, wenn die leistungs- oder verhaltensbezogenen Daten nicht auf technischem Weg durch die Einrichtung selbst gewonnen würden, sondern manuell eingegeben und dann von der technischen Einrichtung weiter verwertet würden. Das schlichte Speichern von Daten, die von Menschen eingegeben worden seien, um sie für eine spätere Auswertung durch (andere) Menschen vorzuhalten, stelle jedoch keine Leistung zur Überwachung dar. Die vom Beteiligten betriebene Facebook-Seite sei auch unter Berücksichtigung der Kommentarfunktion keine technische Einrichtung in diesem Sinne. Die Leistung der Seite beschränke sich neben der Zurverfügungstellung des Speicherplatzes und der Sichtbarmachung der Kommentare allenfalls auf die Formatierung bzw. grafische Darstellung der eingegebenen Daten. Facebook werte die Kommentare nicht aus und es stehe auch kein Programm zur Verfügung, das die Dienststelle für die Auswertung der Daten nutzen könne, die somit allenfalls händisch erfolgen könne. Auf eine etwaige Auswertungsmöglichkeit durch Nutzung anderer Suchprogramme (z. B. Google) komme es nicht an, weil es sich auch insoweit nicht um eine Leistung der technischen Einrichtung selbst handele. Der Hilfsantrag könne schon mangels Verletzung eines Mitbestimmungsrechts keinen Erfolg haben.

5Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller ausschließlich sein mit dem Hauptantrag formuliertes Begehren weiter. Er macht insbesondere geltend, bereits die Speicherung der Nutzerkommentare, die zeitlich unbegrenzte Zugriffsmöglichkeit hierauf sowie ihre dauerhafte öffentliche Zugänglichkeit begründeten einen vom Mitbestimmungstatbestand erfassten Überwachungsdruck auf die Beschäftigten.

6Der Beteiligte und die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht verteidigen den angefochtenen Beschluss.

II

7Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist begründet. Der angefochtene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung von Rechtsnormen (§ 99 Abs. 2 HmbPersVG i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), nämlich von § 88 Abs. 1 Nr. 32 HmbPersVG (1.). Ob sich die Entscheidung im Sinne des § 561 ZPO aus anderen Gründen als richtig darstellt, kann das Bundesverwaltungsgericht in Ermangelung einer hinreichenden Tatsachengrundlage nicht entscheiden (2.). Daher ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 99 Abs. 2 HmbPersVG i. V. m. § 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i. V. m. § 562 Abs. 1 und § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

81. Der angefochtene Beschluss ordnet das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren des Antragstellers zutreffend als (konkreten) Feststellungsantrag ein, der zulässig ist (a). Nicht zu folgen ist jedoch seiner Auffassung, dass das Betreiben einer Facebook-Seite durch die Dienststelle auch angesichts der damit verbundenen Kommentarfunktion (unabhängig von den konkreten tatsächlichen Umständen) keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme darstellen könne. Weil es sich dabei um eine technische Einrichtung (im Sinne von § 88 Abs. 1 Nr. 32 HmbPersVG) handeln kann, hängt die Mitbestimmungspflichtigkeit davon ab, ob der Betrieb des sozialen Mediums nach den konkreten Umständen des Einzelfalles geeignet ist, zur Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Beschäftigten zu dienen (b).

9a) Das Oberverwaltungsgericht hat das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren des Antragstellers, mit dem er die Verletzung seines Mitbestimmungsrechts durch die Bereitstellung der Kommentarfunktion bei der vom Beteiligten betriebenen Facebook-Seite festgestellt wissen möchte, zu Recht als (konkreten) Feststellungsantrag aufgefasst. Dieser Antrag hat eine doppelte Zielrichtung. Mit ihm macht der Antragsteller zunächst geltend, dass seine Zustimmung bereits vor Bereitstellung der Kommentarfunktion hätte eingeholt werden müssen. Weil die Kommentarfunktion über einen längeren Zeitraum bereitsteht und der in Rede stehende Mitbestimmungstatbestand der Anwendung einer technischen Überwachungseinrichtung auch wesentliche Veränderungen der tatsächlichen Umstände erfasst, erstreckt sich sein Antrag bei verständigem, am Rechtsschutzziel orientierten Verständnis auch auf die Feststellung, dass der Betrieb der Facebook-Seite während seines gesamten (bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts als letzter Tatsacheninstanz anhaltenden) Betriebs der Mitbestimmungspflicht unterlag oder diese - sofern sie nicht von vornherein bestand - zumindest während des Betriebs begründet worden ist. Von diesem Begehren umfasst ist dementsprechend auch die Überprüfung, ob - soweit der Mitbestimmungstatbestand etwaige nachfolgende Änderungen in der Anwendung einer technischen Überwachungseinrichtung erfasst - mitbestimmungsrechtlich erhebliche tatsächliche Änderungen nach der erstmaligen Bereitstellung eingetreten sind.

