Betriebliche Altersversorgung - Kapitalwahlrecht - Ersetzung
Leitsatz
Ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Versorgungsschuldners geregeltes Recht, nach seiner Entscheidung anstelle der Zahlung laufender Renten eine mindestens barwertgleiche, einmalige Kapitalzahlung zu leisten, ist mit § 308 Nr. 4 BGB vereinbar. Die konkrete Ausübung der Ersetzungsbefugnis muss jedoch die Grenzen billigen Ermessens iSv. § 315 BGB wahren.
Gesetze: § 308 Nr 4 BGB, § 315 Abs 1 BGB, § 310 Abs 3 Nr 2 BGB, § 1 Abs 1 S 1 BetrAVG, § 3 Abs 1 BetrAVG
Instanzenzug: ArbG Arnsberg Az: 2 Ca 483/20 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 4 Sa 221/21 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, anstelle einer betrieblichen Altersrente eine Einmalzahlung zu leisten.
2Der im September 1955 geborene Kläger wurde zum von der R eG, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, eingestellt. Unter dem erteilte diese dem Kläger eine Versorgungszusage. Diese bestimmt ua.:
3Zeitgleich mit der Versorgungszusage wurde auf das Leben des Klägers eine Rückdeckungsversicherung geschlossen und zur Sicherheit zu seinen Gunsten bzw. bei seinem Ableben zugunsten seiner Ehefrau eine Verpfändungsvereinbarung getroffen, die letztere mitunterzeichnete.
4Am vereinbarten die S eG, die Rechtsnachfolgerin der R eG, und der Kläger einen „Nachtrag zur Versorgungszusage“, der den letzten Absatz der Nr. 2 der Versorgungszusage vom wie folgt änderte:
5Unter dem 30. Januar/ schlossen der Kläger und die S eG einen „Dienstvertrag“. In § 11 des Dienstvertrags findet sich zur betrieblichen Altersversorgung des Klägers ein Hinweis auf eine Mitgliedschaft der Vertragsparteien in der „Versorgungskasse Westfälischer Genossenschaften“, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. In § 13 ist geregelt, dass das Dienstverhältnis spätestens mit dem Schluss des Vierteljahres endet, in welchem der Kläger das 63. Lebensjahr vollendet. In einem nicht unterschriebenen, undatierten Anhang zum Dienstvertrag finden sich zu einzelnen Paragrafen des Dienstvertrags ergänzende Regelungen. Zu § 11 heißt es auszugsweise:
6Der Kläger schied nach der Vollendung seines 63. Lebensjahres mit Ablauf des aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aus.
7Mit Schreiben vom teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie mache von ihrem Recht Gebrauch, anstelle einer monatlichen Rente eine einmalige Kapitalabfindung zu zahlen, die zum fällig werde. In einem weiteren Schreiben vom gleichen Tag bezifferte sie die Kapitalabfindung mit einem Bruttobetrag iHv. 153.787,79 Euro, beruhend auf einem von der VOLKSWOHL BUND Lebensversicherung a.G. ermittelten Barwert von 12,53266159 je 1 Euro Altersrente pro Jahr. Zugleich forderte sie den Kläger auf, die ihm übersandte Auszahlungsverfügung unterschrieben zurückzusenden.
8Mit Schreiben vom erteilte die Beklagte dem Kläger nach § 4a BetrAVG die Auskunft, dass ihm aus der Versorgungszusage eine Kapitalabfindung iHv. 153.787,79 Euro zustehe.
9Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger stattdessen beginnend mit dem die Zahlung einer monatlichen betrieblichen Altersrente iHv. mindestens 1.022,58 Euro brutto. Er hat die Auffassung vertreten, dieser Anspruch ergebe sich aus dem Anhang zum Dienstvertrag vom 30. Januar/, der nur noch eine Rentenzahlung vorsehe. Es handele sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die sich am Transparenzgebot messen lassen müssten. Zudem entspreche die Entscheidung der Beklagten, eine Einmalzahlung vorzunehmen, nicht billigem Ermessen. Der Kläger hat zudem bestritten, dass die einmalige Kapitalabfindung mit dem Anspruch auf eine monatliche Rente iHv. 1.022,58 Euro wertgleich sei.
