Sachmängelhaftung: Aufwendungsersatzanspruch des Käufers bei Einbau der mangelhaften Kaufsache in eine andere Sache im Rahmen eines Vorfertigungsprozesses; Herstellung einer neuen Sache durch den Einbauvorgang
Leitsatz
1. Der Anwendungsbereich des Aufwendungsersatzanspruchs gemäß § 439 Abs. 3 BGB ist unter dem Gesichtspunkt des Einbaus der mangelhaften Kaufsache in eine andere Sache auch dann eröffnet, wenn sich ein Sachmangel der Kaufsache bereits im Rahmen eines - ihrer Art und ihrem Verwendungszweck entsprechenden - Vorfertigungsprozesses zeigt und es deshalb nicht mehr zum Abschluss des Einbauvorgangs kommt.
2. Sofern die Kaufsache nicht untrennbar mit einer anderen Sache verbunden wird, sondern in ihrer ursprünglichen Sacheigenschaft noch vorhanden ist, steht es dem Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 439 Abs. 3 BGB nicht entgegen, dass durch den Einbauvorgang eine neue Sache hergestellt wird.
Gesetze: § 439 Abs 3 BGB vom
Instanzenzug: Az: I-15 U 82/21 Urteilvorgehend Az: 30 O 5/21
Tatbestand
1Die Klägerin bestellte am bei der Beklagten zu einem Gesamtpreis von 785.038,64 € Edelstahlrohre mit einem maritimen Konformitätszertifikat, welches unter anderem die Verwendung der Rohre für den Schiffbau gestattet. Die Klägerin benötigte die Rohre, um diese in zwei Kreuzfahrtschiffen ihrer Auftraggeberin als Rohrleitungssysteme zum Transport von LNG-Gas zu montieren. Nach der Lieferung der Rohre durch den indischen Hersteller zeigte die Klägerin der Beklagten - vor der (letztlich nicht durchgeführten) Montage in den Schiffskörpern - angebliche Materialfehler an und forderte diese zur Lieferung mangelfreier Rohre auf. Die Beklagte lieferte der Klägerin daraufhin neue Rohre.
2Die Klägerin behauptet, bereits vor der Entdeckung der Materialfehler habe sie mit der Vorfertigung der Rohrleitungssysteme begonnen. Die Vorfertigung bestehe im Wesentlichen darin, die Rohre zu sogenannten Rohrleitungsspools zusammenzuschweißen beziehungsweise -zubauen. Aufgrund der bereits vor der Montage in den Schiffskörpern entdeckten Materialfehler der Rohre habe sie die Vorfertigung eingestellt und die Rohrleitungsspools wieder auseinandergebaut, um nach dem Austausch der Rohre die übrigen von ihr benutzten Bauteile (Rohrleitungsfittinge und Messstutzen) im Rahmen der erneuten Vorfertigung mit den nachgelieferten Rohren wiederverwenden zu können.
3Mit der Klage hat die Klägerin Ersatz der Kosten verlangt, die nach ihrer Behauptung durch das Auseinanderbauen der im Rahmen der ersten Vorfertigung erstellten Rohrleitungsspools sowie durch die Aufbereitung der Fittinge und Messstutzen entstanden seien. Ferner hat sie Ersatz der von ihr behaupteten Kosten für die erneute Vorfertigung bis zum Erreichen des Leistungsstands der ersten Vorfertigung begehrt.
4Die zuletzt auf Zahlung von 1.372.516,82 € nebst Zinsen gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.
Gründe
5Die Revision hat Erfolg.
I.
6Das Berufungsgericht (OLG Köln, ZIP 2022, 1160) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7Zutreffend und von der Berufung unbeanstandet habe das Landgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB verneint, weil die Beklagte etwaige Mängel der von ihr selbst nicht hergestellten Rohre jedenfalls nicht zu vertreten habe.
8Auch ein verschuldensunabhängiger Aufwendungsersatzanspruch aus § 439 Abs. 3 BGB aF stehe der Klägerin nicht zu. Der gegebene Fall werde vom Wortlaut der Vorschrift nicht erfasst. Weder habe die Klägerin die von der Beklagten gekauften Rohre in eine andere Sache eingebaut noch an eine andere Sache angebracht. Nach der Verkehrsanschauung liege ein Einbau nur dann vor, wenn die Kaufsache mit einer anderen Sache in der Weise körperlich verbunden werde, dass sie unselbständiger Bestandteil dieser anderen Sache werde. Unter Anbringen sei eine Verbindung der mangelhaften Sache mit einer anderen Sache zu verstehen, die dem Einbau vergleichbar sei. Gemeint seien insbesondere Fälle, in denen die mangelhafte Sache nicht in den Korpus einer anderen Sache integriert, sondern lediglich außen an dieser angebracht werde.