10Der so verstandene Antrag ist zulässig. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Bezug. Der Fortbestand des Feststellungs- bzw. Rechtsschutzinteresses ist darüber hinaus auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zweifelhaft. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Beteiligte die Facebook-Seite nicht mehr betreibt oder die Kommentarfunktion nicht mehr verfügbar ist und sich die Maßnahmen deshalb erledigt haben könnten. Soweit der Antragsteller etwaige Änderungen in der Anwendung der sozialen Medien nicht konkret bezeichnet hat, entfällt dadurch nicht sein Feststellungs- bzw. Rechtsschutzinteresse, zumal die mögliche rechtliche Relevanz derartiger Änderungen in der Rechtsprechung bislang nicht geklärt war und erst durch die vorliegende Entscheidung einer Klärung zugeführt wird.

11b) Das Betreiben der in Rede stehenden Facebook-Seite kann wegen der damit nach den für den Senat verbindlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts jeweils untrennbar verbundenen Kommentarfunktion das sich aus § 88 Abs. 1 Nr. 32 HmbPersVG ergebende Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung begründen. Danach hat der Personalrat mitzubestimmen bei Einrichtung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die das Überwachen des Verhaltens oder der Leistungen von Angehörigen des öffentlichen Dienstes ermöglichen.

12Diese Vorschrift ist ungeachtet ihres abweichenden Wortlauts auszulegen wie die vergleichbare Regelung des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG in der bis zum und § 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG in der seither anzuwendenden Fassung, der zufolge der Personalrat mitzubestimmen hat bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Ebenso wie die bundesrechtlichen Vorschriften (vgl. hierzu 6 P 32.84 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 53 S. 20) ist damit § 88 Abs. 1 Nr. 32 HmbPersVG regelmäßig nicht anders auszulegen als die vergleichbare betriebsverfassungsrechtliche Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Dabei nimmt das in § 88 Abs. 1 Nr. 32 HmbPersVG enthaltene Verb "ermöglichen" den Bedeutungsgehalt der bundesrechtlichen Formulierung "dazu bestimmt sind" auf. Vorstehendes ergibt sich eindeutig aus der Entstehungsgeschichte des § 88 Abs. 1 Nr. 32 HmbPersVG: Ursprünglich sah § 86 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG vom (GVBl. S. 17 <31>) die Mitbestimmung des Personalrats vor bei "Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu überwachen". Die Vorschrift entsprach damit im Kern der Bundesregelung. Durch Gesetz vom (GVBl. S. 15 <18, 19>) novellierte der Hamburgische Gesetzgeber den Mitbestimmungstatbestand dahin, dass Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen der Mitbestimmung nur noch unterlagen, "wenn sie das Verhalten oder die Leistung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes überwachen sollen". Diese bis zum geltende und nach ihrem Wortlaut auf die subjektive Zwecksetzung der Dienststellenleitung abstellende Fassung war eine gewollte Abkehr des Hamburgischen Gesetzgebers von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Maßgeblichkeit einer objektiv-finalen Betrachtungsweise (Bü-Drs. 18/2240 S. 16). Mit der (bis heute geltenden) erneuten Rechtsänderung durch das Gesetz vom (GVBl. S. 299) kehrte der Hamburgische Gesetzgeber ungeachtet des leicht veränderten Wortlauts ausdrücklich zum vormaligen Rechtszustand zurück und schloss sich damit dem bundesrechtlichen Vorbild wieder an. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus der Gesetzesbegründung, die ausführt, dass mit der (neuerlichen) Rechtsänderung der bis zur Novelle 2005/2006 geltende Rechtszustand wieder hergestellt werde, wonach bei sogenannter objektiv-finaler Betrachtungsweise bereits die Eignung einer technischen Einrichtung zur Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes ausreiche, um die Mitbestimmung auszulösen; eine ausdrücklich damit verbundene Absicht, das Verhalten oder die Leistung zu überwachen, sei nicht mehr erforderlich (Bü-Drs. 20/10838 S. 65).

