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FG des Landes Sachsen-Anhalt Urteil v. - 5 K 819/18

Gesetze: EStG § 11 Abs. 1 S. 1, EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, EStG § 20 Abs. 2 Nr. 7 S. 1, EStG § 20 Abs. 2 S. 2, EStG § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 10, EStG § 43a Abs. 1 Nr. 1, EStG § 44 Abs. 1 S. 1, EStG § 44 Abs. 1 S. 3, AO § 169 Abs. 1 S. 1, AO § 169 Abs. 2 S. 2, AO § 171 Abs. 15, AO § 173 Abs. 1 Nr. 1, AO § 370 Abs. 1 Nr. 2, BGB § 387, BGB § 389

Kapitalerträge aus der Aufrechnung von Forderungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter

keine Verpflichtung der Kapitalgesellschaft zum Kapitalertragsteuereinbehalt bei Erwerb einer Forderung gegen die Kapitalgesellschaft durch die Gesellschafterin und anschließender Aufrechnung mit einer eigenen gegenüber der Kapitalgesellschaft bestehenden Verbindlichkeit

Steuerhinterziehung der Gesellschafterin durch die unterlassene Angabe der Aufrechnung von wechselseitigen Forderungen mit der GmbH in der Einkommensteuererklärung

Leitsatz

1. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG umfasst, unabhängig von der Bezeichnung und ihrer zivilrechtlichen Ausgestaltung, alle Formen der Kapitalforderungen, mithin jede auf Geld gerichtete Forderung, also auch private Kapitalforderungen der Gesellschafter gegen ihre Gesellschaft, egal auf welchem Rechtsgrund sie beruhen.

2. Soweit sich aus den Regelungen des § 44 Abs. 2 EStG und § 44 Abs. 3 EStG nichts Abweichendes ergibt, sind Kapitalerträge gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG im Zeitpunkt der objektiven Vermögensmehrung zugeflossen. Im Falle der Aufrechnung mit einer Forderung gegen den Steuerpflichtigen ist der Zufluss in dem Moment bewirkt, in dem die Aufrechnungserklärung zugeht.

3. Erwirbt die Gesellschafterin eine gegen die Kapitalgesellschaft bestehende nicht verbriefte Geldforderung und rechnet sie diese gegen eine eigene gegenüber der Kapitalgesellschaft bestehende Verbindlichkeit auf, so liegt eine zu Kapitaleinkünften führende „Rückzahlung” im Sinne des § 20 Abs. 2 S. 2 EStG vor; insoweit ist die Kapitalgesellschaft allerdings nicht auszahlende Stelle im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b EStG in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Satz 4 Buchst. a Doppelbuchst. aa) EStG und somit nicht zum Kapitalertragsteuereinbehalt verpflichtet, weil sie die aufgerechnete Forderung nicht für die Gesellschafterin verwahrt, verwaltet oder deren Veräußerung durchführt.

4. Hat die Gesellschafterin weder ihrer Einkommensteuererklärung eine Anlage KAP beigefügt noch die erfolgte Aufrechnung der wechselseitigen Forderungen mit der GmbH in anderer Form gegenüber dem Finanzamt offengelegt, hat sie den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, nämlich das pflichtwidrige Inunkenntnislassen der Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen, verwirklicht. Ein zumindest bedingter Vorsatz als Voraussetzung für den subjektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung kann aber nicht unterstellt werden, wenn keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die einen Schluss darauf zulassen, dass die Gesellschafterin zumindest billigend den tatbestandlichen Erfolg der Steuerhinterziehung in Kauf genommen hat.

Fundstelle(n):
BBK-Kurznachricht Nr. 17/2023 S. 763
BBK-Kurznachricht Nr. 17/2023 S. 764
PAAAJ-44704

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