Grunderwerbsteuerpflicht für ein Kaufrechtsvermächtnis
Bezug:
Bezug: BStBl 2019 II S. 617
Bezug: BStBl 1993 II S. 765
Bezug: BStBl 2002 II S. 775
Bezug: BStBl 2019 II S. 325
Mit Urteil vom , II R 7/16, BStBl II 2019 S. 617, hat der BFH seine Rechtsprechung zu der Frage der Grunderwerbsteuerpflicht für ein Kaufrechtsvermächtnis teilweise geändert. Der BFH hält – anders als im Urteil vom , II R 118/90, BStBl II 1993 S. 765 noch vertreten – nicht mehr daran fest, dass ein vermachtes Kaufrecht an einem Grundstück dem Bedachten stets unmittelbar einen Anspruch auf Übertragung des Grundstücks verschafft und damit jeglicher Erwerb eines Grundstücks aufgrund eines Kaufrechtsvermächtnisses nach § 3 Nummer 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit ist.
Vielmehr ist bei einem Kaufrechtsvermächtnis unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH durch Auslegung des Vermächtnisses (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, was der vermachte Gegenstand ist. Es kommt allein auf den Rechtsgrund des Erwerbs und nicht auf die Höhe des gezahlten Kaufpreises an.
Ist der vermachte Gegenstand das durch den Bedachten vom Beschwerten (d. h. Erben) erworbene Grundstück selbst, bildet das Vermächtnis – nach wie vor – bei dessen Erfüllung durch Auflassung den nach § 1 Absatz 1 Nummer 2 GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang, für den eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 2 Satz 1 GrEStG in Betracht kommt.
Erwirbt dagegen der Bedachte durch das Vermächtnis nur einen Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrags über das zum Nachlass gehörende Grundstück, stellt nunmehr erst dieser Kaufvertrag den steuerbaren Erwerbsvorgang dar. Da sich die Steuerbarkeit hier aus § 1 Absatz 1 Nummer 1 GrEStG ergibt und der Grundstückserwerb damit nicht von Todes wegen im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 ErbStG, sondern auf Grundlage eines den Anspruch auf Grundstücksübereignung begründenden Rechtsgeschäfts unter Lebenden erfolgt, scheidet in einem solchen Fall nach der o. g. Entscheidung des BFH eine Anwendung der Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 2 GrEStG aus. Ungeachtet dessen sind andere Befreiungsvorschriften einzelfallbezogen zu prüfen.
Folgende Indizien können für ein Kaufrechtsvermächtnis sprechen, dessen Gegenstand nicht das Nachlassgrundstück selbst, sondern lediglich der Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrags über dieses Grundstück ist:
im Vermächtnis wird kein konkreter Kaufpreis für das Grundstück angeführt bzw. dieser ist noch zu ermitteln, sodass sich Beschwerter und Bedachter noch über den Kaufpreis einigen müssen;
ein zeitlicher Rahmen für die Ausübung des Kaufrechts ist festgelegt.
Hiervon unberührt bleibt die Rechtsprechung zum Pflichtteilsanspruch (s. , BStBl II 2002 S. 775).
Der Erlass tritt an die Stelle des Erlasses vom , S 4505-47-342. Er ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.
Ich bitte Sie, die Finanzämter entsprechend zu unterrichten.
Ergänzender Hinweis:
Im Streitfall kam auch die Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 3 Satz 1 GrEStG nicht in Betracht. Zwar waren der Bedachte und die Beschwerte als Kinder des Erblassers mit diesem in gerader Linie verwandt. Jedoch erwarb die Beschwerte das Grundstück von Todes wegen zu Alleineigentum. Der Bedachte war nicht Miterbe, sondern Vermächtnisnehmer.
Der spätere Kaufvertrag, dessen Abschlussmöglichkeit dem Bedachten durch das Kaufrechtsvermächtnis zugesichert wurde, kam zwischen der Beschwerten und dem Bedachten zustande. Da § 3 Nummer 6 Satz 1 GrEStG Grundstückserwerbe zwischen Personen, die in der Seitenlinie verwandt sind, nicht begünstigt, schied auch diese Steuerbefreiung aus. Eine Steuerbefreiung ergab sich auch nicht aus einer interpolierenden Betrachtungsweise mehrerer Befreiungsvorschriften, da der Grundstückserwerb nicht auf einem abgekürzten Übertragungsweg im Sinne des , BStBl II 2019 S. 325, beruht. Die Beschwerte erhielt das Grundstück als Alleinerbin des Erblassers. Dem Bedachten wurde durch das Kaufrechtsvermächtnis lediglich die Möglichkeit eröffnet, das zum Nachlass gehörende Grundstück zu kaufen.
Niedersächsisches
Finanzministerium v. - S
4505 - 47 - 351
Fundstelle(n):
LAAAJ-26304