13Vor diesem Hintergrund kann der Senat auf seine nachstehenden, der Sache nach auch hier geltenden Ausführungen im Beschluss vom im Verfahren 5 P 16.21 verweisen, welche das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach der bundesrechtlichen Regelung beim Betreiben von Seiten und Kanälen in verschiedenen sozialen Medien (darunter Facebook) einschließlich einer Kommentarfunktion durch die Dienststellenleitung betreffen:

"Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts ist hier das Vorliegen von technischen Einrichtungen im Sinne dieses Mitbestimmungstatbestandes nicht deshalb von Rechts wegen zu verneinen, weil durch das Betreiben der in Rede stehenden sozialen Medien weder die Datenerhebung noch die Datenauswertung ganz oder teilweise automatisch erfolge und sie deshalb keine selbstständige Leistung erbrächten (aa). Ebenso wenig ist es rechtlich ausgeschlossen, davon auszugehen, dass das Betreiben der genannten sozialen Medien durch die Dienststelle zur Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Beschäftigten im Sinne des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG a. F. bzw. § 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG 'bestimmt' ist (bb). Ob dieser Mitbestimmungstatbestand eingreift, hängt aber in tatsächlicher Hinsicht davon ab, ob im konkreten Fall bei objektiver Betrachtung eine nach Maßgabe seines Schutzzwecks hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür gegeben ist, dass durch den Betrieb des sozialen Mediums mit Kommentarfunktion in so beachtlichem Umfang Nutzerkommentare über das Verhalten oder die Leistung von Beschäftigten zu erwarten sind oder im Verlaufe des Betriebs tatsächlich eingestellt werden, dass durch deren Speicherung und etwaige Auswertung durch die Dienststellenleitung ein Überwachungsdruck für die Beschäftigten erzeugt werden kann (cc).

aa) Sind die zuletzt genannten tatsächlichen Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt, erweisen sich die hier vom Beteiligten betriebenen Kanäle bzw. Seiten bei Facebook, Instagram und Twitter aufgrund ihrer Kommentarfunktion als technische Einrichtungen im Sinne des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG a. F. bzw. § 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG. Als solche sind Anlagen oder Geräte anzusehen, die unter Verwendung nicht menschlicher, sondern anderweit erzeugter Energie mit den Mitteln der Technik, insbesondere der Elektronik, eine selbstständige Leistung erbringen ( 6 P 35.85 - BVerwGE 80, 143 <144>). Indem eine technische Einrichtung verhaltens- oder leistungsbezogene Angaben zu einzelnen Beschäftigten speichert, verarbeitet sie Daten und erbringt damit eine selbstständige Leistung. Das trifft auch auf die von der Dienststelle betriebenen Seiten und Kanäle der genannten sozialen Medien zu. Sie schließen die für alle Nutzer bestehende Möglichkeit ein, eingestellte Beiträge unabhängig von deren Themensetzung zu kommentieren und sich dabei auch zu dem Verhalten oder der Leistung eines benannten, anderweitig individualisierten oder aufgrund der geschilderten Umstände individualisierbaren (vgl. - BAGE 157, 220 Rn. 24, 27; Kascherus, in: Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 15. Aufl. 2023, § 80 Rn. 189; Dierßen, in: Altvater/Baden/Baunack/Berg/Dierßen/Herget/Kröll/Lenders/Noll, BPersVG, 11. Aufl. 2023, § 80 Rn. 196) Beschäftigten zu äußern. Im Übrigen ist es nicht erforderlich, dass die zur Datenverarbeitung eingesetzte technische Einrichtung im Eigentum des Dienstherrn steht oder sich in den Räumen der Dienststelle befindet ( 6 P 10.00 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 8 S. 17).

Dabei liegt bereits in dem bloßen Speichern von Nutzerkommentaren mit verhaltens- oder leistungsbezogenen Angaben zu einzelnen Beschäftigten eine selbstständige Leistung der technischen Einrichtung. Diese Sichtweise ist deshalb geboten, weil schon das bloße Speichern der Nutzerkommentare diese für lange Zeiträume recherchierbar macht und sie damit für die Dienststellenleitung verfügbar bleiben, was grundsätzlich als (Teil der) Überwachung im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes anzusehen ist. Der Begriff der 'Überwachung' umfasst nach seiner sprachlichen Bedeutung sowohl das Sammeln von Informationen als auch die Auswertung bereits vorliegender Informationen im Hinblick auf eine Beurteilung der Beschäftigten (BVerwG, Beschlüsse vom - 6 P 16.91 - BVerwGE 91, 276 <280> und vom - 6 P 10.00 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 8 S. 17; - BAGE 46, 367 <377 ff.>). Dieses Verständnis folgt aus dem Schutzzweck des Mitbestimmungstatbestandes. Dieser besteht darin, durch eine weitreichende und gleichberechtigte Beteiligung der Personalvertretung sicherzustellen, dass die Beeinträchtigungen und Gefahren für den Schutz der Persönlichkeit der Beschäftigten am Arbeitsplatz, welche von der Technisierung der Verhaltens- und Leistungskontrolle ausgehen, auf das erforderliche Maß beschränkt bleiben. Dahinter steht die Überlegung, dass ein Beschäftigter, der befürchten muss, während der Arbeit mithilfe technischer oder elektronischer Kontrolleinrichtungen jederzeit beobachtet oder in anderer Weise kontrolliert zu werden, unter einen Überwachungsdruck geraten kann, der ihn in der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit behindert ( 6 P 35.85 - BVerwGE 80, 143 <145>). Dieser Schutzzweck gebietet eine Beteiligung der Personalvertretung schon dann, wenn die Dienststellenleitung eine technische Einrichtung betreibt, die verhaltens- oder leistungsbezogene Daten der Beschäftigten speichert. Denn schon allein die Speicherung dieser Daten birgt grundsätzlich die Gefahr in sich, dass sie auch ausgewertet werden und damit möglicherweise in die Persönlichkeitssphäre der Beschäftigten eingegriffen wird ( 6 P 32.84 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 53 S. 21).