9Im Streitfall habe die Klägerin die von der Beklagten gekauften Rohre nicht in der Weise mit einer anderen Sache körperlich verbunden, dass die Rohre unselbstständige Bestandteile einer anderen Sache geworden seien. Vielmehr habe die Klägerin die Rohre miteinander verbunden, indem sie diese zu Rohrleitungsspools zusammengebaut beziehungsweise -geschweißt habe. Eine andere Beurteilung sei auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerin dabei Verbindungselemente (Rohrleitungsfittinge) verwendet habe, die sie offenbar nicht bei der Beklagten erworben habe. Denn die Rohre seien ersichtlich keine unselbstständigen Bestandteile der Verbindungselemente geworden. Entsprechendes gelte für den Einbau der Messstutzen. Ein Einbau der Rohrleitungsspools in die Kreuzfahrtschiffe sei unstreitig nicht erfolgt, so dass es dahinstehen könne, ob dadurch entstandene Kosten ersatzfähig seien.
10Weder das Gebot richtlinienkonformer Auslegung noch der Wille des nationalen Gesetzgebers erforderten es, die Vorschrift des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF über ihren Wortlaut hinaus dahingehend auszulegen, dass sie die hier zu beurteilende Vorfertigung von Rohrleitungsspools erfasse. Jedenfalls sei die Bestimmung nicht auf eine Vorfertigung von Rohrleitungsspools durch einen Unternehmer anzuwenden.
11Die Gesetzesmaterialien belegten, dass der Gesetzgeber einen Aufwendungsersatzanspruch nicht für alle Fälle habe vorsehen wollen, in denen der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung verändere. Dem Gesetzgeber habe eine so weitgehende Ausdehnung der kaufrechtlichen Nachlieferungspflicht nicht vor Augen gestanden, dass davon auch Fälle erfasst wären, in denen die mangelhafte Kaufsache nicht nur unwesentlich verändert, sondern eine neue - andere - Sache hergestellt werde. Sollte die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie es gebieten, den Aufwendungsersatzanspruch bei Verträgen über Verbrauchsgüter auf solche Fälle zu erstrecken, könne § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF jedenfalls auf (dem Anwendungsbereich der Richtlinie nicht unterfallende) Kaufverträge zwischen Unternehmern nicht ausgedehnt werden.
12Zwar habe die Bundesregierung darauf hingewiesen, dass die Bestimmung auslegungsfähig und auslegungsbedürftig sei und ihre Ausfüllung und Konkretisierung der Rechtsprechung überlassen werden könne, welche auch zu berücksichtigen habe, dass die Regelung auf die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zurückgehe. Dies habe die Bundesregierung aber wieder relativiert, denn sie habe ausgeführt, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift eine Grenze finden dürfte, wenn die Kaufsache in ihrer ursprünglichen Sacheigenschaft nicht mehr vorhanden sei.
13Aufgrund dessen könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber eine so weite Ausdehnung der Nachlieferungspflicht vor Augen gestanden habe, dass diese auch Fälle erfasse, in denen die mangelhafte Kaufsache nicht nur unwesentlich verändert, sondern durch eine Verbindung mit einem anderen Material und/oder durch Arbeitsleistung eine neue - andere - Sache hergestellt werde. Diese Beurteilung sei sachlich begründet, denn die Entscheidung des Käufers, mit Hilfe der Kaufsache eine neue Sache herzustellen, sei so gewichtig, dass es angemessen erscheine, ihm das damit verbundene Risiko aufzubürden.
14Danach scheide im Streitfall ein Aufwendungsersatzanspruch aus. Das Landgericht habe zu Recht angenommen, dass die Klägerin durch die Verarbeitung und Verbindung der gelieferten Rohre noch vor deren Einbau in die Kreuzfahrtschiffe neue Sachen - die Rohrleitungsspools - geschaffen habe. Der Vorfertigungsprozess könne deshalb nicht als bloße Vorbereitung des Einbaus der Rohre in die Kreuzfahrtschiffe angesehen werden.
15Diese Wertung sei vor allem aufgrund der erheblichen Leistungen gerechtfertigt, die die Klägerin im Rahmen der Vorfertigung habe erbringen müssen und deren Umfang sich in der Höhe der den Kaufpreis weit übersteigenden Klageforderung spiegele. Die Klägerin habe zudem vorgetragen, die Rohre zusammengebaut beziehungsweise an von ihr vorbereiteten Nähten zusammengeschweißt zu haben. Anschließend habe sie die Rohre zu Reinigungszwecken beizen und anstreichen müssen. Dabei habe sie nach ihrem Vortrag nach Plänen gearbeitet, die jedenfalls nicht von der Beklagten stammten. Dies zeige, dass die Rohrleitungsspools offenbar auf die "konkreten Bedürfnisse der Kreuzfahrtschiffe" ausgelegt gewesen seien und somit ein neuer Funktionszweck geschaffen worden sei. Jedenfalls seien die Möglichkeiten, die Rohre zu verwenden, durch die Vorfertigung deutlich eingeschränkt worden. Ein Auseinanderbauen sei zwar nicht unmöglich, habe aber einen erheblichen Aufwand erfordert.
