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Zur rückwirkenden Abfärbewirkung gewerblicher Verluste
Anmerkungen zum
Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit stehen gem. bei Überschreiten der sog. Bagatellgrenze der Umqualifizierung der im Übrigen vermögensverwaltenden Tätigkeit einer GbR nicht entgegen. Die bisherige Rechtsprechung des BFH zur alten Fassung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG wird aufgegeben. Weiter beschäftigt sich der BFH vertieft mit dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot.
Nach Ansicht des BFH führen auch Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit bei Überschreiten der sog. Bagatellgrenze zur Umqualifizierung der im Übrigen vermögensverwaltenden Tätigkeit einer GbR.
Aus Sicht der Praxis bedeutet die Besprechungsentscheidung eine erhebliche Verschärfung des bisherigen Status quo für alle Fälle gemischt tätiger Personengesellschaften.
Die im konkreten Fall vorliegende sog. echte Rückwirkung stuft der BFH als (ausnahmsweise) verfassungsrechtlich zulässig ein. Hier enthält die Urteilsbegründung Aussagen zu Fällen einer sog. klarstellenden Nichtanwendungsgesetzgebung, die fragwürdigen künftigen Gesetzesänderungen Vorschub geben könnten.
I. Vorbemerkungen
[i]Carlé, Gewerbliche Verluste vermögensverwaltender Personengesellschaften färben bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenzen ab, NWB 44/2022 S. 3078, NWB DAAAJ-25378Seifert, Vermögensverwaltende Gesellschaften: Neues zur Abfärbung auch bei Photovoltaikanlagen, StuB 1/2023 S. 44, NWB MAAAJ-30173 Wenn eine BFH-Entscheidung geltende Steuergesetze auslegt, dann mag das der vorherigen Verwaltungsauffassung widersprechen, doch gleichwohl bildet eine solche BFH-Entscheidung den für diesen Zeitpunkt geltenden Status quo ab. Soweit die Finanzverwaltung mit einem Nichtanwendungserlass für das BFH-Urteil reagiert, ändert sich an der Rechtslage de lege lata nichts. Stpfl. können entsprechende Fälle erneut vor die Gerichte bringen und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der BFH seine Linie beibehält und eine gefestigte Rechtsprechung etabliert. Anders gewendet: Ein „Ignorieren“ der materiellen Rechtslage durch einen Nichtanwendungserlass ändert für die Finanzverwaltung an der Situation nichts. Dies antizipierend bewegt die Finanzverwaltung den Gesetzgeber teilweise zu einer Nichtanwendungsgesetzgebung. Unter einer geänderten Rechtslage wird sich dann meist auch die Rechtsauslegung des BFH, der an Recht und Gesetz gebunden ist, anpassen.
Wenn nun jedoch der BFH das Vertrauen des Stpfl. in seine Rechtsprechung unterminiert und gleichzeitig diesen Vertrauensverlust auf die Geltung des bis zu einer Gesetzesanpassung bestehenden Gesetzeswortlauts abfärben lässt, dann bewegt sich der BFH mit seiner Urteilsbegründung auf dünnem Eis. Im Folgenden wird analysiert, warum u. E. eine echte Rückwirkung durch eine „klarstellende“ Gesetzesanpassung mit einer erstmaligen Rechtsprechung über Kreuz liegt, die der BFH zwar aufgeben, aber nicht aus der Welt schaffen kann, und arbeiten den sich daraus ergebenden Vertrauensverlust (hier sogar 2019-2012, also sieben Jahre!) aus Sicht der betroffenen Stpfl. heraus. Diese Thematik tat sich an einem Fall zur Reichweite der sog. Abfärbewirkung gewerblicher Verluste auf.