10Der Kläger hat zuletzt noch beantragt,
11Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, sie habe wirksam von dem ihr zustehenden Wahlrecht Gebrauch gemacht. Der Anhang zum Dienstvertrag habe dieses nicht beseitigt, da durch ihn Änderungen der bestehenden Versorgungszusage nicht vorgenommen worden seien. Sie habe kein billiges Ermessen, sondern lediglich freies Ermessen beachten müssen. Mit der Zusicherung der Barwertgleichheit der Abfindung seien die schutzwürdigen Interessen des Klägers hinreichend gewahrt. Selbst wenn es auf billiges Ermessen ankäme, sei die Klage unbegründet, da sie die wesentlichen Umstände abgewogen und ein interessengerechtes Ergebnis gefunden habe.
12Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
13Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie ist zwar hinsichtlich eines Streitgegenstands unzulässig. Soweit sie jedoch zulässig ist, ist sie auch begründet. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann vom Senat nicht abschließend beurteilt werden, ob die Klage begründet ist oder nicht. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.
14I. Die Revision ist nur zulässig, soweit damit ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer monatlichen Altersrente aus der Versorgungszusage vom idF des Nachtrags vom geltend gemacht wird. Soweit der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Rente auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützt, ist sie unzulässig.
151. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ( - Rn. 9). Betrifft die angefochtene Entscheidung mehrere Streitgegenstände iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, muss für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (vgl. - Rn. 15, BAGE 174, 1).
162. Hinsichtlich des Streitgegenstands Zahlung einer monatlichen Altersrente aus der Versorgungszusage vom idF vom ist die Revision hinreichend begründet. Sie ist jedoch unzulässig, soweit der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Betriebsrente iHv. 1.022,58 Euro auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützt. Die Revisionsbegründung enthält keinerlei Auseinandersetzung mit der diesen Anspruch betreffenden Argumentation des Berufungsgerichts. Eine Verfahrensrüge erhebt der Kläger insofern nur gegenüber dem Urteil des Arbeitsgerichts.
17II. Soweit die Revision des Klägers zulässig ist, ist sie begründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die in der Versorgungszusage vorbehaltene Möglichkeit, anstelle der lebenslangen Renten eine wertgleiche, einmalige Kapitalabfindung zu zahlen und hierdurch sämtliche Ansprüche aus der Versorgungszusage zum Erlöschen zu bringen, stelle eine Wahlschuld iSv. § 262 BGB dar. Vielmehr sieht die Versorgungszusage insoweit eine Ersetzungsbefugnis der Beklagten vor. An dieser hat die Anlage zum Dienstvertrag vom 30. Januar/ nichts geändert. Die Ersetzungsbefugnis verstößt nicht gegen § 3 BetrAVG. Betriebsrentenrechtliche Wertungen stehen ihr nicht entgegen. Die Klausel hält auch einer AGB-Kontrolle stand. Sie verlangt jedoch, dass der Arbeitgeber bei der Ausübung seiner Ersetzungsbefugnis billiges Ermessen iSv. § 315 BGB beachtet. Ob die Entscheidung der Beklagten, die versprochene Rentenleistung durch eine Kapitalabfindung zu ersetzen, die Grenzen billigen Ermessens wahrt, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.
181. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine Klage auf wiederkehrende Leistungen iSd. § 258 ZPO. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird ( - Rn. 32, BAGE 174, 138). Soweit der Kläger im Antrag das Wort „mindestens“ verwendet, kommt dem keine eigenständige Bedeutung zu. Damit soll lediglich klargestellt werden, dass die Rente künftig nach erfolgten Anpassungsprüfungen ggf. höher ausfallen kann. Dieses Verständnis hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf Nachfrage bestätigt.
192. Ob die Klage begründet ist, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend beurteilen.
20a) Die Versorgungszusage vom idF des Nachtrags vom enthält - entgegen der Auffassung der Beklagten und des Landesarbeitsgerichts - keine Wahlschuld iSv. § 262 BGB, sondern eine Ersetzungsbefugnis.
21aa) Die in der Versorgungszusage vom idF des Nachtrags vom getroffenen Abreden stellen zumindest Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB dar, deren Auslegung nach den Grundsätzen für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen erfolgt (statt vieler - Rn. 60; - 7 AZR 582/17 - Rn. 25).
22Allgemeine Geschäftsbedingungen und Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischem Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von rechtsunkundigen, verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., zB - Rn. 26 mwN, BAGE 165, 205; - Rn. 14). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der uneingeschränkten Prüfung durch das Revisionsgericht (vgl. - Rn. 14).
23bb) Ausgehend hiervon ist das Landesarbeitsgericht unzutreffend davon ausgegangen, die Parteien hätten in der Versorgungszusage vom idF des Nachtrags vom eine Wahlschuld vereinbart.