II.
16Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
171. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht allerdings einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB verneint, weil die Beklagte den behaupteten Sachmangel der gekauften Rohre jedenfalls nicht zu vertreten habe und ihr ein etwaiges Verschulden des Herstellers nicht gemäß § 278 BGB zurechenbar sei (vgl. nur , BGHZ 200, 337 Rn. 31 mwN; vom - VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 97).
182. Jedoch kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ein verschuldensunabhängiger Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin gemäß § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB in der gemäß Art. 229 §§ 39, 58 EGBGB maßgeblichen, vom bis zum geltenden Fassung (im Folgenden: aF) nicht verneint werden. Nach dieser Vorschrift ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen, wenn der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht hat.
19Nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Tatsachenvortrag der Klägerin wiesen die ursprünglich gelieferten Rohre Sachmängel auf und hat die Klägerin diese bereits vor der Fertigstellung des bestimmungsgemäßen Einbaus in die Kreuzfahrtschiffe im Rahmen eines vorgelagerten Vorfertigungsprozesses bei der Herstellung von - seitens des Landgerichts als komplexes Rohrleitungssystem bezeichneten - Rohrleitungsspools festgestellt.
20Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, ist auch dieser Fall vom Tatbestandsmerkmal des Einbaus der Kaufsache in eine andere Sache im Sinne von § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF erfasst und ist - entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Auffassung der Revisionserwiderung - mit der Herstellung der Rohrleitungsspools eine für die Beurteilung des Aufwendungsersatzanspruchs der Klägerin aus § 439 Abs. 3 BGB aF maßgebliche Zäsur nicht verbunden. Denn der Vorfertigungsprozess war Bestandteil des - der Art und dem Verwendungszweck der Rohre entsprechenden - Einbaus in die Kreuzfahrtschiffe (dazu nachfolgend unter a). Zu Unrecht hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angenommen, dem Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin stehe entgegen, dass sie im Rahmen der Vorfertigung eine neue Sache hergestellt habe (dazu nachfolgend unter b).
21a) In Anbetracht des Gesetzeswortlauts, der Gesetzeshistorie und -begründung sowie des Regelungszwecks der Vorschrift unterfällt - wie die Revision zu Recht geltend macht - bereits die von der Klägerin vorgenommene Vorfertigung der Rohre zu Rohrleitungsspools zum Zweck des bestimmungsgemäßen Einbaus in Kreuzfahrtschiffe dem Tatbestandsmerkmal des Einbaus der Kaufsache in eine andere Sache, obwohl die Rohrleitungsspools bei Entdeckung der Sachmängel noch nicht in die Schiffskörper integriert worden waren.
22Auf den von der Revision ergänzend angeführten Gesichtspunkt, jedenfalls sei das - auf Anregung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (BT-Drucks. 18/11437, S. 40) als Verdeutlichung in das Gesetz eingefügte - Tatbestandsmerkmal des Anbringens der Kaufsache an eine andere Sache erfüllt, kommt es somit nicht an. Es bedarf im Streitfall auch keiner Entscheidung, ob über den Wortlaut des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF hinaus bei dem Einbau in eine andere Sache oder dem Anbringen an eine andere Sache vergleichbaren, dem Verwendungszweck der Kaufsache entsprechenden Veränderungen eine analoge Anwendung der Vorschrift geboten ist (siehe dazu BeckOK-BGB/Faust, Stand: , § 439 Rn. 114 ff.; BeckOGK-BGB/Höpfner, Stand: , § 439 Rn 69 ff.; jeweils mwN).
23aa) Entgegen der von der Revisionserwiderung geteilten Sichtweise des Berufungsgerichts ist es mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar, bereits die - der Art und ihrem Verwendungszweck entsprechende - Verbindung gekaufter Rohre zu Rohrleitungsspools zum Zwecke des Einbaus in Kreuzfahrtschiffe als vom Tatbestandsmerkmal des Einbaus der Kaufsache in eine andere Sache umfasst zu beurteilen, auch wenn die Rohrleitungsspools noch nicht in den Schiffskörper integriert worden sind.
