Auskunftsanspruch eines Gebäudeversicherers gegen Mieter bezüglich Haftpflichtversicherungsvertrag
Leitsatz
Zum Auskunftsanspruch des Gebäudeversicherers gegen den Mieter bezüglich des Inhalts eines von diesem abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrages (hier: Versicherungsverhältnis einer Gemeinde mit dem Kommunalen Schadensausgleich).
Gesetze: § 242 BGB, § 78 Abs 2 S 1 VVG
Instanzenzug: LG Stade Az: 4 S 36/21vorgehend AG Geestland Az: 3 C 193/21
Tatbestand
1Die Klägerin, Gebäudeversicherer eines Mehrfamilienhauses, verlangt nach Regulierung eines Brandschadens von der beklagten Gemeinde als Mieterin Auskunft über die Ausgestaltung ihres Versicherungsverhältnisses zum Kommunalen Schadensausgleich H (im Folgenden: KSA).
2Am kam es im versicherten Gebäude, das die Beklagte vom Versicherungsnehmer der Klägerin zur Unterbringung Geflüchteter und Asylbewerber angemietet hatte, zu einem Brandschaden, durch den das Gebäude erheblich beschädigt wurde. Der Brand brach im Kinderzimmer einer Wohnung aus, in dem der sechsjährige Sohn der dort untergebrachten Familie gemeinsam mit einem ebenfalls sechsjährigen Nachbarsjungen mit einem Feuerzeug gespielt hatte. Welcher der beiden Jungen das Feuer entzündete, ist ungeklärt.
3Die Beklagte ist Mitglied des KSA, eines nicht rechtsfähigen Vereins kommunaler Gebietskörperschaften zum solidarischen Ausgleich von Aufwendungen seiner Mitglieder für Schadensfälle. Der KSA arbeitet als Selbsthilfefonds ohne Gewinnerzielungsabsicht nach dem Umlageverfahren. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Auskunft über deren Rechtsverhältnis zum KSA, insbesondere Überreichung einer Abschrift der die Mitgliedschaft der Beklagten regelnden Satzung.
4Die Klägerin macht geltend, der Brandschaden sei auf Fahrlässigkeit der Bewohner zurückzuführen, deren Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen müsse. Zugunsten der Beklagten finde deshalb nach der Senatsrechtsprechung ein im Gebäudeversicherungsvertrag insoweit vereinbarter Regressverzicht Anwendung mit der Folge, dass der Klägerin in entsprechender Anwendung der Vorschriften über den Innenausgleich bei einer Mehrfachversicherung Ausgleichsansprüche gegen einen Haftpflichtversicherer der Beklagten zustehen könnten. Als Versicherer sei auch der KSA anzusehen.
5Die Beklagte sieht sich zur Erteilung der verlangten Auskunft nicht gehalten, da es sich beim KSA nicht um einen Versicherer handele und zudem dessen Satzung eine Subsidiaritätsklausel enthalte, die eine Haftung des KSA ausschließe.
6Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Beklagte verurteilt, die verlangte Auskunft zu erteilen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des klagabweisenden Urteils des Amtsgerichts.
Gründe
7Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
8I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte dazu verpflichtet, der Klägerin Auskunft über das Versicherungsverhältnis zu erteilen. Dies folge aus der sich aus dem sogenannten Regressverzicht ergebenden Sonderrechtsverbindung zwischen den Parteien. Die Beklagte partizipiere als Mieterin an dem Versicherungsschutz der Klägerin. Aus diesem Grund sei die analoge Anwendung des Auskunftsanspruchs aus §§ 31, 77 VVG sachgerecht. Denn durch den Regressverzicht sei eine planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Auskunftsansprüche gemäß §§ 31, 77 VVG entstanden. Der KSA sei als Versicherer im Sinne des VVG anzusehen. Insofern sei ein Auskunftsanspruch nicht deswegen ausgeschlossen, weil § 78 Abs. 2 VVG im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem KSA keine Anwendung finde. Die Beklagte sei auch dazu verpflichtet, die Vereinssatzung vorzulegen. Denn hieraus ergebe sich der für die Beurteilung eines etwaig gegebenen Innenausgleichs relevante Versicherungsschutz.
9II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Das Berufungsgericht hat die Beklagte mit Recht verurteilt, die verlangte Auskunft zu erteilen.
