Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU als Voraussetzung für den Kindergeldanspruch eines Staatsangehörigen eines anderen
EU-Mitgliedstaats auch bei Gesetzwidrigkeit des Arbeitsverhältnisses gegeben
Leitsatz
1. Voraussetzung für den Anspruch auf Kindergeld ist bei einem Staatsangehörigen eines anderen EU-Mitgliedstaates unter anderem,
dass er nach § 62 Abs. 1a Satz 3 EStG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 FreizügG/EU und § 2 Abs. 3 FreizügG/EU (Gesetz über die
allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern) freizügigkeitsberechtigt ist. Geht der Staatsangehörige eines anderen EU-Mitgliedstaates
einer nichtselbständigen Arbeit im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG im Inland nach, ist er auch dann als Arbeitnehmer
im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt, wenn in diesem Arbeitsverhältnis möglicherweise gegen
das Mindestlohngesetz (MiLoG) verstoßen wird, Sozialversicherungsbeiträge nicht (vollständig) abgeführt werden und sich der
Arbeitgeber deswegen nach § 266a StGB strafbar macht.
2. Ein möglicher Verstoß des Arbeitgebers gegen arbeitnehmerschützende Vorschriften kann nicht zur Versagung von Familienleistungen
in Deutschland führen. Auch kann die Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU nur aufgrund des Ordre-Public-Vorbehalts in
Art. 45 Abs. 3 AEUV eingeschränkt werden. Selbst strafrechtliche Verurteilungen des Arbeitnehmers allein sind dafür nicht
ausreichend.
Fundstelle(n): DStRE 2024 S. 563 Nr. 9 NWB-Eilnachricht Nr. 42/2023 S. 2887 PStR 2024 S. 1 Nr. 1 GAAAJ-42656
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