"Korrigierende Höhergruppierung" - Stufenlaufzeit
Leitsatz
Die Korrektur einer seit Beginn der Tätigkeit zu niedrigen Eingruppierung ist keine Höhergruppierung im Sinne von § 17 Abs. 4 TVöD-AT (juris: TVöD).
Gesetze: § 17 Abs 4 S 2 TVöD, § 16 Abs 3 TVöD, § 12 TVöD, § 4 Abs 4 S 1 TVG
Instanzenzug: Az: 7 Ca 182/20 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az: 12 Sa 85/20 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung der Klägerin und daraus folgende Vergütungsansprüche.
2Die Klägerin ist seit dem bei der beklagten Stadt im Gemeindevollzugsdienst und in der Sekretariatsvertretung beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit die Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung Anwendung. Dessen Allgemeiner Teil bestimmt in der ab dem geltenden Fassung auszugsweise Folgendes:
3Die Klägerin wurde seit dem zunächst nach Entgeltgruppe 7 Stufe 3 TVöD (VKA) bezahlt. Ihrer mit Schreiben vom erhobenen Forderung auf Vergütung nach Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD (VKA) kam die Beklagte nicht nach. Obwohl die Tätigkeit der Klägerin unverändert geblieben war, vergütete die Beklagte die Klägerin jedoch rückwirkend seit dem nach Entgeltgruppe 8 Stufe 3 TVöD (VKA). Die Klägerin verlangte weiterhin eine Vergütung nach Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD (VKA) jedenfalls seit dem und erhob eine entsprechende Feststellungsklage. Diese war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich. Die Beklagte legte hiergegen Berufung ein. Während des Berufungsverfahrens geführte Vergleichsverhandlungen bezüglich des Beginns einer etwaigen Vergütung der Klägerin nach Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD (VKA) mündeten in einem Vergleich, welchen das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom im Verfahren - 14 Sa 33/19 - feststellte:
4Über den Beginn der Stufenlaufzeit zur Stufe 4 konnten sich die Parteien nicht verständigen. Sie beabsichtigten diesbezüglich eine gesonderte Einigung. Eine solche kam nicht zustande.
5Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Vergütung nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) seit dem verlangt und dies bezogen auf die Zeit bis zum mit Zahlungsanträgen konkretisiert.
6Die dreijährige Stufenlaufzeit zur Stufe 4 habe nicht erst mit dem als Beginn der vereinbarten Pflicht zur Vergütung nach Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) begonnen. Da sich ihre Tätigkeit seit dem - unstreitig - nicht verändert habe, handle es sich der Sache nach um eine korrigierende Höhergruppierung. Auf eine solche finde § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT keine Anwendung. Die Stufenlaufzeit habe nach dem allein maßgeblichen § 16 Abs. 3 TVöD-AT (VKA) bereits mit dem zu laufen begonnen, weil die Voraussetzungen einer Eingruppierung in der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) schon seit diesem Zeitpunkt erfüllt gewesen seien. Angesichts der Gewährung der Stufe 3 bei Einstellung sei die zur Erreichung der Stufe 4 maßgebliche Stufenlaufzeit von drei Jahren am abgelaufen. Seitdem bestehe der Anspruch auf ein Entgelt nach Stufe 4 der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA).
7Hilfsweise sei festzustellen, dass diese Vergütungspflicht entsprechend der einseitigen Änderung der Eingruppierung der Beklagten zum seit dem bestehe.
8Die Klägerin hat daher beantragt,
9Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Die Parteien hätten sich im Rahmen eines Tatsachenvergleichs auf den Beginn der Zahlungsverpflichtung nach Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD (VKA) am verständigt. Mit diesem Vergleich sei auch der Beginn der Stufenlaufzeit festgelegt worden. Es handle sich um eine Höhergruppierung. Nach § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT beginne die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe mit dem Tag der Höhergruppierung, dh. vorliegend mit dem . Bezogen auf die Stufe 4 habe die Stufenlaufzeit folglich erst zum geendet. Auf die bestrittene Behauptung der Klägerin, dass sie die Voraussetzungen der Eingruppierung nach Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) bereits seit dem erfülle, komme es vor diesem Hintergrund nicht an.
10Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht diese Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hin hat der Senat mit Beschluss vom (- 6 AZN 337/21 -) die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Klägerin ihre Klageziele weiter.
Gründe
11Die Revision ist teilweise begründet.
12A. Die zu 1. als Hauptantrag erhobene Feststellungsklage ist teilweise unzulässig. Im Übrigen kann über die begehrte Feststellung und die mit den Anträgen zu 2. und 3. erhobene Leistungsklage noch nicht abschließend entschieden werden. Die streitgegenständliche Stufenzuordnung hängt von der Eingruppierung der Klägerin seit dem ab. Diese kann der Senat mangels hinreichender Feststellungen nicht selbst beurteilen.
13I. Die zu 1. als Hauptantrag erhobene Feststellungsklage ist teilweise unzulässig.
141. Dem Feststellungsantrag fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, soweit er sich für die Zeit vom bis zum mit der zu 2. und 3. erhobenen Leistungsklage überschneidet. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, welches über die mit der Leistungsklage verfolgte Zahlung hinausgehende Interesse für diesen Zeitraum an der begehrten Feststellung besteht. Deshalb ist die Klage auch nicht als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig (vgl. - Rn. 14; - 6 AZR 146/20 - Rn. 17).
152. Im Übrigen ist der Antrag bei gebotener Auslegung zulässig (zur rechtsschutzgewährenden Auslegung - Rn. 15). Zwar erfasst er seinem Wortlaut nach auch die Zeit ab dem . Diesbezüglich bestünde kein Feststellungsinteresse, weil die streitgegenständliche Vergütungspflicht auch nach Auffassung der Beklagten seit diesem Zeitpunkt besteht. Nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin ist sie sich dessen aber bewusst. Der Antrag ist offensichtlich nur auf den zwischen den Parteien umstrittenen Zeitraum bis zum gerichtet. Dies entspricht dem in der Verhandlung vor dem Senat zum Ausdruck gebrachten Verständnis der Parteien.
16II. Ob die zu 1. bis 3. zulässig gestellten Hauptanträge begründet sind, kann noch nicht abschließend entschieden werden.
171. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat zum keine Höhergruppierung iSv. § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT stattgefunden, welche den tariflichen Beginn der Stufenlaufzeit in Stufe 3 der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) ausgelöst hätte.
18a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT beginnt die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe mit dem Tag der Höhergruppierung. Der Begriff der Höhergruppierung wird in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes entsprechend dem allgemeinen Wortgebrauch meist im Sinne einer dauerhaften Übertragung von Tätigkeiten einer höheren Entgeltgruppe verwendet ( - Rn. 19, BAGE 174, 63). Auch die bloße Änderung einer bestehenden Eingruppierungsordnung kann zu einer Höhergruppierung im Sinne einer Einordnung in eine höhere Entgeltgruppe führen, denn den Tarifvertragsparteien steht es grundsätzlich frei, Tätigkeiten im eingruppierungsrechtlichen Sinne neu zu bewerten ( - Rn. 24). Hiervon abzugrenzen ist die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ( - Rn. 18, BAGE 148, 312).
19b) Bei einer Korrektur der Eingruppierung ist zu differenzieren.