Der Einordnung von der Dienststelle genutzter sozialer Medien als technische Einrichtungen im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes steht auch die Gesetzgebungsgeschichte nicht entgegen. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Einführung des § 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG durch das Gesetz vom . Aus den Gesetzesmaterialien geht vielmehr hervor, dass der Gesetzgeber gegenüber der bisherigen Regelung des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG a. F. keine inhaltlichen Änderungen hat vornehmen wollen (vgl. BT-Drs. 19/26820 S. 126). Damit hat er auch den bisherigen Inhalt der Vorschrift, wie er unter anderem in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts konkretisiert worden ist, beibehalten wollen. Da dem Gesetzgeber bei der Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes auch die für das Personalvertretungsrecht bedeutsame aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Mitbestimmungspflicht bei dem Betrieb von Facebook-Seiten durch Arbeitgeber ( - BAGE 157, 220 Rn. 24 ff.) nicht verschlossen geblieben und damit die rechtliche Problematik bekannt gewesen ist, hätte sich für ihn im Rahmen der Novellierung die Möglichkeit ergeben oder gar aufdrängen müssen, die Nutzung sozialer Medien durch die Dienststellen durch eine gesonderte Regelung entweder durchweg für mitbestimmungspflichtig zu erklären oder diesen Sachverhalt insgesamt von der Mitbestimmungspflicht auszunehmen. Dass er Letzteres mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie auch des Bundesarbeitsgerichts nicht getan hat, spricht dafür, dass er sich zu einer Einordnung des Betreibens sozialer Medien mit Kommentarfunktion als (zur Überwachung der Beschäftigten geeigneter) technische Einrichtungen im Sinne des Mitbestimmungstatbestand[e]s nicht hat verhalten wollen.

bb) Die sozialen Medien können im Hinblick auf die Kommentarfunktion auch im Sinne des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG a. F. bzw. § 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG zur Überwachung 'bestimmt' sein. Ein abweichender gesetzgeberischer Wille ist - entsprechend den vorgenannten Darlegungen - auch insoweit nicht feststellbar.

Bei der Auslegung, ob eine technische Einrichtung im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von einer objektiv-finalen Betrachtungsweise auszugehen. Somit unterliegen diejenigen technischen Einrichtungen der Mitbestimmung des Personalrats, die nach ihrer Konstruktion oder konkreten Verwendungsweise eine Überwachung von Verhalten oder Leistung der Beschäftigten ermöglichen. Der Mitbestimmungstatbestand erstreckt sich daher auch auf solche technischen Einrichtungen, die zur Überwachung lediglich objektiv geeignet sind, ohne dass die Dienststellenleitung bei ihrer Einführung und Anwendung subjektiv die Absicht hat, sie zu diesem Zweck einzusetzen (BVerwG, Beschlüsse vom - 6 P 26.90 - BVerwGE 91, 45 <49>, vom - 6 PB 10.06 - juris Rn. 4 und vom - 6 P 10.10 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 17 Rn. 16). Die objektiv-finale Betrachtungsweise dient generell dazu, aufgrund der objektiven und für die Beschäftigten erkennbaren Gegebenheiten auf die der Anlage und ihren Einsatzbedingungen innewohnende Zweckbestimmung zu schließen. Sie ist keine nur objektive, sondern eine objektiv-finale und dient der Beantwortung der Frage, ob nach den gesamten derzeit feststehenden Umständen einschließlich der speziellen Einsatzbedingungen - losgelöst von den Vorstellungen der Dienststellenleitung aus der Sicht eines objektiven Betrachters - die Anlage zur Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Beschäftigten 'geeignet' und daher grundsätzlich hierzu 'bestimmt' ist ( 6 P 26.90 - BVerwGE 91, 45 <53>). Dabei erfährt der Maßstab der abstrakten Überwachungseignung eine Korrektur anhand der Sichtweise eines vernünftigen Betrachters, der nach den objektiv feststehenden und erkennbaren Bedingungen für den konkreten Einsatz der Anlage Anlass zur Befürchtung einer Überwachung haben muss ( 6 PB 10.06 - juris Rn. 5).

