Einberechnung der Dauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis in die Sperrfrist; Nachholung der Einziehung des Führerscheins im zweiten Rechtsgang
Gesetze: § 69 Abs 3 S 2 StGB, § 69a Abs 5 S 2 StGB, § 358 Abs 2 StPO
Instanzenzug: Az: 4 StR 47/23 Beschlussvorgehend Az: 1 KLs 11/20nachgehend Az: 4 StR 47/23 Beschluss
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit räuberischer Erpressung, vorsätzlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt und eine Kompensationsentscheidung getroffen. Ferner hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Fahrerlaubnissperre von vier Jahren verhängt.
2Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Maßregelausspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
31. Die Anordnung einer Fahrerlaubnissperre für die Dauer von vier Jahren (§ 69a Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4Die Dauer der Sperre hat das Landgericht ‒ worauf es in den schriftlichen Urteilsgründen ausdrücklich hingewiesen hat ‒ unter Berücksichtigung der Dauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse T (vgl. § 111a StPO), die seit dem angeordnet worden ist, bemessen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass die Dauer der vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung auf die verhängte und mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils beginnende Sperre voll eingerechnet wird und hat nicht bedacht, dass gemäß § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB nur die Dauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis eingerechnet wird, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist. Das Landgericht hat die Sperre deshalb zu lange bemessen, so dass die Anordnung schon deshalb der Aufhebung unterliegt.
52. Der Senat hebt ‒ dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend ‒ auch die angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 Abs. 1 StGB) auf. Zwar ist die Maßregelanordnung rechtsfehlerfrei begründet. Angesichts des Zeitablaufs erscheint es jedoch nicht ausgeschlossen, dass das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht die Frage der charakterlichen Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen von Fahrzeugen der Klasse T abweichend bewerten könnte.
63. Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung.
7Sollte das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht erneut die Entziehung der Fahrerlaubnis anordnen, wird es eine Entscheidung über die Einziehung des Führerscheins des Angeklagten zu treffen haben (vgl. § 69 Abs. 3 Satz 2 StGB). Dies kann noch im zweiten Rechtsgang geschehen. Das Verbot der reformatio in peius (§ 358 Abs. 2 StPO) stünde einer Nachholung dieses Maßnahmenausspruchs nicht entgegen (vgl. ‒ 4 StR 390/19 Rn. 22; Beschluss vom ‒ 4 StR 262/14; Urteil vom ‒ 3 StR 504/53, BGHSt 5, 168, 178 f.).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:110423B4STR47.23.1
Fundstelle(n):
FAAAJ-41816