24(1) Nach der Versorgungszusage vom idF des Nachtrags vom ist es der Beklagten vorbehalten, anstelle der Renten eine wertgleiche, einmalige Kapitalabfindung zu zahlen, wodurch sämtliche Ansprüche aus dieser Versorgungszusage erlöschen. Die Höhe der einmaligen Kapitalzahlung entspricht danach dem Barwert der künftigen Versorgungsansprüche und Versorgungsanwartschaften, ermittelt nach den Rechnungsgrundlagen des versicherungsmathematischen Gutachtens über die Höhe der ertragssteuerlich zulässigen Pensionsrückstellung gemäß § 6a EStG zum letzten Bilanztermin vor der Abfindung. Damit haben die Parteien vereinbart, dass die Beklagte zu einer wertgleichen Ersetzung der monatlichen Rentenzahlungen durch eine einmalige Kapitalleistung in Höhe des versicherungsmathematisch ermittelten Barwerts der Rentenleistung berechtigt ist. Dies stellt keine Wahlschuld, sondern eine Ersetzungsbefugnis dar.
25(2) Eine Wahlschuld liegt vor, wenn mehrere verschiedene Leistungen, die als spezifizierte Einzelleistungen gedacht sind, in der Weise geschuldet werden, dass nach späterer Wahl des Schuldners oder Gläubigers nur eine, die gewählte, zu bewirken ist. Der Schuldner ist nur zu einer Leistung verpflichtet, der Gläubiger hat nur eine Forderung. Die schuldrechtliche Bindung umfasst zunächst alle Einzelleistungen, zu erbringen ist jedoch nur die gewählte; diese gilt nach der Wahl als die von Anfang an allein geschuldete, § 263 Abs. 2 BGB (vgl. statt vieler nur MüKoBGB/Krüger 9. Aufl. § 262 Rn. 2 mwN). Das Wahlschuldverhältnis ist daher ein einheitliches Schuldverhältnis mit zunächst relativ unbestimmtem, aber bestimmbarem Inhalt. Die Wahlschuld konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst nach der Ausübung dieses Wahlrechts ( - Rn. 26, BAGE 171, 280).
26(3) Die Beklagte schuldet nach der Versorgungszusage nicht „mehrere Leistungen“ iSv. § 262 BGB. Die Versorgungszusage vom idF des Nachtrags vom räumt ihr vielmehr das Recht ein, die eigentlich geschuldete Zahlung laufender Renten durch die einmalige Zahlung einer Kapitalabfindung zu ersetzen und dadurch ihre Verpflichtungen aus der Versorgungszusage zum Erlöschen zu bringen. Dabei handelt es sich um eine sog. Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa), die im Gesetz nicht geregelt, als Rechtsfigur indes anerkannt ist. Dogmatisch bedeutet die Ersetzungsbefugnis das Recht, ein bestimmtes Schuldverhältnis nachträglich inhaltlich zu ändern (vgl. MüKoBGB/Krüger 9. Aufl. § 262 Rn. 8 mwN). Im Unterschied zur Wahlschuld ist bei der Ersetzungsbefugnis das Schuldverhältnis von Anfang an bestimmt. Die Leistungspflicht des Schuldners ist konkret festgelegt; nur eine Leistung wird geschuldet, nicht mehrere dem Schuldner zur Wahl gestellte Leistungen. Allerdings ist dem Schuldner - durch Vertrag oder Gesetz - das Recht eingeräumt, die geschuldete Leistung durch eine andere zu ersetzen und sich so von seiner Verbindlichkeit zu befreien (vgl. - Rn. 31, BAGE 133, 50; - 3 AZR 399/94 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 79, 104; MüKoBGB/Krüger 9. Aufl. § 262 Rn. 8 f.; Grüneberg/Grüneberg 82. Aufl. § 262 Rn. 6 ff.; Staudinger/Bittner/Kolbe [2019] § 262 Rn. 11). So liegt es auch hier. Es sind nicht von vornherein zwei alternative Versorgungsleistungen zugesagt, sondern eine Rentenzahlung, deren Ersetzung durch eine einmalige wertgleiche Kapitalleistung sich die Arbeitgeberin vorbehielt.
27b) An der nach der Versorgungszusage vom idF des Nachtrags vom eingeräumten Ersetzungsbefugnis hat der Anhang zum Dienstvertrag vom 30. Januar/ nichts geändert.