24(1) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass ein Einbau der Kaufsache in eine andere Sache nach dem allgemeinen Sprachgebrauch - unbeschadet der hier nicht entscheidungserheblichen Frage, wie andere vergleichbare Veränderungen der Kaufsache zu beurteilen sind - jedenfalls bei einer körperlichen Verbindung der Kaufsache mit einer anderen Sache gegeben ist (vgl. etwa BeckOGK-BGB/Höpfner, Stand: , § 439 Rn. 67; jurisPK-BGB/Pammler, Stand: , § 439 Rn. 153; Dauner-Lieb, BauR 2018, 305, 309; Bleckat, VuR 2019, 254, 255). Das Berufungsgericht hat einen Einbau "in eine andere Sache" in Anbetracht dessen verneint, dass die zu Spools zusammengefügten Rohre bei der Entdeckung ihrer Mangelhaftigkeit noch nicht in die Schiffskörper integriert gewesen seien; das bloße Zusammenfügen der Rohre mit Verbindungselementen rechtfertige keine andere Bewertung, weil die Rohre nicht unselbständige Bestandteile der Verbindungselemente geworden seien.
25(2) Diese Sichtweise geht fehl. Das Berufungsgericht hat sich von einem zu engen Verständnis des Merkmals des Einbaus der Kaufsache in eine andere Sache leiten lassen.
26(a) Das Berufungsgericht hat seinen Blickwinkel bereits insoweit in unzulässiger Weise verengt, als es - ohne Begründung - angenommen hat, es komme darauf an, dass die Kaufsache unselbständiger Bestandteil der anderen Sache werde (eine solche Einschränkung ebenfalls befürwortend: Höpfner/Fallmann, NJW 2017, 3745; BeckOGK-BGB/Höpfner, Stand: , § 439 Rn. 66; distanzierend aber BeckOGK-BGB/Höpfner, aaO, § 439 Rn. 67 Fn. 375). Für ein solches restriktives Verständnis, den Aufwendungsersatzanspruch aus § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF darauf zu beschränken, dass die Kaufsache beim Einbau unselbständiger Bestandteil der anderen Sache wird, sind Anhaltspunkte im Gesetzeswortlaut jedoch nicht zu erkennen (vgl. Erman/Grunewald, BGB, 17. Aufl., § 439 Rn. 9, unter Hinweis darauf, das wohl dem § 93 BGB entlehnte Kriterium diene der Klärung sachenrechtlicher Fragestellungen, die im Rahmen der Nacherfüllungspflicht des Verkäufers nicht von Belang seien).
27(b) Ein "Einbau" der (zu Rohrleitungsspools zusammengefügten) Rohre ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Klägerin die Sachmängel bereits bei einer der Endmontage in den Schiffskörpern vorgelagerten Verarbeitungsstufe entdeckt hat.
28(aa) Nach der dem Berufungsurteil zugrunde liegenden Sichtweise wäre ein Einbau der Kaufsache in eine andere Sache erst mit der (abschließenden) Einbauphase, hier mit der Endmontage in die Schiffskörper, gegeben. Dies übersieht jedoch, dass der Einbauvorgang nicht auf seine Schlussphase reduziert werden kann. Der Einbau einer Sache kann sich auch in mehreren Stufen vollziehen. Der Haupt- beziehungsweise Endfertigung können (der Art und dem Verwendungszweck der Kaufsache entsprechende) weitere Stufen der Ver- beziehungsweise Bearbeitung vorausgehen, bei denen Bauteile zusammengefügt und für die Endmontage vorbereitet werden. Mit dem Gesetzeswortlaut lässt sich auch die Gesamtheit eines mehrstufigen Einbauvorgangs vereinbaren, einschließlich der Art und dem Verwendungszweck der Kaufsache entsprechenden Ver- oder Bearbeitungsstufen.
29(bb) Hiernach ist ein Einbau der ursprünglich gelieferten Rohre im Sinne des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF auch im gegebenen Fall zu bejahen. Zwar waren die Rohre noch nicht - ihrem abschließenden Verwendungszweck entsprechend - in die Schiffskörper integriert. Die Vorfertigung in Gestalt der Verbindung der Rohre mit Fittingen und Messstutzen zu Rohrleitungsspools diente jedoch dazu, die Haupt- beziehungsweise Endfertigung vorzubereiten. Die Vorfertigung war mithin - jedenfalls nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachvortrag der Klägerin - ein der Art und dem Verwendungszweck der Rohre entsprechender Bestandteil des Einbauvorgangs.
30bb) Dieses Verständnis des Gesetzeswortlauts steht im Einklang sowohl mit der Gesetzeshistorie als auch mit der Gesetzesbegründung.
31(1) § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF wurde durch Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren vom (BGBl. I S. 969) mit Wirkung zum eingeführt.
