BGH Beschluss v. - 6 StR 626/21

Strafverfahren: Wirksamkeit der Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls

Gesetze: § 249 Abs 2 StPO

Instanzenzug: LG Braunschweig Az: 16 KLs 74/19

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten N.      wegen Untreue in 129 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten A.        wegen Beihilfe zur Untreue in 94 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, diese unter Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung, verurteilt. Zudem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen sowie jeweils eine rechtstaatswidrige Verfahrensverzögerung kompensiert. Die auf die Verletzung materiellen und formellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten erzielen lediglich den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Verfolgung der Taten des Angeklagten A.       ist nicht verjährt. Der Durchsuchungsbeschluss vom hatte auch ihm gegenüber Unterbrechungswirkung. Denn der Angeklagte A.         war ausweislich der Sachakte bereits spätestens am materiell tatverdächtig (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 33/11, NStZ 2011, 711, 712; vom – 1 StR 279/17, NZWiSt 2018, 304, 305; vom – KRB 1/07, NJW 2007, 2648, 2649; OLG Karlsruhe, NStZ 1987, 331, 332).

32. Die Rügen der Verletzung von § 249 Abs. 2 StPO dringen nicht durch. Zwar fehlen in der ursprünglichen Fassung des Hauptverhandlungsprotokolls die für die Beendigung des Selbstleseverfahrens erforderlichen Feststellungen. Die Protokollberichtigung, mit der diese ergänzt worden sind, entzieht den Verfahrensbeanstandungen aber die Grundlage. Insbesondere ist der dienstlichen Äußerung der Urkundsbeamtin zu entnehmen, dass sie an das Geschehen eine sichere Erinnerung hat. Dabei kommt es nicht auf die Verwendung des Wortes „sicher“ an. Maßgeblich ist vielmehr, ob die dienstliche Äußerung – wie hier – insgesamt erkennen lässt, dass die Urkundsperson keinen Zweifel an der Richtigkeit des Verfahrensvorgangs hat oder ob sie ihn im Gegensatz hierzu lediglich für möglich hält (vgl. , NStZ 2010, 403, 404; LR-Stuckenberg, StPO, 27. Aufl. 2021, § 271 Rn. 49, 65).

43. Für Fall 71 der Urteilsgründe (Fall 92 der Anklage) setzt der Senat auf den Antrag des Generalbundesanwalts die Einzelstrafen entsprechend der von der Strafkammer bei den übrigen Fällen angewendeten schadensbezogenen Bemessung der Einzelstrafen herab (§ 354 Abs. 1a Satz 2 StPO). Die Gesamtstrafe kann mit Blick auf die Einsatzstrafe von zwei Jahren für den Angeklagten N.     und von einem Jahr und vier Monaten für den Angeklagten A.       sowie die Vielzahl an weiteren Strafen bestehen bleiben.

54. Um jede Benachteiligung der Angeklagten auszuschließen, senkt der Senat die Einziehungsbeträge wegen der von der Strafkammer bei Abfassung der Urteilsgründe selbst bemerkten Berechnungsfehler um 237,82 Euro (Angeklagter N.      ) und 268,38 Euro (Angeklagter A.       ) entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Eine Herabsetzung des Betrages der gesamtschuldnerischen Haftung beim Angeklagten N.      kommt indes nicht in Betracht (vgl. ).

65. Der hilfsweise gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung betreffend den Vortrag zur Protokollberichtigung und zur Sachrüge geht mangels versäumter Frist ins Leere.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:280122B6STR626.21.0

Fundstelle(n):
EAAAJ-27741