Illegales Glücksspiel: Erstattung von autorisierten Kreditkartenzahlungen für ein illegales Online-Glücksspiel
Gesetze: § 134 BGB, § 670 BGB, § 675u S 1 BGB, § 675u S 2 BGB, § 4 Abs 1 S 2 Alt 2 GlüStVtr BE 2011, § 4 Abs 4 GlüStVtr BE 2011
Instanzenzug: Az: 10 S 5/19vorgehend AG Berlin-Mitte Az: 124 C 160/18 Urteil
Gründe
I.
1Der Kläger verlangt von der beklagten Bank Erstattung von Beträgen, die die Beklagte dem Konto des Klägers aufgrund von Kreditkartenzahlungen beim Online-Glücksspiel belastet hat.
2Zwischen dem Kläger und der Beklagten bestand ein Kreditkartenvertrag über eine "A. Kreditkarte Gold". Im Zeitraum zwischen dem und dem nahm der Kläger über verschiedene "Casino-Internetseiten", deren Server-Standorte im Ausland liegen, unter Verwendung der Kreditkarte Zahlungen in Höhe von insgesamt 3.460 € an ausländische Glücksspielanbieter vor, die für die Durchführung von Glücksspiel nur über eine Konzession in ihrem Sitzstaat verfügen. Für die Kreditkartenzahlungen berechnete die Beklagte dem Kläger aufgrund ihres Preis- und Leistungsverzeichnisses für "Barauszahlungen und Lotto-, Wett- und Casinoumsätzen […] aus Verfügungsrahmen im Ausland" Entgelte in Höhe von insgesamt 103,80 €.
3Der Kläger macht geltend, die von ihm vorgenommenen Autorisierungen der Kreditkartenzahlungen, mit denen er sich an illegalen Online-Glücksspielen beteiligt habe, seien gemäß § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 des Glücksspielstaatsvertrags in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom (nachfolgend: GlüStV 2011) nichtig, so dass der Beklagten in Ermangelung einer wirksamen Autorisierung der an die Glücksspielanbieter geleisteten Zahlungen keine Aufwendungsersatzansprüche zugestanden hätten. Mit der Klage begehrt er von der Beklagten die Zahlung der ihm insoweit belasteten Beträge in Höhe von insgesamt 3.563,80 € nebst Zinsen. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
II.
4Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Senats. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
51. Entgegen den Angriffen der Revision steht dem Kläger gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung von 3.563,80 € nebst Zinsen zu.
6a) Ein Erstattungsanspruch gemäß § 675u Satz 2 BGB besteht nicht.
7aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 675u Satz 2 BGB einschlägige Anspruchsgrundlage auch für die Erstattung der Entgelte ist, die die Beklagte dem Kläger für die Kreditkartenzahlungen berechnet hat (vgl. Senatsurteil vom - XI ZR 434/14, BGHZ 206, 305 Rn. 35). Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, der Erstattungsanspruch nach § 675u Satz 2 BGB sei auf Auszahlung anstelle Wiedergutschrift gerichtet, können die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch dieses Inhalts in Betracht kommt (vgl. OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 2017, 1329 Rn. 12; OLG Celle, BKR 2021, 114 Rn. 17; Nobbe in Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Böger, Zahlungsverkehrsrecht, 3. Aufl., § 675u Rn. 52; Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 675u Rn. 5; MünchKommBGB/Zetzsche, 8. Aufl., § 675u Rn. 23), zugunsten der Revision unterstellt werden.
8bb) Ein Erstattungsanspruch nach § 675u Satz 2 BGB des geltend gemachten Inhalts steht dem Kläger nicht zu, weil - was das Berufungsgericht im Ergebnis richtig erkannt hat - die Autorisierungen nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 nichtig sind.
9(1) Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift beinhaltet § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 allerdings ein Verbot, an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel mitzuwirken. Dagegen hat die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts verstoßen. Zum "unerlaubten Glücksspiel" zählen vorbehaltlich einer Erlaubnis der zuständigen inländischen Behörde nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2011, über die die ausländischen Glücksspielanbieter im Streitfall nicht verfügen, das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet, welche § 4 Abs. 4 GlüStV 2011 verbietet. Die "Mitwirkung" knüpft wiederum an die in der technischen Abwicklung von Online-Glücksspiel gebräuchlichen Zahlungsdienste an, zu denen unter anderem das Kreditkartengeschäft zählt (Findeisen, WM 2021, 2128, 2131; ders., ZfWG 2021, 436, 439 f.). Deswegen erfasst § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 die "Mitwirkung" des Zahlungsdienstleisters auch in Bezug auf seine Ermächtigung, das Zahlungskonto mit dem aus der Ausführung des Zahlungsvorgangs resultierenden Aufwendungsersatzanspruch zu belasten (§ 675j Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. MünchKommBGB/Casper, 8. Aufl., § 675f Rn. 55; MünchKommBGB/Jungmann, 8. Aufl., § 675j Rn. 19; aA Rock, RdZ 2020, 115, 118).