32(2) Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz sah - worauf das Berufungsgericht zu Recht hingewiesen hat - ursprünglich vor, die Vorschrift nicht nur auf den Einbau der Kaufsache zu begrenzen, sondern auf alle Fälle zu erstrecken, in denen "der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung verändert" hat (RefE, S. 6, 40 f.). Zwar wurde dies in den Regierungsentwurf - insoweit ohne Begründung - nicht übernommen; die Vorschrift wurde (zunächst) auf Einbaufälle beschränkt (BT-Drucks. 18/8486, S. 9, 39). Zwar hat die Bundesregierung auf die vom Bundesrat in diesem Zusammenhang geäußerten Bedenken, sachgerecht erscheine eine Anwendung auf alle Kaufsachen, die der Käufer in irgendeiner Form mit anderen Sachen verbinde (Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks., aaO S. 83), in ihrer Gegenäußerung erklärt, sie werde das Anliegen des Bundesrates prüfen (BT-Drucks., aaO S. 95). Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurde der Wortlaut der Vorschrift allerdings insoweit letztlich nicht geändert.
33Jedoch kann daraus nicht hergeleitet werden, dass Vorfertigungsvorgänge - wie sie hier in Rede stehen - nicht als Bestandteil des Einbaus im Sinne der Vorschrift des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF gewertet werden können. Denn die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der im Gesetz nicht näher bestimmte Begriff des Einbaus der Kaufsache in eine andere Sache auslegungsfähig und auslegungsbedürftig sei und dass die Ausfüllung und Konkretisierung dieses Rechtsbegriffs der Rechtsprechung überlassen werden könne (BT-Drucks., aaO). Darüber hinaus hat sie deutlich gemacht, dass ein Einbau einer Kaufsache gemäß deren Art und Verwendungszweck in eine andere Sache und der Ausbau in vielerlei Varianten erfolgen könne, zum Beispiel durch Ein- und Ausschrauben, Nieten und Bohren, Schweißen und Heraus- oder Abtrennen (BT-Drucks., aaO).
34(3) Bereits vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, das Tatbestandsmerkmal des Einbaus der Kaufsache in eine andere Sache weder auf eine einzelne Variante noch - wie das Berufungsgericht möglicherweise gemeint hat - auf eine einzelne Fallgruppe zu beschränken, in der die Kaufsache ohne weitere (vorbereitende) Arbeitsvorgänge unmittelbar in eine andere Sache eingebaut werden kann. Vielmehr ist es mit Rücksicht auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift sachgerecht, einen - der Art und dem Verwendungszweck der Kaufsache entsprechenden - Vorfertigungsprozess als Bestandteil des Einbauvorgangs zu werten.
35cc) Diese Bewertung wird vom Gesetzeszweck des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF gefordert.
36(1) Zentrales Anliegen des Gesetzgebers war eine Entlastung der Handwerker und anderer Werkunternehmer. Zwar stand ihm dabei in erster Linie die Baubranche vor Augen (vgl. BT-Drucks. 18/8486, S. 1), jedoch ist der Gesetzeszweck nicht auf Bauhandwerker einzuengen, sondern auf alle Werkunternehmer zu erstrecken, die mangelhaftes (Bau-)Material erworben haben (BT-Drucks., aaO S. 2). Diese sollten den Verkäufer des mangelhaften Materials auch dann wegen der Aus- und Einbauleistungen in Anspruch nehmen können, wenn er die Mangelhaftigkeit nicht zu vertreten hat und ein Schadensersatzanspruch nach § 437 Nr. 2, § 280 BGB daher nicht gegeben ist (vgl. BT-Drucks., aaO S. 39).
37Zuvor hatte der Gerichtshof der Europäischen Union durch Urteil vom (EuGH, C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 Rn. 59, 62 - Gebr. Weber und Putz) Art. 3 Abs. 2 und 3 der - vor dem noch maßgeblichen - Richtlinie 1999/44/EG vom zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, ABl. EG Nr. L 171, S. 12) dahin ausgelegt, dass der Verkäufer einer beweglichen Sache im Rahmen einer Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher verpflichtet sein kann, die bereits in eine andere Sache eingebaute mangelhafte Kaufsache auszubauen und die Ersatzsache einzubauen oder die Kosten für beides zu tragen.
38Der Senat hat daraufhin entschieden, § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB sei richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" neben dem Ausbau und Abtransport der mangelhaften Kaufsache auch den Einbau der als Ersatz gelieferten Sache erfasst (Urteile vom - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 25 ff.; vom - VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 16). Diese richtlinienkonforme Auslegung der genannten Vorschrift war jedoch auf den Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB aF) zu beschränken und nicht auf Kaufverträge außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs, also auf Kaufverträge zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern, zu erstrecken (, aaO Rn. 17 ff.; vom - VIII ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 27; Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 375/11 und VIII ZR 67/12, jeweils juris Rn. 3).