20aa) Es liegt keine Höhergruppierung im Tarifsinne vor, wenn der Beschäftigte aufgrund einer falschen Bewertung der Tätigkeit durch den Arbeitgeber schon seit der Einstellung irrtümlich nach einer niedrigeren Entgeltgruppe vergütet wurde und der Arbeitgeber diesen Fehler korrigieren will. Einer solchen Änderung der Eingruppierung liegt keine Veränderung der Tätigkeit oder der Eingruppierungsregelungen zu Grunde. Aufgrund der Tarifautomatik der Eingruppierung (§ 12 TVöD-AT [VKA] iVm. Anlage 1 - Entgeltordnung [VKA]) befand sich der Beschäftigte vielmehr eingruppierungsrechtlich schon seit dem Zeitpunkt, in dem die tariflichen Eingruppierungsmerkmale der höheren Entgeltgruppe erfüllt waren, in der höheren Entgeltgruppe und hat daher in dieser seitdem durchgehend Berufserfahrung erworben (zur Tarifautomatik vgl. - Rn. 12). Er ist daher nach der Korrektur der Eingruppierung in der höheren Entgeltgruppe der Stufe zuzuordnen, der die Zeit in dieser Tätigkeit entspricht. Die Stufenzuordnung ist nach § 16 TVöD-AT (VKA) in der höheren Entgeltgruppe neu vorzunehmen und nach der Stufenfindung die Stufenlaufzeit nachzuzeichnen (Spelge ZTR 2020, 127; vgl. auch BeckOK TVöD/Felix TVöD-AT § 17 Stand Rn. 167). § 17 Abs. 4 TVöD-AT kommt in dieser Konstellation nicht zur Anwendung (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 17 Stand Januar 2015 Rn. 43; Conze/Karb/Wölk/Reidel 7. Aufl. Höhergruppierung, dauerhafte Rn. 1838; Spelge aaO). Bezogen auf die Vergangenheit wird der Anspruch auf Entgelt nach der höheren Entgeltgruppe allerdings durch die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 37 TVöD-AT begrenzt (BeckOK TVöD/Felix aaO).
21bb) Hiervon zu unterscheiden ist eine nach der Einstellung, dh. im Laufe des Arbeitsverhältnisses, aufgrund Tätigkeits- oder Regelungsveränderung nach dem Grundsatz der Tarifautomatik eingetretene Höhergruppierung, welche nicht umgesetzt wurde. Wird der Tarifautomatik später im Wege der sog. „korrigierenden Höhergruppierung“ Rechnung getragen, handelt es sich unverändert um eine Höhergruppierung iSd. § 17 Abs. 4 TVöD-AT. Die Tarifautomatik bewirkt, dass die Korrektur auf das Datum der Übertragung der Tätigkeit bzw. der Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals zurückwirkt (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Teil B 1 § 17 Stand Februar 2022 Rn. 67). Dementsprechend beginnt auch die Stufenlaufzeit rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Höhergruppierung (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 17 Stand Januar 2015 Rn. 43).
22cc) Die entgegenstehende Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wonach gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT bei Korrekturen stets an den Zeitpunkt der Höhergruppierung anzuknüpfen sei, lässt außer Acht, dass sich der tariflich maßgebliche Zeitpunkt der Höhergruppierung allein nach dem in sich geschlossenen tariflichen Vergütungssystem bestimmt. Gleiches gilt bezüglich der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zum Ausdruck gebrachten Überlegung der Beklagten, wonach § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT seinem Wortlaut nach auch auf vertraglich vereinbarte Höhergruppierungen Anwendung finde. Dies ist zwar für sich betrachtet zutreffend, eine derart isolierte Anwendung von § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT wäre aber mit der Einbettung der Norm in den tariflichen Gesamtzusammenhang nicht vereinbar. Mit der korrigierenden Höhergruppierung soll den tariflichen Regelungen im Ganzen zur Geltung verholfen werden. § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT greift daher nur bei nach dem Grundsatz der Tarifautomatik erfolgenden Höhergruppierungen.
23dd) Ungeachtet dessen beginnt bei übertariflich vereinbarten Höhergruppierungen die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe mit dem Tag der Höhergruppierung, wenn die Parteien nichts Abweichendes regeln. Nach dem auch bei übertariflichen Höhergruppierungen weiter zu beachtenden Zweck des Stufensystems des TVöD-AT bedarf es einer ausdrücklichen Anordnung, wenn in anderen Entgeltgruppen erworbene Stufenlaufzeiten in eine höhere oder niedrigere Entgeltgruppe „mitgenommen“ werden sollen (vgl. - Rn. 17, BAGE 159, 214).