101. Der Klage fehlt entgegen der Auffassung der Revision nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Dieses kann nicht wegen möglicherweise mangelnden Vortrags der Klägerin zur Entstehung des Schadens aufgrund eines - der Beklagten zurechenbaren - Verschuldens eines im versicherten Gebäude untergebrachten Bewohners oder deshalb verneint werden, weil im Verhältnis der Klägerin zum KSA ein Ausgleichsanspruch entsprechend den Grundsätzen der Mehrfachversicherung (§ 78 Abs. 2 Satz 1 VVG) von vornherein ausscheidet.
11Zwar kann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn der Kläger mit seinem prozessualen Begehren unter keinen Umständen irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann (vgl. , NJW 2021, 779 Rn. 11 - YouTube-Drittauskunft II; vom - III ZR 329/14, BGHZ 206, 195 Rn. 10; vom - IX ZR 77/95, NJW 1996, 2035 unter I 4 b [juris Rn. 23]). Jedoch haben Rechtsuchende grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die staatlichen Gerichte ihr Anliegen sachlich prüfen und darüber entscheiden (Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG). Nur unter ganz besonderen - hier nicht vorliegenden - Umständen kann ihnen der Zugang zu einer sachlichen Prüfung durch die Gerichte deshalb verwehrt werden (vgl. aaO).
12a) aa) Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass die privatrechtlichen Beziehungen zwischen dem KSA und seinen Mitgliedern als ihrem Wesen nach echte Versicherungsverhältnisse, bei denen der Schadensausgleich der Versicherer und die Mitglieder des Schadensausgleichs die Versicherungsnehmer sind, den Bestimmungen des VVG unterliegen (vgl. , VersR 1968, 138 unter I [juris Rn. 9] m.w.N.; HK-VAG/Brand, § 3 Rn. 8). Hiergegen erinnert die Revision - mit Recht - nichts.
13bb) Anders als die Revision meint, steht es einem möglichen Anspruch der Klägerin gegen den KSA unter analoger Anwendung der Vorschriften über den Innenausgleich der Versicherer bei einer Mehrfachversicherung nicht entgegen, dass sich der KSA auf der Grundlage eines Umlageverfahrens finanziert.
14(1) In der Gebäudeversicherung ergibt die ergänzende Vertragsauslegung einen Regressverzicht des Gebäudeversicherers zugunsten des Mieters des versicherten Gebäudes für die Fälle, in denen der Mieter einen Schaden am Gebäude durch leichte Fahrlässigkeit verursacht hat (grundlegend Senatsurteil vom - IV ZR 298/99, BGHZ 145, 393 unter 2 und 3 [juris Rn. 8 ff.]). Hierbei ist dem Versicherer der Regress auch dann verwehrt, wenn der Mieter eine Haftpflichtversicherung unterhält, die Ansprüche wegen Schäden an gemieteten Sachen deckt (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 273/05, BGHZ 169, 86 Rn. 9 ff.; , VersR 2007, 539 Rn. 8). Der stillschweigend erklärte Regressverzicht ist auf Fälle der Schadensherbeiführung durch einfache Fahrlässigkeit beschränkt und eröffnet dem Gebäudeversicherer nur in diesem Fall einen direkten Rückgriff auf den Haftpflichtversicherer des Mieters analog dem Innenausgleich des Versicherers bei einer Mehrfachversicherung (vgl. Senatsbeschluss vom - IV ZR 52/14, r+s 2017, 73 Rn. 13; Senatsurteil vom aaO Rn. 22 ff.).
15(2) Die Auffassung der Revision, diese Grundsätze - die auch das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat - fänden im Verhältnis zum KSA und anderen Umlageverbänden im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 4 VAG keine Anwendung, überzeugt nicht. Die Entstehung der Ausgleichspflichten der Versicherer hängt nicht davon ab, ob der Mieter eine - vom Haftpflichtversicherer im Voraus kalkulierte - feste Prämie schuldet oder die Ausgaben des Versicherers innerhalb einer Versicherungsperiode nachträglich nach einem festgelegten Schlüssel auf die Versicherungsnehmer verteilt werden. Zwar bringt es die Finanzierung auf der Grundlage eines Umlageverfahrens mit sich, dass der Beitragsaufwand für den Versicherungsnehmer nicht sicher zu prognostizieren ist und er vom Versicherer aus Anlass eines Schadensfalls zur Verfügung gestellte Leistungen anteilig zu tragen hat. Eine sich daraus ergebende mittelbare Belastung des einen Schaden am Gebäude durch leichte Fahrlässigkeit verursachenden Mieters steht aber einer Anwendung der Grundsätze über den Regressverzicht des Gebäudeversicherers nicht entgegen.