39Dies bedeutete für einen Werkunternehmer, der mangelhaftes Material gekauft und es in Unkenntnis des Mangels bei einem Dritten verbaut hat, dass er diesem aus dem geschlossenen Werkvertrag zum Ausbau des mangelhaften und zum Einbau von mangelfreiem Material verpflichtet war. Von dem Verkäufer konnte er dagegen nach der damals geltenden Rechtslage nur die Lieferung des dafür benötigten neuen Materials verlangen, während er die Kosten des Aus- und Einbaus - von den Fällen einer schuldhaften Pflichtverletzung des Verkäufers abgesehen - selbst zu tragen hatte (vgl. BT-Drucks. 18/8486, S. 1 f., 39). Dem Gesetzgeber war in Anbetracht dessen besonders daran gelegen, die Rechtslage der Werkunternehmer zu verbessern, weil die vorbezeichnete restriktive Handhabung des Nacherfüllungsanspruchs vor allem zu deren Lasten gehe (vgl. BT-Drucks., aaO S. 2).
40(2) Mit dieser bezweckten Entlastung des Werkunternehmers wäre es nicht zu vereinbaren, ihm einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF gegen den Verkäufer mangelhaften Materials zu versagen, wenn die Kaufsache entsprechend ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut werden soll, der Mangel jedoch bereits im Rahmen eines Vorfertigungsprozesses vor Abschluss der Endfertigung offenbar wird. Denn die Entstehung eines Aufwendungsersatzanspruchs wäre andernfalls - worauf die Revision zu Recht hinweist - nicht selten von dem Zufall abhängig, wann im Rahmen eines solchen der Art und dem Verwendungszweck der Kaufsache entsprechenden Prozesses ein Sachmangel offenbar wird. Dies leuchtet wertungsmäßig nicht ein. Ohne Erfolg wendet die Revisionserwiderung hiergegen ein, dass selbst dann, wenn der Einbau direkt in das Schiff erfolgt wäre, nur die Kosten für das bloße Heraustrennen der Rohrleitungsspools mit den mangelhaften Rohren und den Einbau neuer Rohrleitungsspools mit mangelfreien Rohren in das Schiff gemäß § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF zu ersetzen wären. Diese Sichtweise lässt außer Acht, dass bei einem solchen Normverständnis die vom Gesetzgeber bezweckte Entlastung der Werkunternehmer nicht im gebotenen Umfang erreicht würde.
41(3) Ebenso rechtfertigt der Umstand, dass die Klägerin ihrer Auftraggeberin nicht das Entfernen mangelhafter Rohre aus den Schiffen schuldete, weil die vorgefertigten Rohrleitungsspools noch nicht in diese integriert worden waren, keine andere Beurteilung. Denn entscheidend kommt es darauf an, dass der Klägerin durch die Mangelhaftigkeit der ursprünglich gelieferten Rohre ein zusätzlicher Aufwand entstanden ist. Der Gesetzgeber wollte gerade dafür sorgen, "dass Handwerker und andere Unternehmer nicht pauschal auf den Folgekosten von Produktmängeln sitzen bleiben, die der Lieferant oder Hersteller zu verantworten hat" (so BT-Drucks. 18/8486, S. 25). Folgekosten von Produktmängeln können jedoch, wie der vorliegende Fall deutlich macht, bereits dann entstehen, wenn der Einbauvorgang noch nicht abgeschlossen ist (vgl. hierzu auch die in den Gesetzesmaterialien gewählte Formulierung "regelmäßig" [BT-Drucks., aaO S. 39] im Zusammenhang mit der sogenannten "Haftungsfalle" [BT-Drucks., aaO S. 93]).
42Den Interessen der Letztverkäufer und Zwischenhändler, wie hier der Beklagten, hat der Gesetzgeber dabei Rechnung getragen, indem er zum Ausgleich der ausgeweiteten kaufrechtlichen Mängelhaftung darauf hingewirkt hat, dass sie Aufwendungen, die ihnen bei der Erfüllung ihrer kaufrechtlichen Nacherfüllungspflicht entstehen, über Regressvorschriften in der Lieferkette möglichst bis zum Verursacher des Mangels weiterreichen können (vgl. BT-Drucks. 18/8486, S. 41).
43dd) Neben den vorbezeichneten Auslegungskriterien sind schließlich auch unionsrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen. Die Gesetzesmaterialien heben hinsichtlich der Auslegung des Tatbestandsmerkmals des Einbaus in eine andere Sache insbesondere hervor, dass die Regelung des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF auf die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (RL 1999/44/EG) zurückgeht (BT-Drucks. 18/8486, S. 95 f.).
