Auswirkungen einer Änderung der Zinsfestsetzungen bei bereits erfolgtem Erlass von Zinsen gem. § 233a AO
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1 Auswirkung der Änderung der Zinsfestsetzung auf einen ausgesprochenen Erlass
Führt eine Änderung der Steuerfestsetzung auch zu einer Herabsetzung bisher festgesetzter Nachzahlungszinsen, wirkt sich dies wie folgt auf einen zuvor gewährten Erlass aus:
Gesetzliche Regelung des § 233a Abs. 8 Satz 3 AO
Gemäß § 233a Abs. 8 Satz 3 AO mindert sich der Zinsverzicht nach § 233a Abs. 8 Satz 1 AO entsprechend, soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach § 233a Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen. Die gesetzlichen Neuregelungen des § 233a Abs. 8 AO sind gemäß Artikel 97 § 15 Abs. 14 EGAO vorbehaltlich des § 176 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Abgabenordnung in allen am anhängigen Verfahren anzuwenden.
Neben der Regelung des § 233a Abs. 8 Satz 3 AO bzw. soweit die Regelung des § 233a Abs. 8 Satz 3 AO nicht greift, gilt folgendes:
Erlass erfolgte unter der folgenden auflösenden Bedingung
„Soweit die mit diesem Bescheid erlassenen Nachzahlungszinsen später aufgrund einer Änderung oder Aufhebung der dem Erlass zugrundeliegenden Zinsfestsetzung entfallen, entfällt der ausgesprochene Erlass rückwirkend (auflösende Bedingung).“
Tritt die auflösende Bedingung ein, ist keine Erteilung eines berichtigten Erlassbescheids erforderlich, der Erlass entfällt rückwirkend auf der Grundlage der auflösenden Bedingung (vgl. , BFH/NV 2004 S. 154).
Erlass erfolgte ohne auflösende Bedingung
Enthält die Erlassverfügung keine auflösende Bedingung, ist davon auszugehen, dass sich durch die nachträgliche Herabsetzung der Zinsfestsetzung der Erlass insoweit auf andere Weise gem. § 124 Abs. 2 AO erledigt hat, als die vom Erlass erfassten Zinsen durch die Herabsetzung entfallen sind, so dass der Erlass ebenfalls nicht förmlich widerrufen/zurückgenommen werden muss (vgl. hierzu , BStBl III 1958 S. 184).
1.1 Vollständiger Erlass festgesetzter Nachzahlungszinsen
Durch die Erlassverfügung wurden die im letzten zusammengefassten Verwaltungsakt (= nachfolgend Steuerbescheid) festgesetzten Nachzahlungs-Zinsen vollständig erlassen.
Vor Ablauf des ersten vollen Zinsmonats leistet eine Steuerbürgerin / ein Steuerbürger eine freiwillige Zahlung vor Festsetzung der zu verzinsenden Steuer. Die im Steuerbescheid festgesetzten Nachzahlungszinsen werden in vollem Umfang erlassen. In einem nachfolgenden Änderungsbescheid werden die Nachzahlungszinsen auf 0 € herabgesetzt (und zugleich Erstattungszinsen festgesetzt).
Im maschinell erstellten Steuerbescheid, in dem die Nachzahlungszinsen auf 0 € herabgesetzt werden, ist in diesen Fällen auch die Abrechnung zur Zinsfestsetzung grundsätzlich zutreffend; maschinell wird regelmäßig richtigerweise unterstellt, dass der Erlass rückwirkend vollumfänglich entfallen ist. Eine nachträgliche Buchung eines veränderten Erlassbetrags ist nicht erforderlich.
1.2 Teilweiser Erlass von Nachzahlungszinsen
Durch die Erlassverfügung wurden die im letzten Steuerbescheid festgesetzten Zinsen nur teilweise erlassen.
Bei dieser Fallkonstellation ist personell zu überprüfen, ob bzw. inwieweit der bisherige Erlass noch seine Berechtigung hat bzw. inwieweit die auflösende Bedingung eingetreten ist oder sich der Erlass auf andere Weise erledigt hat. In derartigen Fällen sollte regelmäßig ein maschineller Hinweis (E-Hinweis 237) einen Anstoß zur Überprüfung geben.
Mit geändertem Steuerbescheid 2012 vom wurden Nachzahlungszinsen in folgender Höhe festgesetzt:
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Unterschiedsbetrag zu Ihren Ungunsten | 835.473
€ | |
zu
verzinsen | ||
835.473
€ zu Ihren Ungunsten | ||
835.450
€ vom
bis
| ||
(48 volle
Monate zu 0,5 % = 24 %) | 200.508
€ |
Die Steuerbürgerin leistete folgende freiwillige Zahlungen vor Festsetzung der zu verzinsenden Steuer:
Am : 308.000 € und am : 340.000 €
Auf Grundlage von Tz. 70.1 des AEAO wurde ein Erlass in folgender Höhe ausgesprochen:
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1. | freiwillige
Leistung | 308.000
€ | |
Beginn des
fiktiven Zinslaufs: | |||
Ende des
fiktiven Zinslaufs | |||
(=
Wirksamkeit der Steuerfestsetzung) | |||
Zu
erlassende Nachzahlungszinsen | |||
308.000
€ * (35 volle Monate zu 0,5 %) 17,5 % = | 53.900
€ | ||
2. | freiwillige
Leistung | 340.000
€ | |
Beginn des
fiktiven Zinslaufs: | |||
Ende des
fiktiven Zinslaufs | |||
(=
Wirksamkeit der Steuerfestsetzung) | |||
Zu
erlassende Nachzahlungszinsen | |||
340.000
€ * (3 volle Monate zu 0,5 %) 1,5 % = | 5.100
€ |
Zinsen wurden i.H. von 59.000 € (53.900 € + 5.100 €) erlassen.
