Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und Anwendung der sog. Homeoffice-Pauschale nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2 bis 4 EStG in der Corona-Pandemie hier: Klärung von Zweifelsfragen
Bezug: BStBl 2017 I S. 1320
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Anfrage des Bundesverbands der Lohnsteuerhilfevereine e. V. vom
Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine e. V. hat verschiedene Zweifelsfragen zur Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und zur Anwendung der sog. Homeoffice-Pauschale in der Corona-Pandemie vorgetragen (vgl. Anhang). Unter Bezugnahme auf die Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder hat das die Anfrage wie folgt beantwortet:
1. „Aufgrund der besonderen Situation (insbes. nicht absehbare Entwicklung) ist davon auszugehen, dass zeitliche Abläufe nicht lückenlos dokumentiert worden sind. In diesen Fällen sollten für die Glaubhaftmachung schlüssige Angaben des Arbeitnehmers in der Regel ausreichen.
Die Prüfung des Einzelfalls wird durch das zuständige Finanzamt vorgenommen. Für die Glaubhaftmachung der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer / Homeoffice reichen schlüssige Angaben des Arbeitnehmers grundsätzlich aus. Inwieweit Nachweise für die Berücksichtigung eines häuslichen Arbeitszimmers vorgelegt werden müssen oder ob eine Schlüssigkeitsprüfung, z. B. anhand bereits vorhandener Angaben aus dem Vorjahr, ausreicht, ist im Einzelfall im Rahmen der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung zu entscheiden.
2. Für die Geldendmachung der Homeoffice-Pauschale (§ 4 Absatz 5 Nummer 6b Satz 4 EStG) ist die beim Arbeitszimmer geltende Voraussetzung „kein anderer Arbeitsplatz“ nicht erforderlich.
Die Voraussetzungen nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 2 (kein anderer Arbeitsplatz) und Satz 3 (Mittelpunkt) EStG müssen für den Abzug der Homeoffice-Pauschale nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 4 EStG nicht vorliegen.
3. Aufwendungen für Arbeitsmittel und Telefon-/ Internetkosten sind durch die Homeoffice-Pauschale nicht abgegolten.
Zum Umfang der Aufwendungen, die mit der Homeoffice-Pauschale abgegolten sind, verweise ich auf Rdnr. 6 des (BStBl I S. 1320). Aufwendungen für Arbeitsmittel und Telefon-/ Internetkosten sind insoweit nach den bisherigen Regelungen neben der Homeoffice-Pauschale abziehbar.
4. Wenn Monats-/ Jahrestickets für zunächst beabsichtigte Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte erworben wurden und die Fahrten aufgrund tatsächlicher Tätigkeit in der häuslichen Wohnung nicht durchgeführt wurden, sind die Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel als tatsächliche Kosten (Günstigerprüfung gegenüber der Entfernungspauschale, § 9 Absatz 2 Satz 2 EStG) neben der Homeoffice-Pauschale abziehbar.
Die tatsächlich geleisteten Aufwendungen für eine Zeitfahrkarte zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte können als Werbungskosten geltend gemacht werden, soweit sie die insgesamt im Kalenderjahr ermittelte Entfernungspauschale übersteigen. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer eine Zeitfahrkarte in Erwartung der regelmäßigen Benutzung für den Weg zur ersten Tätigkeitsstätte erworben hat, er die Zeitfahrkarte dann aber aufgrund der Tätigkeit im Homeoffice nicht im geplanten Umfang verwenden kann. Die Aufwendungen sind nicht auf einzelne Arbeitstage aufzuteilen. Zeitfahrkarten in diesem Sinne sind zum Beispiel Jahres- und Monatsfahrkarten. Die Berücksichtigung der Homeoffice-Pauschale bleibt davon unberührt. Hierfür gilt, dass die Pauschale nur für diejenigen Tage angesetzt werden kann, an denen der Steuerpflichtige ausschließlich im Homeoffice tätig geworden ist.
5. Die Voraussetzung „kein anderer Arbeitsplatz“ (§ 4 Absatz 5 Nummer 6b Satz 2 EStG) liegt auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen des Gesundheitsschutzes (Vermeidung von Kontakten mit Kollegen) zu Hause gearbeitet hat.
Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, kommt es auf das Tatbestandsmerkmal des Nicht-Vorliegens eines anderen Arbeitsplatzes nicht an.
Ein anderer Arbeitsplatz steht dem Steuerpflichtigen nach gefestigter Rechtsprechung dann zur Verfügung, wenn er ihn in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann (z. B. BStBl II 2004 S. 78). Kann der Steuerpflichtige seinen betrieblichen oder beruflichen Arbeitsplatz tatsächlich nicht nutzen, z. B. aus Gründen des Gesundheitsschutzes, steht ihm für seine betriebliche oder berufliche Betätigung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.
Dies gilt für die Zeit der Corona-Pandemie auch dann, wenn die Entscheidung über das Tätigwerden im Homeoffice der Steuerpflichtige auch ohne eine ausdrückliche (schriftliche) Anweisung des Auftraggebers / Arbeitgebers getroffen hat und er der Empfehlung der Bundesregierung / der Länder gefolgt ist. Als Zeit der Corona-Pandemie wird dabei der Zeitraum vom bis zum angenommen.
6. Für die Zeit der pandemiebedingten Ausübung bestimmter Tätigkeiten in der Wohnung (seit März 2020) ist davon auszugehen, dass zu Hause grundsätzlich qualitativ gleichwertige Arbeiten wie beim bisherigen Arbeitsplatz ausgeübt werden, sodass bei quantitativ überwiegender Tätigkeit der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit in der Wohnung angenommen werden kann.
Verfügt der Steuerpflichtige über ein dem Typusbegriff entsprechendes häusliches Arbeitszimmer und erbringt er seine berufliche / betriebliche Betätigung während der Corona-Pandemie ausschließlich oder überwiegend in seinem häuslichen Arbeitszimmer, wird für die qualitative Beurteilung der Betätigung eine mindestens gleichwertige Arbeit angenommen. Bei zeitlich überwiegender Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer liegt dann der Mittelpunkt der betrieblichen oder beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer. Bei der Prüfung sind unverändert alle betrieblichen und beruflichen Betätigungen (Gesamttätigkeit) zusammen zu beurteilen.
7. Die zeitliche Prüfung ist für einen zusammenhängenden Zeitraum als Durchschnittsregelung vorzunehmen, bspw. für die Zeit im ersten Lockdown oder insgesamt seit Beginn der Pandemie. Bei Änderung im Betriebsablauf / der Arbeitsorganisation (bspw. bei zeitweiliger Kurzarbeit o. ä.) kann der Arbeitnehmer einen anderen Zeitraum heranziehen.
Die vorstehenden Annahmen (5. und 6.) sind für den Zeitraum der Corona-Pandemie grundsätzlich einheitlich zu beurteilen. Dieser beginnt ab dem Zeitpunkt, zu dem der Steuerpflichtige seine betriebliche / berufliche Betätigung ausschließlich oder überwiegend im häuslichen Arbeitszimmer erbringt. Einzelne Unterbrechungen sind dabei unbeachtlich. Für die Prüfung des zeitanteiligen Überwiegens der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer kann dabei auf die wöchentliche Regelarbeitszeit abgestellt werden (vgl. BStBl II S. 600).
Wird der Zeitraum der ausschließlichen oder überwiegenden Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer beendet, z. B. nach dem ersten Lockdown, ist der Sachverhalt entsprechend zu würdigen.“
Die vorstehenden Ausführungen gelten nach einem Beschluss auf Bund-Länder-Ebene nunmehr mit der Maßgabe, dass als Zeit der Corona-Pandemie der Zeitraum vom bis zum angenommen wird; sie sind somit auch noch für den Veranlagungszeitraum 2022 maßgebend.
Eine entsprechende Ergänzung wird im Rahmen der nächsten Überarbeitung in die Tz. V.5 der FAQ „Corona“ (Steuern) des Bundesministeriums der Finanzen aufgenommen.
Ich bitte um Beachtung.
Rheinland-Pfalz Landesamt für
Steuern v. - S 2354 A-St
31 6
Fundstelle(n):
YAAAJ-42877