BGH Beschluss v. - 4 StR 319/22

Notwendige Angaben in Wiedereinsetzungsantrag

Gesetze: § 44 Abs 1 StPO, § 45 Abs 1 S 1 StPO

Instanzenzug: LG Essen Az: 51 KLs 29/2

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten im zweiten Rechtsgang wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen das am in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Angeklagte mit am bei dem Landgericht eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers Revision eingelegt, das Rechtsmittel begründet und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Revisionseinlegung beantragt.

21. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom ausgeführt:

„a) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden gehindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Abs. 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO). Innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller, sofern sich – wie hier – die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO nicht offensichtlich aus den Akten ergibt, auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen (BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 422/20, juris Rn. 3; vom – 4 StR 452/15, juris Rn. 2).

An dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es. Der Antrag vom enthält keine ausreichenden Angaben dazu, wann das Hindernis weggefallen ist, das der Fristwahrung entgegenstand. Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten, auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Verteidigers kommt es hingegen nicht an (Senat, aaO mwN). Dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen wäre (BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 365/10, juris Rn. 3; vom – 4 StR 430/11, juris Rn. 4). Wann dem Angeklagten die Versäumung der Revisionseinlegungsfrist bekannt geworden ist, wird indes nicht vorgetragen und ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt der Akten. Den Sachakten ist vielmehr zu entnehmen, dass der Vorsitzende am die Übersendung einer Urteilsausfertigung mit Rechtskraftvermerk an den Angeklagten und dessen Verteidiger verfügt hat. Aus dem auf dieser Verfügung angebrachten Erledigungsvermerk ergibt sich, dass die Absendung am erfolgt ist (Bd. IV, Bl. 868). Bei üblicher Postlaufzeit von einem Werktag (vgl. ; , juris Rn. 15; https://www.deutschepost.de/de/q/qualitaet§gelb.html) ist mithin nicht fernliegend, dass der Angeklagte das schriftliche Urteil bereits am erhalten hat, sodass die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO am abgelaufen wäre. Gegen die Einhaltung der normalen Postlaufzeit spricht vorliegend auch nicht der Vortrag des Verteidigers, er habe erst am „Kenntnis vom übersandten Urteil mit Rechtskraftvermerk erhalten“ (Bd. IV, Bl. 886 f.). Denn – abgesehen davon, dass es auf die Kenntnisnahme des Verteidigers nicht ankommt – bedeutet dies schon nicht, dass die Urteilsausfertigung dem Verteidiger erst an diesem Tag zugegangen ist.

b) Anhaltspunkte für einen zur Wiedereinsetzung von Amts wegen nötigenden „offenkundigen Mangel“ der Verteidigung (vgl. EGMR, NJW 2003, 1229; BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 422/20, NStZ-RR 2021, 112; vom – 3 StR 165/19, NStZ-RR 2019, 349; vom – 4 StR 138/18, BGHR MRK Art. 6 Abs. 3 Buchst. c Beschränkung 3) liegen nicht vor.“

3Dem schließt sich der Senat an. Der Schriftsatz des Verteidigers vom , mit dem er vorträgt, dass der Angeklagte noch am keine Kenntnis von der unterbliebenen Revisionseinlegung gehabt habe, vermag hieran nichts zu ändern. Die Angabe des Zeitpunkts, in dem das Hindernis entfallen ist, muss – als Zulässigkeitsvoraussetzung des Wiedereinsetzungsantrags – innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO erfolgen und kann nicht nachgeholt werden (vgl. ; Beschluss vom – 1 StR 99/96).

42. Die Revision des Angeklagten ist als unzulässig zu verwerfen (§ 349 Abs. 1 StPO), da sie nicht innerhalb der Frist des § 341 Abs. 1 StPO und damit verspätet eingelegt worden ist.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:121022B4STR319.22.0

Fundstelle(n):
CAAAJ-26090