Instanzenzug: LG Kempten Az: 1 KLs 260 Js 5276/21
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Betruges in 109 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 254.360,83 Euro angeordnet, davon in Höhe von 25.740,43 Euro als Gesamtschuldnerin mit dem Einziehungsbeteiligten. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2Die Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch der Angeklagten wegen Betruges in 109 Einzelfällen. Jedoch ist die Ausgangsentscheidung in Bezug auf die Festsetzung von Einzelstrafen sowie die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen nicht in vollem Umfang frei von Rechtsfehlern.
31. Das Landgericht hat es in den Fällen 11, 41, 60 und 79 der Urteilsgründe versäumt, Einzelstrafen festzusetzen. Insoweit setzt der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Einzelstrafen in den vorgenannten Fällen – wie in der Beschlussformel ausgeführt – selbst fest. Zur Begründung führt der Generalbundesanwalt näher aus:
„Aus den Urteilsgründen ergibt sich hinsichtlich der Fälle 11, 41 und 79, dass die Strafkammer in vergleichbaren Fällen, in denen die Schadenssumme zwischen 2.000 Euro und 4.000 Euro lag, jeweils auf Einzelstrafen von neun Monaten erkannt hat (UA S. 20). Bezüglich des Falls 60 hat die Strafkammer in vergleichbaren Fällen, in denen die Schadenssumme zwischen 4.000 Euro und 6.000 Euro lag, jeweils auf eine Einzelstrafe von zehn Monaten erkannt (UA S. 20). Spezielle Strafzumessungstatsachen, die eine unterschiedliche Beurteilung im Übrigen rechtfertigen könnten, sind nicht festgestellt. Es ist somit auszuschließen, dass das Landgericht in den vorbenannten Fällen abweichende Einzelstrafen verhängt hätte.“
4Dem schließt sich der Senat an. Das Verbot der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) steht der Nachholung der Festsetzung nicht entgegen (BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 482/21 Rn. 12 und vom – 4 StR 433/10 Rn. 2 mwN).
52. Der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB bedarf der Korrektur. Es ist gegen die Angeklagte nur die Einziehung eines Geldbetrags in Höhe von 249.527,05 Euro, davon in Höhe von 20.906,65 Euro als Gesamtschuldnerin, anzuordnen. Insoweit führt der Generalbundesanwalt zur Begründung näher aus:
„Im Fall 58 der Urteilsgründe hat die Angeklagte die Überweisung in Höhe von 4.833,78 Euro auf ein Bankkonto des Einziehungsbeteiligten M. veranlasst, auf das nur er Zugriff hatte. Damit hat die Angeklagte den vorgenannten Vermögenswert weder durch noch für eine rechtswidrige Tat erlangt. Nach § 73 Abs. 1 StGB unterliegen Vermögensgegenstände, die der Täter oder Teilnehmer durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt hat, zwingend der Einziehung. ‚Durch‘ die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB ist ein Vermögenswert jedoch nur dann, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des Tatablaufs derart zugeflossen ist, dass er dessen faktischer Verfügungsgewalt unterliegt. Faktische Verfügungsgewalt liegt jedenfalls dann vor, wenn der Tatbeteiligte im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen kann ( mwN). Dies war hier nicht der Fall.“
6Auch dem schließt sich der Senat an, weil insbesondere angesichts des Zeitablaufs nicht von einer zweiten Tatsachenverhandlung zu erwarten ist, dass die Weiterleitung dieses Geldbetrags an die Angeklagte tragfähig festgestellt werden kann; der Senat reduziert daher den Betrag der Einziehung des Wertes von Taterträgen um die vorgenannten 4.833,78 Euro. In Höhe dieses Betrages entfällt die vom Landgericht angeordnete Einziehung.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:150623B1STR140.23.0
Fundstelle(n):
SAAAJ-45004