Soweit Kommentare gespeichert werden, die Dritte zu Beiträgen verfassen, die die Dienststellenleitung auf von ihr betriebenen Seiten in sozialen Medien eingestellt hat, und die Angaben zum Verhalten oder zur Leistung einzelner Beschäftigter enthalten, ist diese (durch eine technische Einrichtung herbeigeführte) Speicherung zur Überwachung geeignet, weil ihre spätere Auswertung nicht ausgeschlossen ist. Dieser Einschätzung steht nicht entgegen, dass die fraglichen Daten von Nutzern sozialer Medien manuell eingegeben werden. In der Rechtsprechung sowohl des Bundesverwaltungsgerichts (Beschlüsse vom - 6 P 32.84 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 53 S. 22, vom - 6 P 16.91 - BVerwGE 91, 276 <280> und vom - 6 P 10.00 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 8 S. 16) als auch des Bundesarbeitsgerichts (Beschlüsse vom - 1 ABR 23/82 - BAGE 46, 367 <374 f.> und vom - 1 ABR 39/81 - juris Rn. 36) ist geklärt, dass es für die Mitbestimmungspflichtigkeit der Maßnahme nicht darauf ankommt, ob die leistungs- und verhaltensbezogenen Daten unmittelbar auf technischem Weg, also durch die Einrichtung selbst, erhoben werden oder ob sie dem System zum Zwecke der Speicherung und Verarbeitung eingegeben werden müssen (mittelbare Datenerfassung). Dieser Rechtsprechung lagen zwar Fallgestaltungen zugrunde, in denen die Beschäftigten im Rahmen ihrer arbeitsvertraglichen oder dienstlichen Verpflichtungen die Daten, etwa durch Ausfüllen von Erhebungsbögen, selbst manuell erfassten und diese Datenerhebung sowie die nachfolgende Datenauswertung durch eine elektronische Datenverarbeitungsanlage innerhalb eines Gesamtvorgangs zielgerichtet aufeinander abgestimmt waren. Bei einer am Schutzzweck des Mitbestimmungstatbestandes ausgerichteten Betrachtungsweise, die auch die Sicht der Beschäftigten zu berücksichtigen hat (BVerwG, Beschlüsse vom - 6 P 26.90 - BVerwGE 91, 45 <50> und vom - 6 PB 10.06 - juris Rn. 4), bestehen indes zur vorliegenden Fallgestaltung - sofern die eingangs genannten tatsächlichen Voraussetzungen für die Überwachungseignung vorliegen - keine in der Weise rechtlich erheblichen Unterschiede, die einer entsprechenden Einordnung der in Rede stehenden sozialen Medien entgegenstünden:

(1) Dies gilt zunächst, soweit hier nicht die Beschäftigten, sondern Dritte die relevanten Daten eingeben, indem sie die fraglichen Kommentare verfassen. Wegen des dargestellten Schutzzwecks des Mitbestimmungstatbestandes (BVerwG, Beschlüsse vom - 6 P 35.85 - BVerwGE 80, 143 <145 f.> und vom - 6 P 26.90 - BVerwGE 91, 45 <50>) kommt es nicht auf die Urheberschaft, sondern auf den Inhalt und Informationsgehalt der Daten an, nämlich darauf, ob sie über Verhalten und Leistung der Beschäftigten Auskunft geben können.

(2) Unerheblich ist auch, dass die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die manuelle Dateneingabe 'jedenfalls' dann als ausreichend für den Mitbestimmungstatbestand angesehen hat, wenn sie und eine anschließende automatisierte Auswertung einen aufeinander abgestimmten Gesamtvorgang bilden. Dies schließt bereits dem Wortlaut nach nicht aus, dass auch andere Fallkonstellationen der Mitbestimmung unterliegen können. Entscheidend ist insoweit, dass die Speicherung verhaltens- oder leistungsbezogener Daten individualisierter oder individualisierbarer Beschäftigter einen späteren Zugriff auf die Daten ermöglicht. Es kommt also nicht darauf an, ob bei der Speicherung eine Auswertung schon ins Werk gesetzt, geplant oder noch gar nicht absehbar ist. Für das Bestimmtsein reicht es vielmehr aus, dass die Datenspeicherung objektiv zur Überwachung geeignet ist. Soweit demnach eine spätere Auswertung nicht ausgeschlossen erscheint, hängt die objektive Überwachungseignung einer technischen Einrichtung, deren Einsatz in jeder Phase dieses Überwachungsvorgangs ( 6 P 35.85 - BVerwGE 80, 143 <147>) und somit auch nur als ein Teil dieses Vorgangs (BAG, Beschlüsse vom - 1 ABR 43/12 - juris Rn. 20 und vom - 1 ABR 7/15 - BAGE 157, 220 Rn. 22) mitbestimmungsrelevant ist, nicht davon ab, ob eine Auswertung durch die technische Einrichtung selbst, eine andere technische Einrichtung oder sogar manuell durchgeführt werden könnte.

