Gewerbsmäßiger Bandenbetrug: Sukzessive Mittäterschaft nach Tatbeendigung
Gesetze: § 25 Abs 2 StGB, § 263 StGB
Instanzenzug: Az: 10 KLs 8/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in zwei Fällen und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit „vorsätzlicher“ Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Rüge der Verletzung des § 267 StPO greift aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht durch.
32. Die Verurteilung im Fall II.2.b.) der Urteilsgründe hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4a) Nach den Feststellungen wurde der Angeklagte von einem Verwandten, der – wie der Angeklagte wusste – seinen Lebensunterhalt durch Betrugstaten bestritt, aufgefordert, Bargeld entgegenzunehmen, das andere, mit dem Verwandten zusammenarbeitende Personen erlangt hatten, indem sie der Geschädigten vorgespiegelt hatten, von der Polizei zu sein und ihr Vermögen vor zu erwartenden Überfällen in Sicherheit bringen zu wollen; die Geschädigte hatte hierauf das Geld von ihrem Bankkonto abgehoben und den angeblichen Polizeibeamten in ihrem Wohnort W. zugänglich gemacht. Der Angeklagte begab sich zu einem vorgegebenen Treffpunkt in B. , wo ihm die Zeugin E. einen Umschlag mit Bargeld im Wert von 15.250 € übergab. Hiervon händigte der Angeklagte der Zeugin einen geringen Anteil aus und überwies später einen weiteren Teilbetrag auf ein Konto in der Türkei. 9.000 € von dem erhaltenen Bargeld wurden sichergestellt, als der Angeklagte sie per Flugzeug zu seinem Verwandten in die Türkei bringen wollte.
5b) Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen eines mittäterschaftlich begangenen Betrugs nicht. Hiernach leistete der Angeklagte seinen in der Übernahme des Geldes bestehenden Tatbeitrag erst, als dieses sich bereits in den Händen der Zeugin E. befand und von ihr vom Wohnort der Geschädigten zu dem in einer anderen Stadt liegenden Treffpunkt gebracht worden war. Zu diesem Zeitpunkt war die Betrugstat bereits beendet. Ein Betrug ist beendet, wenn der Vermögensvorteil beim Täter endgültig eingetreten ist, wobei maßgeblich die Erlangung des (letzten) vom Tatplan umfassten Vermögensvorteils ist (, NStZ 2022, 219 Rn. 6 mwN). Dieser war hier dadurch eingetreten, dass die Tätergruppierung in der Person der Zeugin E. sicheren Besitz an dem von der Geschädigten abgehobenen Bargeld hatte, welcher ihr von dieser nicht mehr genommen werden konnte. Darauf, dass das Geld tatplangemäß innerhalb der Gruppierung noch an bestimmte Personen, namentlich den als Hintermann von der Türkei aus agierenden Verwandten des Angeklagten weitergereicht werden sollte, kommt es nicht an (vgl. , NStZ-RR 2023, 49, 50). War die Betrugstat somit bereits beendet, kam eine sukzessive Mittäterschaft des Angeklagten durch Entgegennahme des Geldes nicht mehr in Betracht (, NStZ-RR 2023, 49, 50; Beschluss vom – 4 StR 314/20, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 42). Eine bereits zuvor geleistete Unterstützungshandlung des Angeklagten, etwa in Gestalt einer vorab erteilten Zusage seiner späteren Mitwirkung, hat das Landgericht nicht festgestellt.
63. Die demnach gebotene Aufhebung des Schuldspruchs und der Einzelstrafe im Fall II.2.b) der Urteilsgründe, bei der es sich um die Einsatzstrafe handelte, entzieht zugleich dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage. Ebenfalls keinen Bestand hat der Ausspruch über die Einziehung des sichergestellten Bargeldes sowie des Wertes von Erträgen (§ 73c StGB) aus dieser Tat.
74. Demgegenüber kann der Ausspruch über die Einziehung des Wertes der Erträge aus der Tat zu II.2.a) der Urteilsgründe, in der der Angeklagte seinerseits 1.000 € mit einer durch andere Mitglieder der Gruppierung betrügerisch erlangten Bankkarte von einem Geldautomaten abhob, bestehen bleiben. Er bedarf indes der Ergänzung um eine Gesamtschuldanordnung, denn nach den Feststellungen gab der Angeklagte 900 € der abgehobenen 1.000 € an ein anderes Bandenmitglied weiter. Dessen namentlicher Benennung im Tenor bedarf es nicht ( Rn. 4 mwN). Der Senat hat die vom Generalbundesanwalt beantragte Änderung des Einziehungsausspruchs entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst vorgenommen.
85. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf das Folgende hin: Sollte das neue Tatgericht im Fall II.2.b) der Urteilsgründe weiterhin keine Beteiligung des Angeklagten vor der Tatbeendigung feststellen, wird eine Strafbarkeit wegen Begünstigung (§ 257 Abs. 1 StGB) oder Geldwäsche (§ 261 Abs. 1 StGB) zu erörtern sein (§ 264 StPO). Für den Fall einer erneuten Einziehungsentscheidung in Bezug auf den von der Zeugin E. an den Angeklagten übergebenen Geldbetrag wird eine gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten mit der Zeugin in den Blick zu nehmen sein.
96. Weitere Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung nicht ergeben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:260423B4STR96.23.0
Fundstelle(n):
wistra 2023 S. 334 Nr. 8
YAAAJ-41169