44(1) Zwar wird der hier gegebene Fall eines Kaufvertrags zwischen Unternehmern von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht erfasst. Allerdings kann eine richtlinienkonforme Auslegung für das nationale Recht auch über den Geltungsbereich einer Richtlinie hinaus Bedeutung erlangen, wenn eine überschießende Umsetzung einer Richtlinie in das nationale Recht erfolgt ist. Eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung richtlinienfreien Rechts ergibt sich bei einer solchen richtlinienüberschießenden Umsetzung zwar nicht aus dem Gemeinschaftsrecht. Sie kann sich aber aus nationalem Recht, das heißt aus einem entsprechenden Willen des nationalen Gesetzgebers ergeben (vgl. , BGHZ 195, 135 Rn. 20; vom - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 29; vom - VIII ZR 222/15, BGHZ 212, 140 Rn. 32 ff.; Beschluss vom - II ZB 25/17, ZIP 2021, 566 Rn. 13).
45(a) Eine überschießende Umsetzung der Richtlinie ist hier gegeben. Denn der Gesetzgeber hat die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Entfernens einer mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder einer gelieferten mangelfreien Sache im Rahmen der kaufrechtlichen Nacherfüllung in das deutsche Recht nicht in die Sonderregelungen für den Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB), sondern in die für alle Kaufverträge geltenden Bestimmungen der §§ 433 ff. BGB eingefügt (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 226/11, aaO Rn. 21).
46(b) Die Erstreckung der Nacherfüllungspflicht hinsichtlich der Aufwendungen des Käufers für das Entfernen mangelhafter Kaufsachen und den Einbau oder das Anbringen mangelfreier Sachen auch auf Kaufverträge zwischen Unternehmern entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers (zu diesem Kriterium siehe Senatsurteil vom - VIII ZR 226/11, aaO Rn. 22 ff.), denn ihm war - wie ausgeführt - in besonderer Weise daran gelegen, Werkunternehmer zu entlasten, die mangelhaftes Material erworben haben. Dementsprechend heißt es in den Gesetzesmaterialien, der in § 439 BGB neu einzufügende Anspruch des Käufers auf Ersatz der hierfür erforderlichen Aufwendungen solle "nicht nur für B2C-Geschäfte, sondern für alle Kaufverträge und damit auch für B2B-Geschäfte gelten" (BT-Drucks. 18/8486, S. 27).
47(2) Nach Maßgabe der somit heranzuziehenden unionsrechtlichen Vorgaben ist eine Erstreckung des Aufwendungsersatzanspruchs für die Kosten des Entfernens mangelhafter und den Einbau oder das Anbringen nachgebesserter oder gelieferter mangelfreier Sachen auf die der Endmontage in den Schiffskörpern der Kreuzfahrtschiffe vorgelagerte Rohrvorfertigung geboten.
48Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie muss die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung für den Verbraucher ohne erhebliche Unannehmlichkeiten erfolgen. Dazu hat der Gerichtshof ausgesprochen, der Umstand, dass der Verkäufer das vertragswidrige Verbrauchsgut nicht ausbaue und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut nicht einbaue, stelle zweifellos eine erhebliche Unannehmlichkeit für den Verbraucher dar, insbesondere in Fällen, in denen das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut, um seiner üblichen Bestimmung entsprechend verwendet werden zu können, zunächst eingebaut werden müsse, was den vorherigen Ausbau des vertragswidrigen Verbrauchsguts erforderlich mache (EuGH, C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 Rn. 53 - Gebr. Weber und Putz). Dieser Gesichtspunkt, den die Gesetzesmaterialien besonders betonen (BT-Drucks. 18/8486, S. 95 f.), ist auf Kaufverträge zwischen Unternehmern übertragbar (Hübner, ZfPW 2018, 227, 237 f.). Soweit die Bundesregierung ein "relativ" enges Verständnis des Nacherfüllungsanspruchs hat anklingen lassen, erfolgte dies ersichtlich zur Abgrenzung von dem oben (unter 2 a bb (2)) bereits erwähnten weiter gefassten Vorschlag des Bundesrats (so BT-Drucks. 18/8486, S. 95 f.).
49b) Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung rechtsfehlerhaft - möglicherweise in Anlehnung an den Begriff der Verarbeitung im Sinne von § 950 BGB - angenommen, der geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch sei letztlich bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin durch die Verbindung der gekauften Rohre zu Rohrleitungsspools neue Sachen hergestellt habe (für die Heranziehung der im Rahmen des § 950 BGB entwickelten Grundsätze auch die vom Berufungsgericht angeführte Kommentierung BeckOK-BGB/Faust, Stand: , § 439 Rn. 117).
50aa) Nach den Gesetzesmaterialien soll die Regelung des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF erst dort eine Grenze finden, wo die Kaufsache in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr vorhanden ist. Beispielhaft sind Fälle der untrennbaren Vermengung und Vermischung, etwa bei Flüssigkeiten, Chemikalien oder bei der Stahlverarbeitung angeführt (so BT-Drucks. 18/8486, S. 96). Eine solche Fallgestaltung ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier nicht gegeben. Die Rohre sind - wie letztlich auch die Revisionserwiderung mit ihrem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unterbreiteten Argument, die Rohre seien nur mit erheblichem Aufwand trennbar, nicht in Abrede stellt - nicht untrennbar mit anderen Sachen verbunden worden. Eine Demontage war nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB).