16Der Einwand der Revision, im Falle einer Umlagefinanzierung fehle es an einem haftpflichtversicherungsrechtlichen Freistellungsanspruch, welcher den Anwendungsbereich des § 78 Abs. 2 VVG eröffnen könnte, ist nicht geeignet, das Ergebnis in Frage zu stellen. Der entscheidende Grund dafür, dem Gebäudeversicherer einen Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung von § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG zuzubilligen, liegt darin, der Gefahr entgegenzuwirken, dass der Mieter durch Störungen im Deckungsverhältnis zu seinem Haftpflichtversicherer bei einem Regress zwischen die Fronten von Gebäude- und Haftpflichtversicherer gerät und im Ergebnis den Schaden alleine tragen muss (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 273/05, BGHZ 169, 86 Rn. 18; Felsch, r+s 2008, 265, 275). Hierfür macht es keinen Unterschied, ob der Mieter gegenüber seinem Haftpflichtversicherer eine im Vorhinein kalkulierte Prämie schuldet oder Beiträge nach Bedarf umgelegt werden, um auf diese Weise das übernommene Risiko planmäßig auf die Gemeinschaft aller von der gleichen Gefahr bedrohten Mitglieder zu verteilen (vgl. insoweit Senatsbeschlüsse vom - IV ZR 6/13, VersR 2014, 332 Rn. 18; vom - IV ZR 250/09, VersR 2010, 1598 Rn. 12).
17Soweit der Senat bei der Entwicklung des so genannten versicherungsrechtlichen Modells den Regressverzicht des Gebäudeversicherers auf die Überlegung gestützt hat, der Mieter finanziere die Gebäudever-sicherung des Vermieters, hat er daraus lediglich die berechtigte Erwartung des Mieters abgeleitet, dass ihm diese Aufwendungen im Schadensfall "in irgendeiner Weise zugutekommen" sollten, er "in gewisser Weise geschützt" werde, wenn er leicht fahrlässig einen Schaden verursache (Senatsurteil vom - IV ZR 273/05, BGHZ 169, 86 Rn. 19 m.w.N.). Mithin hat der Senat nicht ausgesprochen, der Mieter müsse infolge seiner Mitfinanzierung der Gebäudeversicherungsprämien im Ergebnis vollen Umfangs wie ein Versicherungsnehmer dieses Vertrages gestellt werden (Senatsbeschluss vom - IV ZR 52/14, r+s 2017, 73 Rn. 19). Die so genannte Mitversicherungslösung hat der Senat abgelehnt (Senatsurteil vom - IV ZR 298/99, BGHZ 145, 393 unter 3 b [juris Rn. 14]).
18b) Ob die von der Beklagten mit dem Auskunftsverlangen begehrten Informationen über die Ausgestaltung ihres Versicherungsverhältnisses zum KSA für das von der Klägerin verfolgte Ziel der Geltendmachung eines - hälftigen - Ausgleichsanspruchs entsprechend den Grundsätzen der Mehrfachversicherung (§ 78 Abs. 2 Satz 1 VVG) nutzlos sind, weil eine grundsätzliche Haftung der Beklagten gegenüber dem Versicherungsnehmer der Klägerin mangels eines der Beklagten zurechenbaren Verschuldens nicht festgestellt werden kann, lässt sich nicht sicher vorhersagen. Es erscheint zumindest nicht ausgeschlossen, dass der Brandschaden auf eine Aufsichtspflichtverletzung der im versicherten Gebäude untergebrachten Bewohner (vgl. dazu auch OLG München VersR 2009, 1112 unter 1 c [juris Rn. 32 f.]; OLG Koblenz VersR 2005, 1536 unter II 2 [juris Rn. 35]) zurückzuführen ist.
192. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht eine Aus-kunftspflicht der Beklagten bejaht. Ob sich diese - wie das Berufungsgericht gemeint hat - aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 31, 77 VVG ergibt (vgl. auch LAG Hamm r+s 2021, 80 unter II [juris Rn. 21 ff.]; BeckOK-StVR/Jungermann, § 31 VVG Rn. 9a [Stand: ]); Dickmann, VersR 2013, 1227, 1231), muss hierbei nicht entschieden werden. Eine Auskunftspflicht der Beklagten ist jedenfalls nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) anzunehmen.