24c) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass zum eine tarifliche Höhergruppierung iSv. § 17 Abs. 4 TVöD-AT stattgefunden hat. Das ist aber offenkundig nicht der Fall, denn die Tätigkeit der Klägerin blieb seit Beginn des Arbeitsverhältnisses am unstreitig unverändert. Gleiches gilt bezüglich der einschlägigen Eingruppierungsregelungen in Teil A Abschn. I Ziff. 3 der Entgeltordnung (VKA). Ein tariflich vorgesehener Beginn der Stufenlaufzeit kommt daher zum nicht in Betracht.
252. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts könnte sich dennoch im Ergebnis als richtig darstellen (§ 561 ZPO).
26a) Die Stufenlaufzeit ist nach § 16 Abs. 3 TVöD-AT (VKA) innerhalb derselben Entgeltgruppe zurückzulegen (vgl. hierzu - Rn. 17, BAGE 159, 214). Die Begründetheit des mit den Hauptanträgen verfolgten Klagebegehrens würde demnach voraussetzen, dass die für einen Aufstieg in die Stufe 4 zu erfüllende Stufenlaufzeit von drei Jahren mit dem in der Entgeltgruppe 9a Stufe 3 TVöD (VKA) begonnen hat. Die Beklagte stellt eine Zuordnung zur Stufe 3 am nicht in Abrede. Umstritten ist aber die Eingruppierung geblieben. Bei einer tariflichen Eingruppierung in der Entgeltgruppe 7 oder 8 TVöD (VKA) seit dem hätte die Stufenlaufzeit in der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) aufgrund der vergleichsweise vereinbarten, übertariflichen Höhergruppierung erst ab dem zu laufen begonnen. In diesem Falle wäre die streitgegenständliche Vergütung entsprechend der Auffassung des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten frühestens ab dem zu leisten gewesen.
27b) Mangels hinreichender Feststellungen bezüglich der maßgeblichen Eingruppierung kann der Senat über das Begehren der Klägerin nicht selbst entscheiden.
28aa) Hinsichtlich der Eingruppierung der Klägerin vom bis zum existiert keine abschließende gerichtliche Entscheidung. Die der Klage auf Vergütung nach Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) stattgebende erstinstanzliche Entscheidung wurde nicht rechtskräftig. Das Berufungsverfahren wurde durch den Vergleich vom und nicht durch Urteil beendet.
29bb) Aus dem Vergleich vom kann nicht geschlossen werden, dass die Klägerin nach den tariflichen Eingruppierungsregelungen bereits seit dem in der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) eingruppiert war und die Stufenlaufzeit in Stufe 3 zu diesem Zeitpunkt begann.
30(1) Eine Einigung bezüglich des Stufenaufstiegs, welcher an die Eingruppierung anknüpft, kam nach Auffassung beider Parteien nicht zustande. Ziffer 1 des Vergleichs beinhaltet dementsprechend seinem Wortlaut nach lediglich eine ab dem geltende Zahlungsverpflichtung der Beklagten bezüglich Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA). Dies kann nicht als rechtlich bindender Tatsachenvergleich bezüglich des Vorliegens bestimmter Eingruppierungsvoraussetzungen zu einem bestimmten Zeitpunkt mit Auswirkung auf die Stufenlaufzeit verstanden werden.
31(2) Wäre die Klägerin nach den tariflichen Eingruppierungsvorgaben (erst) seit dem in der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) eingruppiert gewesen, würde es sich nur um die deklaratorische Wiedergabe einer Zahlungsverpflichtung handeln, welche nach Tarifrecht ohnehin besteht.