(3) Schließlich steht der Annahme einer objektiven Überwachungseignung sozialer Medien mit Kommentarfunktion nicht von vornherein entgegen, dass nicht die Beschäftigten Angaben im Rahmen ihrer arbeitsvertraglichen oder dienstlichen Verpflichtungen zu machen haben, sondern die Nutzer sozialer Medien mit der Dienststelle außerhalb eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses kommunizieren. Hierbei nutzen sie nämlich ein von der Dienststelle eigens zum Zwecke der Kommunikation zur Verfügung gestelltes Medium, weshalb der Dienststelle die Nutzerkommentare mitbestimmungsrechtlich zuzurechnen sind.

cc) Unter Berücksichtigung des dargelegten Schutzzwecks des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG a. F. bzw. § 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG ergeben sich aber - gerade unter Berücksichtigung des oben genannten tatsächlichen Umstands, dass etwaige Verhaltens- oder Leistungsdaten von Dritten eingegeben werden - für die vorliegende Fallkonstellation des Betriebs von sozialen Medien mit Kommentarfunktion differenzierte Anforderungen an die Ermittlung der Überwachungseignung, welche den jeweiligen tatsächlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen haben. In dieser Konstellation hängt die Mitbestimmungspflicht in tatsächlicher Hinsicht davon ab, ob im konkreten Fall bei objektiver Betrachtung eine nach Maßgabe des Schutzzwecks des Mitbestimmungstatbestandes hinreichende Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass durch den Betrieb des jeweiligen sozialen Mediums mit Kommentarfunktion Nutzerkommentare über das Verhalten oder die Leistung von Beschäftigten in einem Umfang zu erwarten sind oder - sofern dies nicht von vornherein der Fall ist - im Verlaufe des Betriebs tatsächlich eingestellt werden, dass durch deren Speicherung und etwaige Auswertung durch die Dienststelle ein Überwachungsdruck für die Beschäftigten erzeugt werden kann.

Die vorliegende Fallkonstellation, in der Dritte gegebenenfalls personenbezogene Äußerungen über Beschäftigte einstellen, unterscheidet sich dadurch in tatsächlicher Hinsicht von bisher in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entschiedenen Fällen, in denen die Mitbestimmungspflicht (nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG a. F.) bejaht worden ist, dass in jenen Fallkonstellationen verhaltens- oder leistungsbezogene Daten von den Beschäftigten selbst im Rahmen ihrer arbeitsvertraglichen oder dienstlichen Verpflichtungen (tagtäglich) eingegeben, also regelmäßig anfallen und gespeichert werden, was ihre spätere Auswertung ermöglichte. Demgegenüber ist es bei von der Dienststelle selbst verantworteten Auftritten in sozialen Netzwerken ungewiss, ob und in welcher Häufigkeit Dritte überhaupt Kommentare mit verhaltens- oder leistungsbezogenen Angaben zu einzelnen Beschäftigten erstellen werden, weshalb es sowohl an einer entsprechenden Dateneingabe überhaupt oder jedenfalls an einem permanenten Datenanfall und einer Speicherung solcher Daten fehlen kann. Wird eine Kommentarfunktion zur Verfügung gestellt, können Nutzer sozialer Medien zwar derartige Kommentare verfassen. Ob und in welchem Umfang dies tatsächlich erfolgt, steht aber bei der Bereitstellung des sozialen Mediums nicht fest und kann sich im Laufe seiner Anwendung erheblich ändern. Mit dem regelmäßigen Anfall verhaltens- oder leistungsbezogener Daten und ihrer ebenso regelmäßigen Speicherung sind Kommentare Dritter, also außerhalb eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses stehender Personen aber nur dann wertungsmäßig vergleichbar, wenn ihr Anfall aufgrund der speziellen Einsatzbedingungen ( 6 P 26.90 - BVerwGE 91, 45 <53>), also nach Konstruktion oder konkreter Verwendungsweise (BVerwG, Beschlüsse vom - 6 P 26.90 - BVerwGE 91, 45 <49> und vom - 6 PB 10.06 - juris Rn. 4) der sozialen Medien im Einzelfall in der Weise hinreichend wahrscheinlich ist, dass er bei den Beschäftigten die Befürchtung einer - mit der potenziellen Auswertung der Daten durch die Dienststelle verbundenen - Überwachung begründen kann. Demgegenüber würden, sofern die Strukturierung der Seite bzw. des Kanals objektiv nicht auf eine Mitteilung verhaltens- oder leistungsbezogener Daten angelegt ist, lediglich sporadische Kommentare auch für die Beschäftigten erkennbar von vornherein keine taugliche Grundlage für die Befürchtung einer überwachenden Beurteilung ihres Verhaltens oder ihrer Leistung durch die Dienststellenleitung bieten (vgl. 6 P 10.00 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 8). Ist also nicht zu erwarten, dass einschlägige Nutzerkommentare in beachtlichem Umfang eingestellt werden oder zeigt auch die weitere Entwicklung, dass solche Kommentare entweder nicht angebracht werden oder ihre Anbringung eine eher atypische Ausnahmeerscheinung bleibt, ist eine Mitbestimmung nach dem dargelegten Schutzzweck nicht veranlasst. Dabei ist im Hinblick auf das hier geltend gemachte Begehren bei der tatsächlichen Bewertung der Sachlage zu unterscheiden zwischen der zunächst zu prüfenden Mitbestimmungspflicht der jeweiligen Maßnahme zum Zeitpunkt der erstmaligen Inbetriebnahme der Einrichtung ((1)) und der - insbesondere sofern die Mitbestimmungspflicht nicht bereits zu diesem Zeitpunkt einsetzte - noch weiter zu prüfenden Frage, ob in dem Folgezeitraum bis zum Zeitpunkt der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz tatsächliche Änderungen eingetreten sind, welche die Mitbestimmungspflicht begründeten ((2)).