20Diese besteht bei jedem Rechtsverhältnis, dessen Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen und der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen (vgl. , BGHZ 201, 380 Rn. 6 m.w.N. - Ärztebewertung I; st. Rspr.). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der in Anspruch Genommene selbst, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll (, BGHZ 206, 195 Rn. 11 m.w.N.). So liegt der Fall hier.
21a) aa) Zwischen den Parteien besteht - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - eine rechtliche Sonderbeziehung, die sich aus dem der Gebäudeversicherung im Wege ergänzender Vertragsauslegung entnommenen stillschweigenden Regressverzicht der Klägerin für die Fälle leicht fahrlässiger Schadensverursachung des Mieters ergibt. Dieser führt zwar - wie ausgeführt - nicht zu einer Mitversicherung des Sachersatz-interesses des Mieters in der Gebäudeversicherung. Der Mieter wird aber so behandelt, als sei er versichert (Senatsurteil vom - IV ZR 273/05, BGHZ 169, 86 Rn. 23). In seinen Wirkungen kommt der Regressverzicht mithin für die Regresssituation einer Mitversicherung des Sachersatzinteresses weitgehend gleich (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 31. Aufl. Vorbemerkungen zu §§ 74-99 Rn. 43).
22Das sich hieraus ergebende Rechtsverhältnis ist in Verbindung mit § 242 BGB hinreichende Grundlage eines Auskunftsanspruchs des Gebäudeversicherers, der zur Durchsetzung eines etwaigen Anspruchs auf - anteiligen - Ausgleich gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters auf Informationen über das Vorliegen und den Umfang der Deckung angewiesen ist. Der vom Senat im Wege der Rechtsfortbildung geschaffene Ausgleichsanspruch ist das Äquivalent dafür, dass dem Gebäudeversicherer trotz bestehenden Haftpflichtversicherungsschutzes im Interesse beider Mietvertragsparteien der Regressverzicht zugemutet wird (Senatsurteil vom - IV ZR 129/09, r+s 2010, 150 Rn. 9). Dies rechtfertigt es, dem Gebäudeversicherer gegen den durch den Regressverzicht begünstigten Mieter mit der herrschenden Meinung (vgl. LAG Hamm r+s 2021, 80 unter II 3 b [juris Rn. 32]; BeckOK-StVR/Jungermann, § 31 VVG Rn. 9a [Stand: ]; HK-VVG/Muschner, 4. Aufl. § 86 Rn. 90; BeckOK-VVG/Piontek, § 31 Rn. 32.1 [Stand: ]; BeckOK-VVG/Rust, § 86 Rn. 172 [Stand: ]; MünchKomm-VVG/Segger, 3. Aufl. § 86 Rn. 107; Dickmann, VersR 2014, 1178; ders., VersR 2013, 1227, 1230 f.; Jahnke, jurisPR-VerkR 1/2021 Anm. 1 unter D II 5) einen Auskunftsanspruch zuzubilligen.
23bb) Vergeblich wendet die Revision hiergegen ein, die Klägerin habe nicht ausreichend vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass der Schaden aufgrund eines der Beklagten zurechenbaren Verschuldens eines im geschädigten Mietobjekt untergebrachten Bewohners entstanden sei.
24Es ist unstreitig, dass der Brand in der Mietwohnung durch den unsachgemäßen Umgang mit einem Feuerzeug entstanden ist; eine in den Verantwortungsbereich des Versicherungsnehmers der Klägerin fallende Gefahrenquelle ist als Schadensursache ebenso auszuschließen wie das Verhalten eines Dritten, der sich gegen den Willen des Bewohners Zugang zur Wohnung verschafft hat (vgl. insoweit , r+s 2005, 64 unter II 1 [juris Rn. 10 f.]). Dies ist für den geltend gemachten Auskunftsanspruch ausreichend. Steht - wie hier - fest, dass als Schadensursache nur eine solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Mieters in Betracht kommt, muss dieser sich nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten (, ZMR 2005, 520 unter II 2 [juris Rn. 13]; vom aaO [juris Rn. 10]; jeweils m.w.N.; st. Rspr.). Da nach der Senatsrechtsprechung für den Ausgleichsanspruch des Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters keine anderen Beweis-lastgrundsätze als für den Anspruch des Vermieters gegen den Mieter gelten (Senatsurteil vom - IV ZR 129/09, r+s 2010, 150 Rn. 8 ff.), bedurfte es keines weitergehenden Vortrags und keiner weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts zur Behauptung der Klägerin, der Brand beruhe auf einem fahrlässigen Verhalten der Bewohner. Insbesondere musste sich das Berufungsgericht in diesem nur auf Erlangung einer Auskunft gerichteten Rechtsstreit keine Überzeugung davon bilden, dass der Brand auf eine schuldhafte Verletzung von Aufsichtspflichten der Bewohner zurückzuführen ist. Diese Frage ist ausschließlich auf der Ebene der beiden Versicherer zu klären (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 273/05, BGHZ 169, 86 Rn. 20).
