Einheitliche gefährliche Körperverletzung bei mehreren einzelnen Akten ohne wesentliche Zäsur
Gesetze: § 223 Abs 1 StGB, § 224 StGB
Instanzenzug: Az: 5 KLs 47/21
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung und in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung“ unter Einbeziehung der Strafe aus dem zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zwei Monaten verurteilt. Seine auf die Sachbeschwerde gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Während der Schuldspruch ansonsten frei von Rechtsfehlern zum Nachteil des Angeklagten ist, hält die konkurrenzrechtliche Bewertung nur teilweise revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.
3a) Nach den Urteilsfeststellungen forderten der Angeklagte und sein Mittäter vom Geschädigten die Herausgabe eines Mobiltelefons und von Bargeld. Nachdem dieser zwar zehn Euro ausgehändigt, aber die Herausgabe des Mobiltelefons verweigert hatte, schlug der Angeklagte ihm zunächst mehrfach mit der flachen Hand ins Gesicht, holte sodann wegen der fortbestehenden Weigerung des Geschädigten aus dem Nebenraum ein Küchenmesser und hielt es dem – zwischenzeitlich vom Mittäter festgehaltenen – Geschädigten an den Hals, wodurch dieser eine Halsverletzung erlitt.
4b) Die in Tateinheit zur gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB) ausgeurteilte Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) hat zu entfallen. Wird dieselbe Person – wie hier – durch mehrere Handlungen des Täters verletzt, handelt es sich um eine einheitliche (gefährliche) Körperverletzung, wenn die einzelnen Akte ohne wesentliche Zäsur in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen und mit der Mehrheit der Handlungen das tatbestandliche Unrecht intensiviert wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom − 5 StR 32/19, NStZ 2019, 471; vom – 6 StR 132/21, NStZ-RR 2021, 212; Rissing-van Saan, in: LK-StGB, 13. Aufl., vor § 52 Rn 41). Der Grundtatbestand des § 223 StGB tritt dabei hinter § 224 StGB zurück.
5c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend und schließt mit Blick auf das auch bei zutreffender rechtlicher Würdigung strafzumessungsrechtlich zu berücksichtigende Unrecht der Schläge in das Gesicht des Geschädigten aus, dass eine andere rechtliche Bewertung die Strafkammer veranlasst hätte, eine mildere Freiheitsstrafe zu verhängen.
62. Die Verurteilung des Angeklagten zu einer nachträglich gebildeten Gesamtstrafe (§ 55 StGB) ist zwar rechtsfehlerhaft. Denn das Landgericht hat nicht beachtet, dass die im einbezogenen mit einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten geahndete Tat am , mithin vor dem begangen wurde. Beide Vorverurteilungen sind untereinander gesamtstrafenfähig und der Einbeziehung im angefochtenen Urteil entzogen (vgl. , NStZ-RR 2014, 74). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unabhängig davon, ob eine nachträgliche Gesamtstrafe tatsächlich gebildet wurde (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 276/15, StraFo 2016, 82; vom – 4 StR 111/13, wistra 2013, 354; Urteil vom – 3 StR 537/97, BGHSt 44, 179, 180 f.) oder im Verfahren nach § 460 StPO noch nachgeholt werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 269/09; vom – 4 StR 266/07, NStZ-RR 2007, 369 f.; vom – 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193; vom – 4 StR 73/16, NStZ-RR 2016, 275 f.).
7Der Angeklagte ist hier aber durch die Gesamtstrafenbildung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt beschwert (vgl. ; Urteil vom – 4 StR 278/06, NStZ-RR 2007, 107).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:021122B6STR435.22.0
Fundstelle(n):
JAAAJ-27239