51bb) Das Berufungsgericht hat jedoch gemeint, ein Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin sei gleichwohl nicht gegeben, weil sie bei der Vorfertigung der Rohre zu Rohrleitungsspools eine neue Sache hergestellt habe.
52(1) Dies trifft nicht zu.
53(a) Nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachvortrag der Klägerin entsprach die Vorfertigung zu Rohrleitungsspools der Art und dem Verwendungszweck der gekauften Rohre. Gegenteilige Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Der Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin darf deshalb nicht mit der Begründung versagt werden, die Rohrleitungsspools seien "offenbar auf die konkreten Bedürfnisse der Kreuzfahrtschiffe" ausgelegt gewesen und die Verwendungsmöglichkeiten der Rohre seien "durch die Vorfertigung deutlich eingeschränkt" worden, denn gerade dies entsprach dem bestimmungsgemäßen Verwendungszweck der gekauften Rohre. Auch hat der wesentliche wirtschaftliche Funktionszweck der Rohre sich durch die Vorfertigung entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht geändert. Sowohl die gekauften Rohre als auch die zu Rohrleitungsspools verbundenen Rohre sollten der Durchleitung von Substanzen, hier LNG-Gas, dienen.
54(b) Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, ist auch der mit der Rohrvorfertigung und der Demontage verbundene, den Kaufpreis übersteigende Aufwand nicht ohne Weiteres geeignet, den Aufwendungsersatzanspruch zu versagen. Dem Gesetzgeber war bewusst, dass die Ansprüche des Käufers einen erheblichen Umfang haben können (BT-Drucks. 18/8486, S. 41), weil die Kosten für das Entfernen mangelhafter Kaufsachen und den Einbau neuer Sachen sehr hoch sein können (BT-Drucks., aaO S. 39). Gerade deshalb war dem Gesetzgeber indes an einer Entlastung der Werkunternehmer (in ihrer Eigenschaft als Käufer) gelegen.
55Abgesehen davon, dass der Aufwendungsersatzanspruch durch das einschränkende Kriterium des Einbaus entsprechend der Art und dem Verwendungszweck der Kaufsache begrenzt wird, ist der Verkäufer zudem vor einer - seitens der Revisionserwiderung befürchteten - übermäßigen Inanspruchnahme dadurch geschützt, dass der Käufer nur Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen kann. Überdies ist es dem Verkäufer - hier der Beklagten - gegebenenfalls unbenommen, die Nacherfüllung zu verweigern, sofern diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich wäre (§ 439 Abs. 4 BGB). Dahingehende Feststellungen hat das Berufungsgericht jedoch nicht getroffen.
56(2) Ungeachtet dessen ist das - an die Vorschrift des § 950 BGB angelehnte - Kriterium der Herstellung einer neuen Sache auch nicht geeignet, einen Aufwendungsersatzanspruch des Käufers gemäß § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF zu verneinen. Solange der Einbau der Kaufsache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck erfolgt, erschließt sich nicht, aus welchem Grund individualisierende Veränderungen der Kaufsache im Rahmen eines Be- oder Verarbeitungsprozesses zum Ausschluss des Aufwendungsersatzanspruchs führen sollten, sofern der Einbau revidierbar ist. Nach den Gesetzesmaterialien soll der Aufwendungsersatzanspruch eine Grenze (erst) dort finden, "wo die Kaufsache in ihrer ursprünglichen Sacheigenschaft nicht mehr vorhanden ist" (BT-Drucks. 18/8486, S. 96).
57Die vom Berufungsgericht demgegenüber in der Sache vertretene anspruchseinschränkende Sichtweise, wonach nur Veränderungen, die unterhalb der Schwelle der Verarbeitung (im Sinne von § 950 BGB) bleiben, in den Risikobereich des Verkäufers fallen sollen, während bei darüber hinausgehenden Veränderungen die Entscheidung des Käufers zur Vornahme der Veränderung so gewichtig sei, dass er auf eigenes Risiko handele, war im Gesetzgebungsverfahren bekannt (vgl. Faust, Wer trägt die Kosten mangelhafter Baumaterialien? - Umfang der Mängelhaftung und Regress, Tagungsband des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, 2015, S. 33, 38). Sie hat jedoch weder im Gesetz noch in den Gesetzesmaterialien einen Niederschlag gefunden.
III.
58Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht entscheidungsreif und daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die gebotenen Feststellungen treffen kann (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:210623UVIIIZR105.22.0
Fundstelle(n):
NJW 2023 S. 10 Nr. 32
WM 2023 S. 1847 Nr. 39
ZIP 2023 S. 1647 Nr. 31
AAAAJ-44654