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WP Praxis Nr. 7 vom Seite 235

CO2-Steuer als Pigou-Steuer

Prof. Dr. Stephan Sommer

Nach § 4 WiPrPrüfV ist die Angewandte Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre ein Prüfungsgebiet im Wirtschaftsprüfungs-Examen. Dieses Prüfungsgebiet umfasst u. a. die Volkswirtschaftspolitik und befasst sich somit wie im vorliegenden Examensfall aus dem 1. Halbjahr 2020 insbesondere auch mit Eingriffen des Staates bei Marktversagen.

I. Einordnung

Eines der zentralen Modelle in der Volkswirtschaftspolitik ist das Marktmodell. Auf einem Markt treffen Angebot und Nachfrage aufeinander und bestimmen durch tatsächliche und potenzielle Transaktionen simultan sowohl den Preis als auch die gehandelte Menge eines Gutes. Die nachgefragte Menge orientiert sich dabei an dem (abnehmenden) Grenznutzen der Nachfrage, d. h. dem zusätzlichen Nutzen, der aus dem Konsum einer weiteren Einheit erwächst. Hingegen koppeln die Anbietenden ihre Produktionsmenge an ihre (steigenden) Grenzkosten (bzw. marginalen Kosten), d. h. die zusätzlichen Kosten, die durch die Produktion einer weiteren Einheit entstehen.

Ein Marktgleichgewicht ist erreicht, wenn sich Angebots- und Nachfragekurven schneiden, woraus sich der markträumende Preis ergibt. Die beiden Marktseiten einigen sich auf den Preis, bei dem der Grenznutzen der Nachfrage den Grenzkosten des Angebots entspricht. An diesem Punkt wird die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt maximiert, was auch als ökonomische Effizienz bezeichnet wird. Dieser Zustand stellt ein Pareto-Optimum dar, da ein Individuum lediglich bessergestellt werden kann, wenn ein anderes schlechtergestellt wird.

Allerdings kann es aufgrund unterschiedlicher Situationen zu Abweichungen von dieser unter Allokationsgesichtspunkten effizienten Lösung kommen. Einerseits kann die Ursache in staatlichen Eingriffen liegen, z. B. der Einführung von Mindest- oder Höchstpreisen, welche allesamt zu Wohlfahrtsverlusten auf dem entsprechenden Markt führen.

Andererseits können Abweichungen von der Wohlfahrtsmaximierung durch Marktversagen verursacht werden. Als Marktversagen werden ganz allgemein Situationen definiert, in denen ein unregulierter Markt ineffizient ist (es kommt zu Wohlfahrtsverlusten), da die Marktpreise nicht die richtigen Signale an die Anbietenden und Nachfragenden senden. Eine zentrale Art von Marktversagen sind etwa Informationsasymmetrien. Hierbei ist eine Marktseite deutlich besser über die Qualität des zu handelnden Gutes informiert. Der Gebrauchtwagenmarkt stellt ein klassisches Beispiel für Informationsasymmetrien dar. Eine weitere zentrale Art von Marktversagen ist das Vorliegen von Externalitäten. Von dieser zweiten Form des Marktversagens handelt die vorliegende Aufgabe.

II. Aufgabenstellung

In Deutschland wird aktuell intensiv über die Einführung einer CO 2-Steuer zur Reduktion von CO 2-Emissionen diskutiert.

  1. Erläutern Sie, welcher Marktunvollkommenheit durch diese Steuer begegnet werden soll. Stellen Sie das Konzept der Pigou-Steuer vor, auf dem der Vorschlag letztlich basiert. Erörtern Sie, in welcher Weise das Konzept zur Erreichung eines Pareto-Optimums beitragen kann. ( 10 Punkte)

    Ein Unternehmen verschmutzt mit seiner Produktion die Luft. Die Nachfragefunktion im relevanten Markt sei:

    p D = 1000 - 35 q.

    Die Angebotsfunktion laute: p S = 15 q.

    Hierbei bezeichne p den Preis und q die Produktionsmenge. Der Grenzschaden (marginal damage, md) sei abhängig von der Produktionsmenge und zu beziffern als: md = 12,5 q.

  2. Ermitteln Sie Preis und Menge im Marktgleichgewicht mit und ohne Berücksichtigung des Umweltschadens. ( 10 Punkte)

  3. In welcher Höhe muss eine Pigou-Steuer t erhoben werden? Begründen Sie Ihr Vorgehen. ( 7 Punkte)

  4. Stellen Sie die Marktsituation mit und ohne Berücksichtigung des Umweltschadens dar. Verdeutlichen Sie graphisch die Wirkung der Pigou-Steuer. ( 10 Punkte)