(1) Da das Mitbestimmungsverfahren durchzuführen ist, wenn die Dienststellenleitung die Maßnahme 'beabsichtigt' (§ 69 Abs. 2 BPersVG a. F./§ 70 Abs. 2 BPersVG), also ihren Willensbildungsprozess mit Blick auf den Gegenstand des Mitbestimmungsrechts abgeschlossen hat ( 5 P 1.22 - PersV 2022, 465 Rn. 17), ist eine prognostische Einschätzung erforderlich, ob zu diesem Zeitpunkt unter Würdigung aller relevanten Einzelfallumstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass einschlägige Nutzerkommentare in beachtlichem Umfang eingestellt und daher potenziell von der Dienststellenleitung zur Kenntnis genommen und verwertet werden können. Diese Prognose ist insbesondere von der objektiven Bewertung der Konzeption des von der Dienststellenleitung verantworteten Auftritts der Dienststelle in den sozialen Medien, also dem jeweiligen Erscheinungsbild abhängig. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Verfassens verhaltens- oder leistungsbezogener Kommentare zu einzelnen Beschäftigten durch Dritte wird in der Regel beispielsweise dann anzunehmen sein, wenn die Dienststelle selbst im Rahmen der Personalgewinnung über konkrete Beschäftigte und deren Tätigkeitsfeld berichtet, hierdurch den Blick des Publikums auf das dienstliche Verhalten und die Leistung von Beschäftigten lenkt und deshalb auch hierauf bezogene Nutzerkommentare erwartet werden können. Demgegenüber wird von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit für die Anbringung entsprechender Kommentare regelmäßig nicht auszugehen sein, wenn Auftritte der Dienststelle in sozialen Medien sachbezogen in allgemeiner Form lediglich über Aufgaben der Dienststelle oder etwa ohne Bezüge zu bestimmten Beschäftigten in Form von Pressemitteilungen über die Tätigkeit der Dienststelle informieren.

