BGH Beschluss v. - 4 StR 245/22

Voraussetzungen für Anlastung einer Tatserie

Gesetze: § 46 Abs 1 S 1 StGB, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG

Instanzenzug: LG Kaiserslautern Az: 4 KLs 4151 Js 9419/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen sowie wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 31.200 Euro angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

Nach den Feststellungen verbrachte der Angeklagte 18 Kilogramm Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 3.600g Amphetaminbase in einen Erdbunker, die zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch gesondert verfolgte Haupttäter bestimmt waren (Fall II.1 der Urteilsgründe). Zudem erwarb der Angeklagte später 500 Gramm Haschisch, 500 Gramm Marihuana und zweimal 1,5 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffanteil von jeweils 20% THC sowie einmal 1,5 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffanteil von 10% THC, um sie gewinnbringend weiterzuverkaufen (Fälle II.2 bis II.6 der Urteilsgründe).

II.

21. Die Prüfung des Urteils auf die Sachrüge hat zum Schuldspruch und zur Einziehungsentscheidung keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.

32. Dagegen können die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe keinen Bestand haben.

4a) Die Einzelstrafen sind aufzuheben, weil die Strafkammer bei der konkreten Strafbemessung dem Angeklagten jeweils das gesamte Tatunrecht der Tatserie angelastet hat.

5Bei der Strafrahmenwahl hat das Landgericht u. a. die – jeweils richtig bestimmte – Überschreitung der Grenzwerte der nicht geringen Menge um das 360-fache (Fall II.1 der Urteilsgründe), das 13-fache (in den Fällen II.2 und II.3 der Urteilsgründe), das 40-fache (in den Fällen II.4 und II.5 der Urteilsgründe) und das 20-fache (im Fall II.6 der Urteilsgründe) eingestellt. Bei der konkreten Bemessung sämtlicher Einzelstrafen hat es dann „erheblich“ zu Lasten des Angeklagten gewertet, „dass die gebunkerten und gehandelten Betäubungsmittel die nicht geringe Menge um das mindestens 486-fache überschritten“.

6Das ist rechtsfehlerhaft. Der Wirkstoffgehalt der zuletzt erreichten Gesamtmenge aus der Lagerung für andere Händler (Fall II.1 der Urteilsgründe) und den fünf Fällen des Handeltreibens (Fälle II.2 bis II.6 der Urteilsgründe) war bei der Begehung der Einzeltaten nicht von vornherein absehbar. Auch sonst kann er hier nicht bereits bei der Bewertung der Einzeltaten als Gesichtspunkt der Schuld im Sinne von § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB berücksichtigt werden. In den Fällen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG hat der Gesetzgeber dem Wirkstoffgehalt der im Einzelfall gelagerten bzw. gehandelten Betäubungsmittelmenge ein bestimmtes Unrechtsgewicht beigemessen. Die Gesamtmenge aus mehreren Einzeltaten ist erst für die Gesamtstrafenbildung bestimmend (vgl. Rn. 3; Beschluss vom – 2 StR 645/10 Rn. 3).

7b) Die Aufhebung der Einzelstrafen entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.

83. Die zu Grunde liegenden Feststellungen können bestehen bleiben, da nur ein Wertungsfehler vorliegt (§ 353 Abs. 2 StPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:111022B4STR245.22.0

Fundstelle(n):
ZAAAJ-28625