25b) Die Klägerin ist in entschuldbarer Weise über den Umfang einer Haftpflichtdeckung der Beklagten im Ungewissen und kann sich die notwendigen Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise beschaffen.
26Allerdings ist es nur dann gerechtfertigt, einen anderen zur Auskunft zu verpflichten, wenn keine eigene Informationsmöglichkeit besteht. Demzufolge muss der Anspruchsberechtigte zunächst alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternehmen, die Auskunft auf andere Weise zu erlangen. Eine vorrangig zu nutzende Informationsmöglichkeit ist regelmäßig dann gegeben, wenn ein unmittelbarer, nicht auf § 242 BGB gestützter gesetzlicher oder vertraglicher Auskunftsanspruch gegen eine andere Person oder Stelle besteht (, VersR 2018, 1072 Rn. 26; Grüneberg/Grüneberg, BGB 82. Aufl. § 260 Rn. 7).
27Dass der Klägerin - wie noch das Amtsgericht zur Begründung seiner klagabweisenden Entscheidung angenommen hat - ein insoweit vorrangiger Auskunftsanspruch gegen den KSA zusteht, kann jedenfalls hier nicht festgestellt werden. Zwar wird in der Literatur ein - aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis zum Innenausgleichsanspruch hergeleiteter - eigenständiger Auskunftsanspruch des Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters über den Inhalt und den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses erwogen (vgl. HK-VVG/Muschner, 4. Aufl. § 86 Rn. 90; BeckOK-VVG/Rust, § 86 Rn. 172 [Stand: ]; Dickmann, VersR 2014, 1178; vgl. auch AG Hannover VersR 2010, 528 [juris Rn. 23]; Günther, Der Regress des Sachversicherers, 7. Aufl. Rn. 711). Die Beklagte hat sich aber vorliegend darauf berufen, dass die Satzung des KSA eine Subsidiaritätsklausel enthalte, die eine Haftung des KSA ausschließe. Träfe das zu, würde die durch eine solche Subsidiaritätsklausel vereinbarte Nachrangigkeit bereits verhindern, dass es überhaupt zur Entstehung eines Innenausgleichsanspruchs - und damit zu einem gesetzlichen Schuldverhältnis, aus dem sich ein Auskunftsanspruch gegen den KSA ergeben könnte - käme (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 273/05, BGHZ 169, 86 Rn. 24; Felsch, r+s 2008, 265, 277; vgl. auch Senatsurteil vom - IV ZR 121/17, r+s 2018, 419 Rn. 12 m.w.N.). Die Klägerin ist mithin - entgegen der Auffassung der Revision - auf die von der Beklagten begehrten Auskünfte schon deshalb angewiesen, um Reichweite und Wirksamkeit der behaupteten Subsidiaritätsabrede überprüfen zu können.
28c) Die Beklagte wird schließlich mit der Erteilung der Auskunft nicht unbillig belastet; eine Mitteilung des Umfangs der Deckung ist ihr zu-mutbar. Zwar ist im Rahmen der für die Frage der Zumutbarkeit vorzunehmenden Abwägung aller Umstände des Einzelfalls auch einzubeziehen, ob der Auskunftspflichtige ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse an den Angaben geltend machen kann (, BGHZ 206, 195 Rn. 18 m.w.N.). Ein derartiges berechtigtes Interesse der Beklagten an einer Verweigerung der Offenlegung des Inhalts ihres Vertragsverhältnisses zum KSA ist aber nicht durch den Verweis der Revision darauf gerechtfertigt, die Satzung betreffe lediglich Vereinsinterna.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:070623UIVZR252.22.0
Fundstelle(n):
NJW-RR 2023 S. 928 Nr. 14
WM 2023 S. 1366 Nr. 29
QAAAJ-42897