10(2) Der vom Berufungsgericht festgestellte Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 zieht jedoch nicht die Nichtigkeit der Autorisierungen nach sich. Die Vorschrift enthält kein gesetzliches Verbot mit Nichtigkeitsfolge im Sinne des § 134 BGB. Aufgrund dessen kann dahinstehen, ob - woran es vorliegend fehlen würde - weitere tatbestandliche Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 die vorherige Mitteilung unerlaubter Glücksspielangebote durch die Glücksspielaufsicht nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 ist (vgl. OLG München, WM 2019, 1301, 1303 f.; OLG München, WM 2020, 736, 739; Hambach/Kienzerle, ZfWG 2020, 74, 76; Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 328; Hendricks/Lüder, ZfWG 2020, 216, 220 f.) oder ob es sich bei § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 um ein "allgemeines Zahlungsmitwirkungsverbot" handelt, das unabhängig von einer solchen Mitteilung gilt (vgl. LG Ulm, WM 2020, 742 Rn. 68 ff.; Maier, EWiR 2019, 451, 452; Reeckmann, ZfWG 2020, 179, 180; Rock, ZfWG 2019, 412, 413).
11(a) Die Frage, ob der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt, ist, wenn - wie bei § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 - eine ausdrückliche Rechtsfolgenregelung fehlt, nach dem Zweck des Verbotsgesetzes zu beantworten. Dabei hat der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz in der Regel die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nur dann zur Folge, wenn sich das Verbot gegen beide Seiten richtet (, BGHZ 115, 123, 125, vom - X ZR 34/98, BGHZ 143, 283, 287, vom - III ZR 113/02, BGHZ 152, 10, 11 f. und vom - III ZR 271/03, BGHZ 159, 334, 341 f.). In besonderen Fällen kann sich die Nichtigkeit allerdings auch aus einem einseitigen Verstoß ergeben, falls nämlich der Zweck des Verbotsgesetzes anders nicht zu erreichen ist und die rechtsgeschäftlich getroffene Regelung nicht hingenommen werden darf (Senatsurteil vom - XI ZR 53/03, WM 2004, 468, 469; aaO, vom , aaO und vom , aaO). Eine solche Ausnahme liegt etwa vor, wenn der angestrebte Schutz des Vertragspartners die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts erfordert (, WM 1979, 1035) oder wenn der Erfüllungsanspruch auf eine unerlaubte Tätigkeit gerichtet ist (, BGHZ 37, 258, 262). Reicht es dagegen aus, dem gesetzlichen Verbot durch verwaltungs- bzw. strafrechtliche Maßnahmen Nachdruck zu verleihen, so hat die zivilrechtliche Sanktion der Nichtigkeit daneben keinen Platz (, BGHZ 89, 369, 373).
12(b) Nach diesen Maßgaben führt der Verstoß eines Zahlungsdienstleisters gegen das Verbot nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011, an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel mitzuwirken, indem er den vom Spieler autorisierten Zahlungsvorgang ausführt, nicht zur Nichtigkeit der Autorisierung.
13(aa) § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 beinhaltet ein einseitig an den Zahlungsdienstleister gerichtetes Verbot, an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel mitzuwirken. Der Zahlungsdienstnutzer, der durch seine Autorisierung die Zahlungen zwar bewirkt, hieran aber nicht mitwirkt, ist dagegen nicht Normadressat (Hendricks/Lüder, ZfWG 2020, 216, 221; Rock, RdZ 2020, 115, 118). Der Zweck des gesetzlichen Verbots richtet sich nach den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags 2011, der gemäß § 1 Satz 1 GlüStV 2011 gleichrangig der Bekämpfung der Spielsucht (Nr. 1), der Kanalisation der Spiel- und Wettnachfrage auf legale Angebote (Nr. 2), dem Jugend- und Spielerschutz (Nr. 3) und der Bekämpfung der Begleit- und Folgekriminalität (Nr. 4) dient.