28aa) Die entsprechende Auslegung des Anhangs zum Dienstvertrag vom 30. Januar/ durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei kann offenbleiben, ob der Anhang atypische Willenserklärungen enthält, deren Auslegung durch das Landesarbeitsgericht nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung darauf unterliegt, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat, oder ob es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handelt, deren Auslegung durch das Landesarbeitsgericht einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung zugänglich ist (vgl. - Rn. 52; - 7 AZR 248/20 - Rn. 29 mwN).
29bb) Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, wonach der Anhang zum Dienstvertrag vom 30. Januar/ die Versorgungszusage vom idF des Nachtrags vom nicht geändert hat, hält auch einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
30(1) Im Dienstvertrag selbst ist keine Regelung zur Versorgungszusage vom enthalten. Dort wird vielmehr eine weitere Versorgungszusage über die Versorgungskasse Westfälischer Genossenschaften in Münster erwähnt und bestimmt, dass die Beklagte den satzungsgemäßen Arbeitgeberanteil der Beiträge zu dieser Versorgungskasse übernehme und der Kläger seinerseits den Arbeitnehmeranteil zu zahlen habe. Im Anhang sind insoweit nähere Angaben zur Höhe des versicherten Gehalts sowie zum Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil enthalten. Daneben erwähnt der Anhang auch die am erteilte Versorgungszusage bei der VOLKSWOHL BUND Lebensversicherung a.G. Diesbezüglich wird festgehalten, dass der Arbeitgeber hierzu die kompletten Beiträge trage und bei Vollendung des 65. Lebensjahres eine lebenslängliche Rente von 1.022,58 Euro im Monat zahle.
31(2) Aus dem Wortlaut und der Gesamtschau der Regelungen im Dienstvertrag, insbesondere dessen § 11 und dem hierzu beigefügten Anhang, ergibt sich, dass die zugesagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch den Dienstvertrag und insbesondere dessen Anhang nicht geändert werden sollten. Vielmehr dient der Anhang erkennbar der kurz gefassten Wiedergabe dessen, was aufgrund bereits bestehender Vereinbarungen gilt. Insbesondere der Teil des Anhangs betreffend die weitere und vorliegend streitige betriebliche Altersversorgung enthält keine eigenständige Regelung. Er geht lediglich unzutreffend davon aus, dass bei der VOLKSWOHL BUND Lebensversicherung a.G. eine betriebliche Altersversorgung bestehe, zu der der Arbeitgeber die Beiträge vollständig trage. Die Versorgungszusage vom hat jedoch keine Direktversicherung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG iVm. § 1b Abs. 2 BetrAVG zum Gegenstand, sondern eine Direktzusage des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG. Die angesprochene Versicherung vom ist die zeitgleich abgeschlossene Rückdeckungsversicherung der Beklagten mit der VOLKSWOHL BUND Lebensversicherung a.G., bei der die Beklagte Versicherungsnehmerin und Bezugsberechtigte ist, der Kläger lediglich versicherte Person. Diese Rückdeckungsversicherung ist an den Kläger und seine Ehefrau verpfändet worden. Es ist fernliegend, dass die Parteien der Versorgungszusage und des Dienstvertrags durch die Formulierung im Anhang des Dienstvertrags die Rückdeckungsversicherung in eine Direktversicherung umwandeln (vgl. etwa Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm 9. Aufl. BetrAVG § 1 Rn. 96) und damit dem Kläger das Bezugsrecht aus der Rückdeckungsversicherung hätten zukommen lassen wollen. Bei diesem Verständnis wäre die VOLKSWOHL BUND Lebensversicherung a.G. Schuldnerin der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung geworden und die Beklagte würde lediglich im Wege der Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG haften. Diese Annahme wäre nicht vom Parteiwillen getragen. Der Kläger selbst geht erkennbar hiervon nicht aus. Vielmehr meint er, dass die ursprüngliche Versorgungszusage der Beklagten vom durch den Anhang nur insoweit geändert wurde, dass die bisher vorhandene Ersetzungsbefugnis der Beklagten aufgehoben worden sei. Für eine Absicht, die ursprüngliche Zusage in dieser Weise isoliert zu ändern, gibt es indes im Dienstvertrag und seinem Anhang keine Anhaltspunkte.
32c) Die Ersetzungsbefugnis verstößt weder gegen das Verzichtsverbot aus § 3 BetrAVG noch stehen ihr betriebsrentenrechtliche Wertungen entgegen.