(2) Zur Klärung der Frage, ob ein konkreter Auftritt der Dienststelle in sozialen Medien im Laufe der Zeit - insbesondere, wenn er auf der Grundlage der anfänglichen Sachverhaltswürdigung im soeben beschriebenen Sinne zu Beginn nicht der Mitbestimmung unterlag - mitbestimmungspflichtig geworden ist, ist zu prüfen, ob im Folgezeitraum (im Falle gerichtlicher Prüfung bis zur Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz) tatsächliche Änderungen eingetreten sind, welche die Mitbestimmungspflicht begründen. Dabei ist nicht nur eine Änderung der Konzeption zu berücksichtigen, sondern auch das tatsächliche Verhalten der Nutzer in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Kommt es insbesondere erst im Verlaufe des Betriebs zu einer nennenswerten Zahl verhaltens- oder leistungsbezogener Nutzerkommentare, kann die Überwachungseignung eine gegenüber der ursprünglichen Prognose andere Relevanz erhalten und zu bejahen sein. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Betrachters das Entstehen eines Überwachungsdrucks deshalb nicht anzunehmen ist, weil die Dienststellenleitung derartige Kommentare ohne vorherige Auswertung schnellstmöglich löscht. Dies ist von Bedeutung, weil die Speicherung verhaltens- oder leistungsbezogener Daten im Hinblick auf die Gefahr ihrer späteren Auswertung mitbestimmungsrelevant ist. Deshalb ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, ob und wie die Dienststellenleitung auf derartige Kommentare reagiert. Lässt sie den Dingen freien Lauf und unternimmt nichts, tritt sie der aus Sicht der Beschäftigten objektiv berechtigten Befürchtung nicht entgegen, die Kommentare möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt auszuwerten. Obgleich der Mitbestimmungstatbestand ausschließlich die Überwachung durch die Dienststellenleitung betrifft, verstärkt die Öffentlichkeit der Nutzerkommentare diesen Eindruck, weil sie die Befürchtung nährt, die Dienststellenleitung könnte sich durch eine öffentliche Diskussion von Verhalten oder Leistung einzelner Beschäftigter zu einer Auswertung der Nutzerkommentare veranlasst sehen. Aus der maßgeblichen Sicht eines vernünftigen Beobachters ist jedoch die hinreichende Gefahr einer späteren Auswertung nicht begründet, wenn diese nach den objektiv feststehenden und erkennbaren Bedingungen für den Einsatz der technischen Anlage nicht stattfindet und aus der Sicht eines 'objektiven Betrachters' auch keine Veranlassung zu einer solchen Befürchtung besteht (vgl. 6 P 26.90 - BVerwGE 91, 45 <53>). Als nicht ausreichend wird es dabei regelmäßig anzusehen sein, wenn die Dienststellenleitung dritte Stellen, namentlich die Betreiber sozialer Medien, erst um Löschung ersuchen muss (vgl. - BB 2020, 699) und deshalb eine tatsächliche und zeitnahe Löschung ungewiss bleibt. Ob und in welcher Weise eine Dienststellenleitung im Hinblick auf die Öffentlichkeit der Kommentare sowie allgemein auf die Datenverarbeitung in sozialen Medien (vgl. hierzu Spitzlei, PersV 2022, 334 <338 f.>) aus anderen Gründen (insbesondere der Fürsorgepflicht) zum Schutz Beschäftigter gehalten sein könnte, auf entsprechende Nutzerkommentare zu reagieren (vgl. - BAGE 46, 367 <379>), ist dagegen keine Frage des Personalvertretungsrechts. Unter welchen Voraussetzungen von einem im vorbenannten Sinne mitbestimmungsrechtlich beachtlichen Umfang entsprechender Nutzerkommentare oder ausreichenden Löschungsbemühungen der Dienststellenleitung auszugehen ist, entzieht sich einer verallgemeinernden Festlegung. Dies ist im gerichtlichen Verfahren eine der tatrichterlichen Sachverhaltsfeststellung und -würdigung vorbehaltene Fallfrage."

142. Das Oberverwaltungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder Feststellungen zur Konzeption der fraglichen Facebook-Seite noch zum tatsächlichen Aufkommen von Kommentaren, die Angaben zu Verhalten oder Leistung individualisierter oder individualisierbarer Beschäftigter enthalten, oder zu etwaigen Löschungsbemühungen des Beteiligten getroffen. Damit fehlt es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen für eine abschließende Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, ob die Voraussetzungen für ein Eingreifen des Mitbestimmungstatbestandes vorliegen. Das gilt sowohl für die Entscheidung, ob die Mitbestimmungspflicht bereits gemäß § 88 Abs. 1 Nr. 32 HmbPersVG eingriff, als der Beteiligte beschloss, die Facebook-Seite mitsamt der Kommentarfunktion erstmals zu betreiben und dies umsetzte, als auch - insbesondere sofern die Mitbestimmungspflicht nicht bereits zu diesem Zeitpunkt eingriff und fortbestand - für die Entscheidung, ob in dem Folgezeitraum bis zum Entscheidungszeitpunkt der letzten Tatsacheninstanz tatsächliche Änderungen eingetreten sind, welche die Mitbestimmungspflicht begründet haben. Die Sache ist daher zur Nachholung der entsprechenden tatsächlichen Feststellungen und ihrer tatrichterlichen Würdigung sowie zu einer dies berücksichtigenden erneuten Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:040523B5P2.22.0

Fundstelle(n):
SAAAJ-46696