14Zur Verfolgung dieser Ziele ist § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 nach Maßstäben des öffentlichen Rechts als Verbotsnorm verfasst, der mit § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 eine entsprechende Befugnisnorm zur Seite gestellt ist. Sie ermöglicht die Inanspruchnahme der am Zahlungsverkehr Beteiligten - "insbesondere die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute einschließlich E-Geld-Institute" (vgl. LT-BW-Drucks. 15/849, S. 44; LT-Bay-Drucks. 16/11995, S. 27; LT-Bln-Drucks. 17/0313, S. 71 f.; LT-Nds-Drucks. 16/4795, S. 85) - als verantwortliche Störer, sofern ihnen zuvor die Mitwirkung an unerlaubten Glücksspielangeboten von der Glücksspielaufsichtsbehörde mitgeteilt worden ist. Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, liegt darin eine Erweiterung der Eingriffsbefugnisse der Glücksspielaufsichtsbehörde gegenüber der Rechtslage unter Geltung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom , der eine dem § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 entsprechende Verbotsnorm noch nicht beinhaltet hatte, weshalb die Beteiligten nur als Nichtstörer in Anspruch genommen werden konnten. Als Ausgleich für diese Erweiterung sind die einschränkenden Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 eingeführt worden (Hendricks/Lüder, ZfWG 2020, 216, 220; gegen eine kombinierte Lesart: Reeckmann, ZfWG 2020, 179, 180; Rock, ZfWG 2019, 412, 413; ders., ZfWG 2019, 427, 431).
15Dieses Auslegungsergebnis entspricht dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommenen Willen der Landesgesetzgeber, dass beide Vorschriften in einem Zusammenhang zu sehen seien (vgl. LT-BW-Drucks. 15/849, S. 34 und 44; LT-Bay-Drucks. 16/11995, S. 21 f. und 27; LT-Bln-Drucks. 17/0313, S. 59 und 71 f.; LT-Nds-Drucks. 16/4795, S. 76 und 85). Soweit das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport, die gemeinsame Glücksspielaufsichtsbehörde der Länder nach § 9a Abs. 2 Satz 2 GlüStV 2011, namens der niedersächsischen Landesregierung im Jahr 2015 dagegen die Rechtsauffassung vertreten hat, dass § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 lediglich an das Verbot unerlaubten Glücksspiels anknüpfe und es nicht auf eine Untersagungsverfügung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 ankomme (LT-Nds-Drucks. 17/3683, S. 3), kann die Revision hieraus nichts für sie Günstiges herleiten. Diese rechtliche Beurteilung ist nicht geeignet, den von den Landesgesetzgebern beschlossenen Ratifizierungsgesetzen zum Glücksspielstaatsvertrag 2011 nachträglich einen womöglich anderen Zweck beizulegen.
16(bb) Die geschilderten Zusammenhänge lassen somit auf den gesetzgeberischen Willen schließen, dass durch § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 nicht in das zivilrechtliche Schuldverhältnis zwischen Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer eingegriffen werden soll. Die Interessen des Spielers gebieten es in diesem Zusammenhang nicht, ihn durch die Nichtigkeit der von ihm bewirkten Autorisierung vor den wirtschaftlichen Folgen des Glücksspiels zu schützen. Denn ein drohender Vermögensschaden resultiert gerade nicht aus dem Verbot unerlaubten Glücksspiels, an das § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 tatbestandlich anknüpft, sondern aus dem jedem Glücksspiel immanenten Risiko, dass Gewinne oder Verluste ungewiss und rein zufällig sind. Darin liegt das Wesen des Glücksspiels (, BGHSt 2, 274, 276 und vom - 1 StR 519/16, ZfWG 2017, 502 Rn. 11 mwN).
17(cc) Ebenso wenig ist die Autorisierung auf die Erfüllung einer schlechthin unerlaubten Tätigkeit gerichtet. Zwar ermöglicht der Zahlungsdienstleister mit der Ausführung des autorisierten Zahlungsvorgangs seinem Kunden überhaupt erst die Teilnahme am Glücksspiel. Insoweit besteht nach § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2011 aber nur ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Ob sich der Kunde als Spieler am Glücksspiel beteiligt oder nicht, beruht auf seinem eigenen Willensentschluss, für den der Zahlungsdienstleister, der nach § 675f Abs. 1 und 2, § 675o Abs. 2 BGB gegenüber seinem Kunden zur Ausführung des Zahlungsvorgangs verpflichtet ist (MünchKommBGB/Casper, 8. Aufl., § 675f Rn. 55; Walz/Ahmedi in Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Böger, Zahlungsverkehrsrecht, 3. Aufl., § 675f Rn. 3), zivilrechtlich nicht haftbar gemacht werden kann.
