Turnschuh mit weicher Sohle als gefährliches Werkzeug
Gesetze: § 224 Abs 1 Nr 2 StGB, § 354 Abs 2 StPO
Instanzenzug: LG Braunschweig Az: 1 KLs 3/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Dagegen richtet sich die zuungunsten des Angeklagten eingelegte, auf die Sachrüge gestützte und ausweislich der Begründung wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
21. Nach den Feststellungen kam es zwischen dem Nebenkläger und anderen Personen zu einer körperlichen Auseinandersetzung, in deren Verlauf der zunächst nicht daran beteiligte Angeklagte an den Nebenkläger herantrat und ihn mit seinen Händen leicht nach hinten stieß. Anschließend versetzte er ihm unvermittelt und grundlos einen wuchtigen Faustschlag ins Gesicht, so dass der Nebenkläger zu Boden stürzte. Als dieser gerade dabei war, sich wieder aufzurichten und sich in der Hocke befand, trat ihm der Angeklagte schwungvoll und mit zwei Schritten Anlauf gezielt „mit seinem mit einem Turnschuh mit weicher Sohle beschuhten rechten Fuß“ wuchtig ins Gesicht. Der Nebenkläger fiel infolgedessen zu Boden und blieb liegen, wobei er kurzzeitig sein Bewusstsein verlor.
32. Die Staatsanwaltschaft beanstandet zu Recht, dass das Landgericht allein den Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB als verwirklicht angesehen hat, nicht dagegen auch denjenigen des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Die Annahme des Landgerichts, der von dem Angeklagten getragene Turnschuh sei angesichts dessen weicher Sohle kein gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
4Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Frage, ob der Schuh am Fuß des Täters als ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB anzusehen ist, auf die Umstände des Einzelfalls an, unter anderem auf die Beschaffenheit des Schuhs sowie darauf, mit welcher Heftigkeit und gegen welchen Körperteil getreten wurde. Ein Straßenschuh von üblicher Beschaffenheit stellt regelmäßig ein gefährliches Werkzeug dar, wenn damit einem Menschen gegen den Kopf getreten wird. Das gilt jedenfalls für Tritte in das Gesicht des Opfers. Entsprechendes ist anzunehmen, wenn der Täter Turnschuhe der heute üblichen Art trägt (vgl. etwa , NStZ-RR 2011, 337; Beschluss vom – 2 StR 488/14 Rn. 4; Urteil vom – 5 StR 298/19 Rn. 10). Danach drängt es sich den Feststellungen zufolge auf, dass es sich bei dem Turnschuh, mit dem der Angeklagte dem Nebenkläger schwungvoll und mit zwei Schritten Anlauf wuchtig ins Gesicht trat, so dass dieser rückwärts zu Boden fiel und kurzzeitig bewusstlos wurde, um ein gefährliches Werkzeug handelte.
53. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Bewertung das Vorliegen auch des qualifizierenden Merkmals nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB als gegeben angesehen und auf eine höhere Strafe erkannt hätte.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:250123U6STR298.22.0
Fundstelle(n):
VAAAJ-33592