Auskunfts- und Vorlageersuchen an Behörden und Gerichte - Datenschutz
Bezug:
1. Die sich aus § 93 Abs. 1 AO für dritte Personen, wozu auch Behörden und Gerichte rechnen, ergebende Verpflichtung zur Auskunft wird durch das Landesdatenschutzgesetz (LDSG) nicht eingeschränkt (Art. 31 Grundgesetz, § 2 Abs. 3 Satz 1 LDSG).
§ 93 Abs. 1 AO geht gem. § 105 Abs. 1 AO anderen bundeseinheitlich geregelten, bereichsspezifischen Datenschutzvorschriften (z.B. Bundesdatenschutzgesetz) vor, es sei denn, die Anwendbarkeit des § 105 AO ist durch Bundesrecht ausdrücklich ausgeschlossen.
2. Auskunftsersuchen an Gerichte und Behörden sind auf § 93 AO und nicht auf die Amtshilfevorschriften der §§ 111, 112 AO zu stützen.
Die allgemeinen Grundsätze der Amtshilfe, wie sie in Art. 35 Grundgesetz niedergelegt und in den §§ 111, 112 AO konkretisiert sind, stellen nach dem zum Volkszählungsgesetz (1 BvR 209/83, BVerfGE 65, 1) eine nicht zulässige Einschränkung des Rechts des Einzelnen dar, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung der auf seine Person bezogenen Daten zu bestimmen. Beschränkungen dieses Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Einschränkung klar und für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht. Diese Voraussetzung wird nur von § 93 AO, nicht aber von den §§ 111, 112 AO erfüllt. § 93 AO enthält durch die Normierung einer speziellen Auskunftspflicht eine bereichsspezifische - auf das steuerrechtliche Verwaltungsverfahren bezogene - datenschutzrechtliche Regelung, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gesetzliche Ermächtigung zu Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung genügt.
3. Ersuchen an Behörden und Gerichte zur Vorlage von Urkunden und sonstigen Beweismitteln sind stets auf § 97 AO - nicht auf § 112 Abs. 1 Nr. 4 AO - zu stützen. Die Grundsätze nach den Tzn. 1 und 2 gelten insoweit entsprechend.
4. Der Informationsaustausch zwischen Finanzbehörden, der seine rechtliche Grundlage in § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO hat (vgl. , BStBl 1992 II S. 616), bleibt unberührt.
OFD Karlsruhe v. - S
0230
Fundstelle(n):
AO-Kartei
BW AO §
93 Karte Karte
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SAAAJ-35469