BAG Beschluss v. - 6 AZN 678/22 (F)

Anhörungsrüge - Fristversäumung

Gesetze: § 78a Abs 2 S 1 ArbGG

Instanzenzug: Az: 27 Ca 212/20 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az: 21 Sa 56/21 Urteilnachgehend Az: 6 AZN 56/23 (F) Beschluss

Gründe

1I. Der Kläger hat im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die Zulassung der Revision durch das Bundesarbeitsgericht gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom (- 21 Sa 56/21 -) begehrt und sich hierfür auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör berufen. Der Senat hat die Beschwerde durch Beschluss vom (- 6 AZN 406/22 -) als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Anhörungsrüge des Klägers.

2II. Die Anhörungsrüge ist wegen Fristversäumung unzulässig und war daher zu verwerfen.

31. Nach § 78a Abs. 2 Satz 1 ArbGG ist die Rüge innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben. Maßgeblich für den Fristbeginn ist die positive Kenntnis des Betroffenen von der Verletzung des rechtlichen Gehörs (vgl.  - Rn. 5 f. zur wortgleichen Regelung in § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO; - 1 BvR 66/07 - Rn. 14 ff.;  (F) - Rn. 3 mwN, BAGE 118, 229). Damit ist die Kenntnis der maßgeblichen Fakten, nicht die der rechtlichen Bewertung als Gehörsverstoß gemeint ( 4 B 4.13 - Rn. 4 mwN zur wortgleichen Bestimmung in § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO). Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen.

42. Vorliegend hat der Kläger die zweiwöchige Rügefrist nicht gewahrt.

5a) Auf den Zeitpunkt seiner persönlichen Kenntnisnahme des zurückweisenden Senatsbeschlusses vom am kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr ausschließlich die Kenntnisnahme seines Prozessbevollmächtigten, die sich der Kläger zurechnen lassen muss (vgl.  - Rn. 5 mwN;  4 B 4.13 - Rn. 3; Anders/Gehle/Hunke ZPO 81. Aufl. § 321a Rn. 45).

6b) Der die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisende Beschluss des Senats wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am zugestellt. Der Zeitpunkt der Kenntnisnahme muss zwar nicht mit dem der Bekanntgabe identisch sein. Bei schriftlich begründeten Entscheidungen ist hiervon jedoch regelmäßig auszugehen (vgl.  (F) - Rn. 3; GK-ArbGG/Ahrendt § 78a Stand April 2020 Rn. 24; ErfK/Koch 23. Aufl. ArbGG § 78a Rn. 4; Helml/Pessinger/Pessinger ArbGG 5. Aufl. § 78a Rn. 11; Musielak/Voit/Musielak ZPO 19. Aufl. § 321a Rn. 9a). In Ermangelung eines gegenteiligen Vorbringens und einer entsprechenden Glaubhaftmachung ist deshalb von einer Kenntniserlangung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers am auszugehen. Die erst am beim Bundesarbeitsgericht eingegangene Anhörungsrüge vom selben Tag ist damit verfristet.

7c) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff. ZPO war nicht zu gewähren. Der Kläger hat weder ausdrücklich noch konkludent einen entsprechenden Antrag iSd. § 236 Abs. 2 ZPO gestellt bzw. die versäumte Prozesshandlung innerhalb der Antragsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO nachgeholt, noch hat er eine Wiedereinsetzung begründende Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Solche sind auch nicht offenkundig.

83. Da die Rüge offensichtlich unzulässig ist, bedurfte es keiner Einräumung der Möglichkeit der Stellungnahme für die Beklagte (GMP/Prütting 10. Aufl. § 78a Rn. 20 mwN).

9III. Der Kläger hat die Kosten des Rügeverfahrens nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2023:120123.B.6AZN678.22F.0

Fundstelle(n):
VAAAJ-39755