18cc) Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Zahlungen der Beklagten an die Vertragsunternehmen seien Aufwendungen im Sinne der §§ 670, 675 BGB, die sie für erforderlich halten durfte, ohne sich die geltend gemachten Einwendungen des Klägers aus dem Valutaverhältnis entgegenhalten lassen zu müssen.
19(1) Dabei kann dahinstehen, ob der Erstattungsanspruch des Zahlers nach § 675u Satz 2 BGB auch dann besteht, wenn der Zahlungsdienstleister die Zahlungen an die Vertragsunternehmen nicht für erforderlich halten durfte. Der Erstattungsanspruch nach Satz 2 des § 675u BGB knüpft an denselben Tatbestand wie Satz 1 an, verlangt also nach dessen Wortlaut lediglich einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang. Für diesen Fall stellt Satz 1 klar, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers diesem gegenüber keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen hat. Dass er darüber hinaus seine Aufwendungen nicht für erforderlich halten durfte, wird nach dem Wortlaut des § 675u Satz 1 und 2 BGB für den Erstattungsanspruch nicht vorausgesetzt. Auch Art. 60 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. 2007, L 319, S. 1, berichtigt in ABl. 2009, L 187, S. 5), deren Umsetzung § 675u BGB dient (BT-Drucks. 16/11643, S. 113), macht hierzu ebenso wenig Vorgaben wie Art. 73 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG (ABl. 2015, L 337, S. 35, berichtigt ABl. 2016, L 169, S. 18, ABl. 2018, L 102, S. 97 und L 126, S. 10).
20Allerdings hat der Senat vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom (BGBl. I 2009, 2355) entschieden, dass die Zahlung des Kreditkartenunternehmens an das Vertragsunternehmen ausnahmsweise dann keine Aufwendung ist, die das Kreditkartenunternehmen für erforderlich halten darf, wenn das Vertragsunternehmen das Kreditkartenunternehmen rechtsmissbräuchlich in Anspruch nimmt (, BGHZ 150, 286, 299 und vom - XI ZR 420/01, BGHZ 152, 75, 81 f.). Ob daran unter Geltung der §§ 675c ff. BGB festzuhalten ist (zweifelnd Baumbach/Hefermehl/Casper, Wechselgesetz, Scheckgesetz, Recht des Zahlungsverkehrs, 24. Aufl., E. Recht des Zahlungsverkehrs Rn. 796; vgl. auch Hopt/Hopt, HGB, 41. Aufl., Bankgeschäfte Rn. F41 und F54; MünchKommHGB/Linardatos, Band 6, Bankvertragsrecht, 4. Aufl., G. Zahlung mittels Karte, Rn. 72 und 219; ders., Das Haftungssystem im bargeldlosen Zahlungsverkehr nach Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, 2013, S. 121 ff.; Omlor in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 42 Rn. 37; Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 675f Rn. 56; Werner in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bankrecht und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl., Recht der Zahlungsdienste, Rn. 4.839), bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.
21(2) Das Berufungsgericht hat im Einklang mit der Senatsrechtsprechung festgestellt, dass hier kein Fall der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Beklagten durch die Vertragsunternehmen vorliegt. Dazu hätte der Kläger die Beklagte durch entsprechende Informationen in die Lage versetzen müssen, die Nichtigkeit des Valutaverhältnisses gemäß § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 GlüStV 2011 gegenüber den Vertragsunternehmen substantiiert behaupten und liquide beweisen zu können, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem sie den Ausgleich der autorisierten Zahlungsvorgänge gegenüber den Vertragsunternehmen noch verweigern konnte (vgl. Senatsurteil vom - XI ZR 420/01, BGHZ 152, 75, 82 f.). Das ist hier nicht geschehen.