33aa) Die Ersetzungsbefugnis stellt keine unzulässige Abfindung einer Anwartschaft bzw. laufender Rentenleistungen iSv. § 3 Abs. 1 BetrAVG dar. Mit ihr wird nicht auf eine Anwartschaft oder eine laufende Leistung verzichtet, vielmehr wird mit der Kapitalleistung der Anspruch aus der Versorgungszusage erfüllt (vgl. - Rn. 3; Pakirnus in Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Stand August 2022 Teil 11 Rn. 36 mwN). Das Kapitalwahlrecht kann allerdings nur bis zum Beginn des Leistungszeitraums ausgeübt werden. Ansonsten müssten, da es sich dann um eine Abfindung bereits laufender Rentenleistungen handeln würde, die Voraussetzungen von § 3 BetrAVG erfüllt sein. Ein durch die Versorgungsregelung vorgesehenes Kapitalwahlrecht des Arbeitgebers ist in § 3 BetrAVG nicht privilegiert (Wortmann in Tschöpe Arbeitsrecht 12. Aufl. Teil 2 E Rn. 389).
34bb) Es gibt auch keine betriebsrentenrechtlichen Wertungen, die einer Ersetzungsbefugnis grundsätzlich entgegenstünden. Sowohl die Zahlung lebenslänglicher Renten als auch die Zahlung einmaliger Kapitalbeträge erfüllen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Das Betriebsrentengesetz anerkennt beide Formen der Versorgung.
35Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG liegt betriebliche Altersversorgung vor, wenn dem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zugesagt sind. Die Zusage muss einem Versorgungszweck dienen und die Leistungspflicht muss nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis, nämlich Alter, Invalidität oder Tod ausgelöst werden. Erforderlich und ausreichend ist, dass durch die vorgesehene Leistung ein im Betriebsrentengesetz genanntes biometrisches Risiko teilweise übernommen wird. Die Altersversorgung deckt einen Teil der „Langlebigkeitsrisiken“, die Hinterbliebenenversorgung einen Teil der Todesfallrisiken und die Invaliditätssicherung einen Teil der Invaliditätsrisiken ab. Die Risikoübernahme muss in einer Versorgung bestehen. Dabei ist der Begriff der Versorgung weit auszulegen. Versorgung sind alle Leistungen, die den Lebensstandard des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Versorgungsfall verbessern sollen (vgl. - Rn. 23 mwN, BAGE 133, 289). Außer Zusagen auf rentenförmige Leistungen können auch einmalige Kapitalzuwendungen die Merkmale der betrieblichen Altersversorgung erfüllen ( - Rn. 15, BAGE 156, 196; - 3 AZR 315/02 - zu I 3 a der Gründe; - 3 AZR 22/85 - zu I 1 der Gründe, BAGE 53, 131). Es genügt, dass der Versorgungszweck die Leistung und deren Regelung prägt ( - Rn. 13, BAGE 145, 314).
36d) Bei der Klausel in der Versorgungszusage, mit der der Beklagten vorbehalten ist, die zugesagten lebenslangen Renten durch eine einmalige, wertgleiche Kapitalleistung zu ersetzen, handelt es sich um einen Änderungsvorbehalt, der einer Kontrolle am Maßstab von § 308 Nr. 4 BGB standhält.
37aa) Nach § 308 Nr. 4 BGB ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. § 308 Nr. 4 BGB findet gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch auf sog. Einmalbedingungen Anwendung. Die Bestimmung erfasst Leistungsänderungs- und Leistungsabweichungsvorbehalte des Verwenders und damit nur Vorbehalte des Arbeitgebers, die sich auf eine Änderung oder Abweichung, nicht aber eine bloße Konkretisierung der Leistung beziehen (CKK/Roloff 2. Aufl. § 308 BGB Rn. 46). Der Begriff der Zumutbarkeit in § 308 Nr. 4 BGB verlangt eine Abwägung zwischen den Interessen des Klauselverwenders an der Möglichkeit einer Änderung seiner Leistung und denen des anderen Vertragsteils an deren Unveränderlichkeit. Die Zumutbarkeit einer Leistungsänderungsklausel ist zu bejahen, wenn die Interessen des Verwenders die für das jeweilige Geschäft typischen Interessen des anderen Vertragsteils überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind ( - Rn. 27 mwN, BAGE 159, 148; - zu II 1 b der Gründe).
