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IWB Nr. 23 vom Seite 959

Die finalen Verluste sind Geschichte, es lebe die Vergleichbarkeitsprüfung!

„W“

Torsten Zwirner

Mit dem Urteil in der [i]EuGH, Urteil v. 22.9.2022 - Rs. C-538/20 „W“, NWB QAAAJ-22773 Rechtssache „W“ musste sich der EuGH zum fünften Mal mit der (Nicht-)Berücksichtigung von Verlusten beschäftigen, für die eine DBA-Freistellung greift. Zum fünften Mal hat der EuGH die Berücksichtigung von Verlusten im Ansässigkeitsstaat verneint, wobei die Berücksichtigung dreimal auf der Ebene der Vergleichbarkeit und zweimal auf der Ebene der Verhältnismäßigkeit scheiterte. Selten hat eine unionsrechtliche Thematik die Gemüter derart lange – von 2008 bis 2022 – und oftmals tiefgründig erregt wie die der sog. finalen Verluste in DBA-Freistellungsfällen. Dies zeigen insbesondere die unzähligen Aufsätze, Tagungsbeiträge, Schriften und Dissertationen zur Thematik. Die Ursachen dafür sind vielfältig und werden verständlicher, wenn man das steuerpolitische Umfeld sowie die EuGH-Rechtsprechung im Zeitablauf bei der Betrachtung einbezieht. Nachfolgend soll diese Thematik kurz im Gesamtkontext des europäischen Steuerrechts der letzten Jahrzehnte dargestellt werden und mögliche Fragestellungen aus dem konkreten EuGH-Urteil in der Rechtssache „W“ aufgezeigt werden.

Kernaussagen
  • Die mit dem „Nordea Bank“ begonnene Rechtsprechung zur Nichtvergleichbarkeit von DBA-Freistellungsbetriebsstätten mit gebietsansässigen Betriebsstätten wurde mit dem Besprechungsurteil „W“ erneut bestätigt. Gegenteilige Erwartungen, die sich aus dem „Bevola und Jens W. Trock“ mancherorts ergeben hatten, haben sich nicht erfüllt. Damit hat die seit dem „Lidl Belgium“ andauernde Diskussion endlich ein Ende gefunden.

  • Aus deutscher Sicht ergibt sich kein zwingender gesetzlicher Anpassungsbedarf, insbesondere nicht bei der Gewerbesteuer und der ertragsteuerlichen Organschaft. Offen ist, ob die EuGH-Rechtsprechung zu finalen Verlusten bei ausländischen Tochtergesellschaften noch Bestand hat.

  • Auf EU-Ebene sind bislang alle Versuche gescheitert, einheitliche Regelungen über einen grenzüberschreitenden Verlustausgleich einzuführen. Auch in naher Zukunft wird es dabei bleiben, dass sekundärrechtlich ein Verlustimport nicht geboten ist.