22Anders als die Revision meint, war eine Information der Beklagten nicht deshalb entbehrlich, weil ein Rechtsmissbrauch der Vertragsunternehmen für sie offensichtlich gewesen sei. Die Anforderungen hieran können jedenfalls nicht niedriger sein, als sie der Senat für das Bestehen einer Warnpflicht im Rahmen eines verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruchs des Kunden gegen eine Bank aufgestellt hat. Insoweit ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass sich im bargeldlosen Zahlungsverkehr die Bank grundsätzlich nicht um die beteiligten Interessen ihrer Kunden kümmern muss, weil sie nur zum Zweck der technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Abwicklung tätig wird (Senatsurteil vom - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 14). Nur ausnahmsweise gilt etwas anderes, wenn Treu und Glauben es nach den Umständen des Falles gebieten, den Zahlungsauftrag nicht ohne vorherige Rückfrage beim Kunden auszuführen, um diesen vor einem möglicherweise drohenden Schaden zu bewahren (vgl. , WM 2004, 1625, 1626 und vom , aaO). Einen solchen Ausnahmefall hat der Senat angenommen, wenn eine Bank aufgrund massiver Anhaltspunkte den Verdacht hegt, dass ein Kunde bei der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr durch eine Straftat einen anderen schädigen will (Senatsurteil vom , aaO Rn. 15). Die Bank muss aber weder generell prüfen, ob die Abwicklung eines Zahlungsverkehrsvorgangs Risiken für einen Beteiligten begründet, noch Kontobewegungen allgemein und ohne besondere Anhaltspunkte überwachen. Eine Warnpflicht besteht erst dann, wenn die Bank ohne nähere Prüfung im Rahmen der normalen Bearbeitung eines Zahlungsverkehrsvorgangs aufgrund einer auf massiven Verdachtsmomenten beruhenden objektiven Evidenz den Verdacht einer Veruntreuung schöpft ( aaO Rn. 16 und vom - XI ZR 96/11, NJW 2012, 2422 Rn. 32).
23Gemessen an diesen Grundsätzen wäre hier eine Warnpflicht schon deswegen zu verneinen, weil sich der Kläger selbst an unerlaubtem Glücksspiel beteiligt hat. Bestünden gerade mit Blick auf seine Teilnahme massive Anhaltspunkte für eine Schädigung des Klägers, müsste sie sich auch ihm aufdrängen. Damit fehlte es der Beklagten an einer überlegenen Sachkunde, die jedoch kennzeichnend für das Bestehen einer Warnpflicht ist (vgl. Senatsurteil vom - XI ZR 90/03, WM 2004, 1625, 1626; , WM 2012, 2296 Rn. 14). Auf die vom Berufungsgericht erwogenen Verdachtsmomente kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.
24b) Der Kläger kann seine Klage auch nicht auf einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 oder auf einen bereicherungsrechtlichen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB stützen. Solche Ansprüche stehen ihm nicht zu.
25Es kann dahinstehen, ob für diese Anspruchsgrundlagen die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Durch §§ 675u, 675z Satz 1 BGB werden solche Ansprüche abschließend geregelt, die auf den Ersatz des gleichen Anspruchsinhalts gerichtet sind (BT-Drucks. 16/11643, S. 113 und 118). Damit sind Ansprüche auf Erstattung des Zahlungsbetrags oder von Entgelten nach anderen Vorschriften ausgeschlossen, auch wenn die jeweilige Anspruchsgrundlage, anders als § 675u BGB, ein Verschulden voraussetzt. Das betrifft nicht nur Ansprüche auf Schadensersatz, sondern auch bereicherungsrechtliche Ansprüche (Ellenberger in Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Böger, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 3. Aufl., § 675z Rn. 2; MünchKommBGB/Zetzsche, 8. Aufl., § 675z Rn. 5 f.). Ob im Falle einer Verletzung einzelner Nebenpflichten etwas anders gilt (so etwa Staudinger/Omlor, BGB, Neubearbeitung 2020, § 675u Rn. 23), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Wie bereits ausgeführt, hat die Beklagte keine Nebenpflicht verletzt.
262. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen, weil die Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 durch die Gerichte nicht einheitlich beurteilt werde. Abweichende verfahrensabschließende Entscheidungen eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder anderer Berufungsgerichte, die geeignet wären, eine Divergenz zu begründen (vgl. Senatsbeschluss vom - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 186; , WM 2016, 2272 Rn. 24), bestehen jedoch nicht. Diejenigen Berufungsgerichte, die sich mit der Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 bislang befasst haben, sind mit dem Berufungsgericht einhellig der Auffassung, dass die Zahlungen an die Glücksspielanbieter wirksam vom Zahler autorisiert wurden und die erteilten Autorisierungen nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 nichtig sind (vgl. Senatsbeschluss vom - XI ZR 390/21, juris Rn. 7 mwN).
27Die Rechtssache hat, was der Senat bereits entschieden und im Einzelnen begründet hat (vgl. Senatsbeschluss vom , aaO Rn. 6 ff.), auch keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:130922BXIZR515.21.0
Fundstelle(n):
ZIP 2022 S. 2272 Nr. 45
VAAAJ-25158