38bb) Der Arbeitgeber - als der die Versorgung Versprechende - hat ein legitimes Interesse daran, sich im Zeitpunkt der Versorgungszusage vorzubehalten, die versprochene Zahlung laufender Renten durch eine wertgleiche einmalige Kapitalleistung zu ersetzen. Bei einer Versorgungszusage handelt es sich um eine typischerweise auf Jahrzehnte angelegte Leistungsverpflichtung, die wegen ihrer Langfristigkeit in besonderem Maße Unsicherheiten und Unwägbarkeiten unterworfen ist. Sowohl die wirtschaftlichen als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen können sich, ohne dass dies im Zeitpunkt der Zusage absehbar wäre, bis zum Eintritt des Versorgungsfalls erheblich ändern. Daraus kann ein nachvollziehbares Interesse entstehen, durch eine Kapitalisierung das Versorgungsverhältnis kurzfristig zu beenden und hierdurch die betriebliche Altersversorgung kalkulierbarer zu gestalten (vgl. - Rn. 47).
39cc) Dem Interesse des Arbeitnehmers, dass ihm nicht bereits erdientes Entgelt im Nachhinein - unmittelbar vor Eintritt des Versorgungsfalls - auch nur teilweise wieder entzogen wird, obwohl er seine Gegenleistungen während des bestehenden Arbeitsverhältnisses bereits vollständig erbracht hat, ist in der Klausel dadurch Rechnung getragen, dass die zugesagte Rentenzahlung nur durch eine wertgleiche Kapitalleistung ersetzt werden kann. Anderenfalls wäre sie dem Kläger nicht zumutbar iSv. § 308 Nr. 4 BGB. Betriebliche Altersversorgung hat Versorgungs-, aber auch Entgeltcharakter, sie stellt eine Gegenleistung für die Beschäftigungszeit dar und damit auch für die während der Beschäftigung erbrachte Tätigkeit des Arbeitnehmers ( - Rn. 50, BAGE 174, 116). Bei bestehender Gleichwertigkeit erhält der Arbeitnehmer jedoch die volle Gegenleistung, nur in einer anderen Form. Laufende Rentenzahlungen und einmalige Kapitalleistungen sind nach dem Betriebsrentengesetz grundsätzlich gleichwertige Formen der betrieblichen Altersversorgung (vgl. - Rn. 79, BAGE 141, 259; - 3 AZR 127/99 - zu II 2 b bb der Gründe).
40dd) Zwar hat der Arbeitnehmer typischerweise auch gewichtige Interessen an der Beibehaltung der zugesagten Rentenzahlungen anstelle einer wertgleichen Kapitalleistung. Mit der Zusage einer lebenslangen Rente übernimmt der Arbeitgeber letztlich das sog. Langlebigkeitsrisiko unter Beachtung der Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht nach § 16 BetrAVG. Zudem birgt der Wechsel von laufenden Rentenleistungen hin zu einer Kapitalleistung die Gefahr, dass es aufgrund der Progressionswirkung zu einer höheren Steuerlast des Versorgungsempfängers kommt. Dies gilt auch bei Leistung des Kapitalbetrags in Teilbeträgen, die dem Versorgungsberechtigten in mehreren Jahren zufließen. Im Hinblick auf eine mögliche Zwangsvollstreckung führt der Übergang von laufenden Rentenleistungen zu einer Kapitalleistung ebenfalls zu Veränderungen. Während laufende Rentenleistungen dem Pfändungsschutz des § 850c ZPO unterliegen, unterfallen Kapitalleistungen dem Pfändungsschutz nach § 850i ZPO, wobei zur Bewirkung des Pfändungsschutzes ein Antrag, dh. ein Tätigwerden des Schuldners nötig ist (vgl. - Rn. 78 ff., BAGE 141, 259).
41ee) Diese Interessen des Arbeitnehmers an der Beibehaltung monatlicher Rentenzahlungen vermögen jedoch nicht grundsätzlich das Interesse des Arbeitgebers an der Möglichkeit einer Ersetzung der Rentenzahlungen durch eine gleichwertige Kapitalleistung zu überwiegen (vgl. - Rn. 47). Sie stehen daher nicht bereits der Zumutbarkeit einer entsprechenden Ersetzungsklausel iSv. § 308 Nr. 4 BGB entgegen. Die Abwägung der konkreten wechselseitigen Interessen erfolgt jedoch nach den bei der Ausübung der Ersetzungsbefugnis durch den Arbeitgeber gegebenen Umständen. Die Ausübung eines Änderungsvorbehalts durch den Arbeitgeber muss gemäß § 315 Abs. 1 BGB im Zweifel billigem Ermessen entsprechen (zur Ausübung eines Widerrufsvorbehalts vgl. - Rn. 22). Da die hier streitige Ersetzungsklausel dazu nichts Abweichendes bestimmt, ist sie dem Kläger auch insofern nicht unzumutbar iSv. § 308 Nr. 4 BGB.