32(3) Wäre die Klägerin nach Tarifrecht zum eigentlich in einer niedrigeren Entgeltgruppe eingruppiert gewesen, so würde es sich um die konstitutive Regelung einer übertariflichen Leistung handeln, welche keinen zwingenden Rückschluss auf die tarifliche Eingruppierung für die Zeit vom bis zum zuließe. Diese Frage blieb gerade ungeklärt.
33(4) Sollte nach den tariflichen Regelungen bereits seit dem eine Vergütungspflicht nach Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) bestanden haben, so stünde die vergleichsweise geschlossene Vereinbarung dem streitgegenständlichen Anspruch nicht entgegen. Ein Verzicht der Klägerin auf tarifliche Rechte, welche sich wie zB der Stufenaufstieg aus einer Eingruppierung in der Entgeltgruppe 9a TVöD (VKA) seit dem ergäben, wäre mangels Billigung der Tarifvertragsparteien unzulässig.
34(a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts finden die Regelungen des TVöD (VKA) auf das Arbeitsverhältnis aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG) Anwendung. Nach § 4 Abs. 3 TVG sind von dem Tarifvertrag abweichende Abmachungen nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zu Gunsten des Arbeitnehmers enthalten. Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nach § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Dies gilt auch für den Prozessvergleich (ErfK/Franzen 22. Aufl. TVG § 4 Rn. 45).
35(b) Die Eingruppierungsvorgaben sind nach § 12 Abs. 1 TVöD-AT (VKA) zwingend. Dies übersieht das Landesarbeitsgericht, wenn es ausführt, dass sich die Parteien auf den Zeitpunkt der Höhergruppierung zum wirksam geeinigt hätten. Die Einigung stellt keinen Tatsachenvergleich dar, auf den § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG nicht anzuwenden wäre. Um einen Tatsachenvergleich handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur, wenn eine bestehende Unsicherheit über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs durch gegenseitiges Nachgeben ausgeräumt werden soll ( - Rn. 19, BAGE 147, 199; - 10 AZR 850/08 - Rn. 41; - 4 AZR 682/95 - zu I 2.2.1 der Gründe mwN). Die Parteien haben sich in dem Vergleich vom nicht über der tariflichen Eingruppierung zu Grunde liegende Tatsachen geeinigt, sondern sich auf einen Zeitpunkt der Vergütungserhöhung geeinigt, welcher keinen Bezug zu den Eingruppierungsvoraussetzungen aufweist. Der Vergleich bezieht sich nicht auf tatsächliche Verhältnisse wie Art und Umfang der ausgeübten Tätigkeit (vgl. Wiedemann/Wank TVG 8. Aufl. § 4 Rn. 765; JKOS/Jacobs Tarifvertragsrecht 2. Aufl. § 7 Rn. 129).
36c) Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - keine Feststellungen getroffen, welche eine Beurteilung der Eingruppierung ab dem durch den Senat ermöglichten. Es wird daher unter Berücksichtigung der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin im fortzusetzenden Verfahren zu klären haben, in welcher Entgeltgruppe die Klägerin seit dem eingruppiert war. Erst hieran anschließend kann die Frage beantwortet werden, zu welchem Zeitpunkt die Stufenlaufzeit nach § 16 TVöD-AT (VKA) begann.
37B. Über den Hilfsantrag war folglich nicht zu entscheiden. Der Inhalt des mit ihm geltend gemachten Anspruchs ist allerdings ohnehin als ein „Weniger“ in dem zu 1. gestellten Hauptantrag enthalten (vgl. hierzu - Rn. 36; - 4 AZR 490/18 - Rn. 17, BAGE 168, 306; - 9 AZR 199/18 - Rn. 33). Das Klagebegehren des Hilfsantrags unterscheidet sich vom Hauptantrag nur durch den späteren Beginn der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung. Dem Hilfsantrag kommt daher keine eigenständige prozessuale Bedeutung zu.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2022:081222.U.6AZR459.21.0
Fundstelle(n):
BB 2023 S. 691 Nr. 12
NJW 2023 S. 10 Nr. 16
EAAAJ-34454