Bei einer nachfolgenden Änderung des Steuerbescheids ergab sich neben der Festsetzung von Erstattungszinsen folgende Minderung bisher festgesetzter Nachzahlungszinsen:
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Minderung
bisher festgesetzter Nachzahlungszinsen | ||
423.500
€ vom
bis
| ||
(48 volle
Monate zu 0,5 % = 24 %) | 101.640
€ | |
Die
Minderung bisher festgesetzter Nachzahlungszinsen bezieht sich somit auf den
gleichen Zinslauf (
bis
) wie im vorangegangenen Bescheid. | ||
Inwieweit
sich der bisherige Zinserlass erledigt hat, berechnet sich wie folgt: | ||
Unterschiedsbetrag lt. Bescheid vom
| 835.450
€ | |
-
nachfolgende Minderung des Unterschiedsbetrags | 423.500
€ | |
Verzinster
Unterschiedsbetrag für den Zeitraum
bis
neu: | 411.950
€ | |
Neuberechnung Zinserlass | ||
308.000
€ * (35 volle Monate zu 0,5 %) 17,5 % (wie bisher) = | 53.900
€ | |
103.950
€ (411.950 € - 308.000 € aufgrund Deckelung auf den
Unterschiedsbetrag) * (3 volle Monate zu 0,5 %) 1,5 % = 1.559,25 €
àgerundet | 1.560
€ |
Leistungen, die den Unterschiedsbetrag übersteigen, sind bei dem Erlass von Nachzahlungszinsen nicht zu berücksichtigen (vgl. AEAO zu § 233a, Nr. 70.1.2).
Nach der Neuberechnung wären noch lediglich Zinsen von 55.460 € (53.900 € + 1.560 €) zu erlassen. Durch die Änderung der Zinsfestsetzung hat sich der bisherige Erlass in Höhe von 3.540 € (59.000 € - 55.460 €) erledigt (=Erlass-Minderungsbetrag). In dieser Höhe sind die vom Erlass erfassten Zinsen durch die Minderung bisher festgesetzter Nachzahlungszinsen entfallen.
Sofern die ursprüngliche Erlassberechnung nicht unter Berücksichtigung des last in - first out - Prinzips erfolgte, ist dieses Prinzip auch nicht bei der Neuberechnung des Zinserlasses anzuwenden. Die gesetzliche Regelung des § 233a Abs. 8 Satz 2 AO in Verbindung mit § 233a Abs. 3 Satz 4 AO und die ab dem diesbezüglich geltende Verwaltungsanweisung des AEAO (AEAO zu § 233a, Nr. 70.1.2) sind in diesen Fällen nicht anzuwenden.
Soweit der Zinserlass (Berechnung fiktiver Erstattungszinsen gemäß § 233a, Nr. 70.1) Zinszeiträume sowohl vor als auch ab dem betrifft und bei der ursprünglichen Erlassberechnung § 238 Abs. 1b AO sinngemäß angewandt wurde, ist bei der Neuberechnung des Zinserlasses § 238 Abs. 1b AO ebenfalls anzuwenden.
2 Anrechnungsverfügung / Abrechnungsteil
Die Buchung eines Erlass-Minderungsbetrags ist grundsätzlich vor Erlass eines geänderten (Zins-)Bescheids durchzuführen. Hierdurch wird die Korrektheit des Abrechnungsteils des Bescheids gewährleistet.
Sofern ein Bescheid mit unzutreffenden Angaben in der Anrechnungsverfügung / im Abrechnungsteil bereits ergangen ist, gilt folgendes:
Die Anrechnungsverfügung entscheidet mit Bindungswirkung nur über die nach den Einzelsteuergesetzen (z.B. § 36 Abs. 2 EStG) vorgeschriebenen Anrechnungsbeträge; nicht jedoch über die gesamten zur Verwirklichung des Steueranspruchs geleisteten Zahlungen. Feststellungen in der Anrechnungsverfügung eines Einkommensteuerbescheides, die über geleistete Zahlungen, Umbuchungen, Erstattungen und dergleichen abrechnen, ergehen nicht in Form eines Verwaltungsaktes und erwachsen folglich zwischen den Beteiligten nicht in Bestandskraft (vgl. , BFH/NV 2007, 200-201).
Eine hinsichtlich des anzurechnenden Erlasses geänderte Abrechnung ist durch eine personelle Abrechnung (TVS-Vordruck Kasse 5000) den Steuerbürgern bekannt zu geben.
OFD Karlsruhe v. - S 0460a
Fundstelle(n):
AO-Kartei
BW AO § 233a Karte Karte
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OAAAJ-43044