42ff) Der Zumutbarkeit iSv. § 308 Nr. 4 BGB steht auch nicht entgegen, dass in der Klausel keine Gründe für die Ausübung der Ersetzungsbefugnis genannt sind. Soweit angenommen wird, dass zum Schutz des Klauselgegners regelmäßig neben den aus der Zumutbarkeit abgeleiteten materiellen auch formale Anforderungen erfüllt sein müssen, ein Änderungsvorbehalt nach § 308 Nr. 4 BGB also nicht nur als Instrument der Anpassung notwendig sei, sondern grundsätzlich auch den Anlass angeben müsse, aus dem das Änderungsrecht entstehen soll, sowie die Grenzen der Ausübung so konkret wie möglich festzulegen seien ( - Rn. 24 mwN; Däubler/Deinert/Walser/Bonin/Walser 5. Aufl. § 308 Nr. 4 Rn. 18; ErfK/Preis 23. Aufl. BGB §§ 305-310 Rn. 51), ist dies auf eine Ersetzungsklausel wie im Streitfall nicht übertragbar. Eine nähere Spezifizierung von Gründen für die Ausübung der Ersetzungsbefugnis ist dem Arbeitgeber im Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage typischerweise nicht möglich. Gerade weil die Entwicklung der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen er die Versorgungszusage erteilt, bis zum Eintritt des Versorgungsfalls nicht absehbar ist, hat er ein legitimes Interesse daran, sich vorzubehalten, unter Wahrung billigen Ermessens iSv. § 315 Abs. 1 BGB die zugesagte Rentenzahlung durch eine wertgleiche Kapitalleistung zu ersetzen. Ein Verweis auf noch nicht absehbare Änderungen der wirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen bedeutete keinen relevanten Mehrgewinn an Transparenz, sondern stellte letztlich eine bloße Leerformel dar. Die besonderen Umstände bei der Zusage von auf lange Frist eingegangenen Versorgungsverpflichtungen stellen insofern eine Besonderheit des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB dar (vgl. - Rn. 72; - 3 AZR 298/20 - Rn. 70), aufgrund derer für die Zumutbarkeit iSv. § 308 Nr. 4 BGB keine weitere Konkretisierung der Klausel erforderlich ist. Eine andere Sichtweise würde letztlich dazu führen, dass Arbeitgeber keine lebenslangen Renten, sondern nur noch einmalige Kapitalleistungen zusagen, um gegen künftige Unwägbarkeiten gewappnet zu sein, was nicht im Interesse der Versorgungsempfänger wäre. Anders als etwa bei Zinsanpassungsklauseln (vgl. dazu - BGHZ 231, 215) oder arbeitsvertraglichen Widerrufsvorbehalten (vgl. dazu - Rn. 21 ff.) geht es bei den in Versorgungszusagen verbreiteten wertgleichen Ersetzungsklauseln auch nicht darum, Gründe für eine Änderung des Gefüges von Leistung und Gegenleistung transparent zu machen. Es soll vielmehr nur die zugesagte Leistung durch eine andere wertgleiche Leistung, unter Wahrung billigen Ermessens, ersetzt werden können.
43gg) Unionsrecht steht diesem Verständnis der Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Bereich der betrieblichen Altersversorgung nicht entgegen. Insbesondere ist die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG L 95 vom S. 29, geändert durch Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom , ABl. EU L 304 vom S. 64; nachfolgend Richtlinie) nicht einschlägig. Sie betrifft gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 nur Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern. Verbraucher in diesem Sinne ist nach Art. 2 Buchst. b der Richtlinie nicht, wer zu einem Zweck handelt, der seiner beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Von der Richtlinie ausgenommen sind demnach gemäß Satz 3 ihres 10. Erwägungsgrundes „insbesondere Arbeitsverträge“. Darunter fallen auch Verträge über die Durchführung einer betrieblichen Altersversorgung, die - wie vorliegend - ihre rechtliche Wurzel im Arbeitsvertrag haben (vgl. - Rn. 72).
44Unerheblich ist, ob der nationale Gesetzgeber die Richtlinie insoweit überschießend umgesetzt hat, wie er in § 13 BGB und § 310 Abs. 3 BGB Arbeitnehmer als Verbraucher eingeordnet hat. Dies änderte nichts an der Anwendung von § 308 Nr. 4 BGB auf die hier in Rede stehende Ersetzungsklausel unter Beachtung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten einer Versorgungszusage.
45e) Der Senat kann nicht selbst entscheiden, ob die Ausübung der vorbehaltenen Ersetzungsbefugnis durch die Beklagte billigem Ermessen iSv. § 315 BGB entspricht. Dies wäre der Fall, wenn Interessen der Beklagten an einer Ersetzung der versprochenen Rentenzahlungen durch eine gleichwertige Kapitalleistung bestanden, die die Interessen des Klägers an der Beibehaltung der Rentenzahlungen überwogen (vgl. - Rn. 43). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt dabei der Bestimmungsberechtigte ( - Rn. 40). Das Landesarbeitsgericht, das von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequenterweise keine Kontrolle am Maßstab billigen Ermessens vorgenommen hat, wird den Parteien dazu im fortgesetzten Berufungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und die betreffende Würdigung nachzuholen haben. Ausgangspunkt der vorzunehmenden Interessenabwägung ist, dass es sich bei laufenden Rentenzahlungen und einmaligen Kapitalleistungen um nach dem Betriebsrentengesetz grundsätzlich gleichwertige Formen der betrieblichen Altersversorgung handelt (vgl. - Rn. 79, BAGE 141, 259; - 3 AZR 127/99 - zu II 2 b bb der Gründe). Der Versorgungsempfänger hat allerdings im Grundsatz gewichtige Interessen an einer Beibehaltung der ursprünglich zugesagten Rentenzahlung (vgl. Rn. 40).
46Für den Arbeitgeber als Versorgungsschuldner kann demgegenüber ein Interesse an der Umstellung auf eine Kapitalleistung erwachsen, um einen bei der Erteilung der ursprünglichen Zusage nicht vorhersehbar gestiegenen Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Der Umstand, dass er seinen Betrieb einstellen, übergeben oder stilllegen und deshalb die bestehenden Versorgungszusagen früher erfüllen möchte, kann ebenfalls ein für die Ersetzung der zugesagten Rente durch eine Kapitalleistung sprechendes Interesse sein. Ebenso zugunsten des Arbeitgebers zu berücksichtigen wäre eine mit der Ersetzung einhergehende Erhöhung der Kapitalleistung gegenüber dem versicherungsmathematisch ermittelten Barwert der laufenden Leistung, mithin eine Leistungsverbesserung (vgl. - Rn. 84, BAGE 141, 259). Aber auch wirtschaftliche Probleme des Arbeitgebers können im Zusammenhang mit einer durch die Ersetzung eintretenden Verbesserung bei der Bilanzierung und Finanzierung der Versorgungsleistung beachtlich sein (vgl. - aaO), ebenso wie eine gegenüber der Situation bei Erteilung der Versorgungszusage relevante Veränderung rechtlicher Rahmenbedingungen.
47f) Das Landesarbeitsgericht wird sich für den Fall, dass es zur Annahme gelangt, die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung zur Ersetzung der lebenslangen Rente durch eine einmalige wertgleiche Kapitalleistung die Grenzen billigen Ermessens verletzt und schulde dem Kläger deshalb nach wie vor eine lebenslange Altersrente, mit der Anspruchshöhe auseinanderzusetzen haben. Der Kläger ist vor dem Erreichen der in der Versorgungszusage bestimmten festen Altersgrenze der Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. 65. Lebensjahres und weiterer neun Monate (vgl. - Rn. 47 ff., BAGE 141, 259) aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden und hat wohl auch keine Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in Anspruch genommen. Dann wäre er iSd. Versorgungszusage vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und seine Altersrente wäre entsprechend der Vorgaben der Versorgungszusage nach den Regelungen des Betriebsrentengesetzes für vorzeitig ausgeschiedene Arbeitnehmer zu berechnen. Bei einem Leistungsbeginn zum handelte es sich in diesem Fall um einen vorgezogenen Leistungsbeginn iSd. Versorgungszusage, mit der Folge von Abschlägen iHv. 0,5 vH pro Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme vor dem Zeitpunkt der festen Altersgrenze.
48III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2023:170123.U.3AZR501.21.0
Fundstelle(n):
BB 2023 S. 1075 Nr. 19
BB 2023 S. 1401 Nr. 24
BB 2023 S. 1408 Nr. 24
DB 2023 S. 1548 Nr. 26
NWB-Eilnachricht Nr. 25/2023 S. 1767
ZIP 2023 S. 1144 Nr. 21
WAAAJ-38158