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WP Praxis Nr. 11 vom Seite 377

Liquiditätsmanagement

Prof. Dr. Henner Klönne

Nach § 4 Abs. 3 WiPrPrüfV umfasst das Prüfungsgebiet „Angewandte Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre“ im WP-Examen auch den Bereich „methodische Problemstellungen der externen Rechnungslegung, der Corporate Governance und der Unternehmensbewertung“. Die im Folgenden behandelte Aufgabe zum Liquiditätsmanagement wurde in der Examensklausur diesem Bereich zugeordnet. Darüber hinaus werden im Bereich Unternehmensfinanzierung sowie Investitionsrechnung sowohl die kurzfristige Finanzplanung als auch Finanzkennzahlen aufgeführt. Auch mit diesen Prüfungsgebieten hat der vorliegende Examensfall deutliche Überschneidungen.

I. Einordnung

Das Liquiditätsmanagement als Teilsystem des betrieblichen Rechnungswesens ist ein rechnerisches Planungs- und Kontrollinstrument, um die (aktuelle und künftige) Liquidität bzw. Zahlungsfähigkeit zu überwachen bzw. sicherzustellen. Die Liquiditätssicherung ist ein grundlegendes unternehmerisches Ziel, da die (drohende) Zahlungsunfähigkeit den Fortbestand eines Unternehmens gefährdet.

Im Mittelpunkt des Liquiditätsmanagements steht regelmäßig die Liquiditätsplanung. Zur Analyse der Liquidität wird zudem auf Indikatoren bzw. Kennzahlen zurückgegriffen, um frühzeitig eine negative Entwicklung zu erkennen und rechtzeitig gegensteuern zu können. Dabei wird üblicherweise auf die sog. Liquiditätsgrade als Kennzahlen der Liquiditätsanalyse zurückgegriffen. Liquiditätsgrade sind Kennzahlen, die Teile des kurzfristigen Vermögens ins Verhältnis zu den kurzfristigen Schulden setzen. Die künftige Zahlungsfähigkeit bzw. das finanzielle Gleichgewicht eines Unternehmens ist gemäß der den Liquiditätskennzahlen zugrunde liegenden Annahme gewährleistet, wenn den nach Fristigkeit gegliederten finanziellen Verbindlichkeiten Vermögenswerte mit entsprechender Fristigkeit gegenüberstehen. In diesem Fall sind die künftigen Zahlungsverpflichtungen durch entsprechend hohe liquide Mittel oder kurzfristig liquidierbare Vermögenswerte gedeckt.

Die Liquidität 1. Grades umfasst als kurzfristiges Vermögen lediglich die liquiden Mittel, wohingegen bei der Liquidität 2. Grades auch kurzfristige Forderungen und bei der Liquidität 3. Grades zusätzlich das Vorratsvermögen mit einbezogen wird. Entsprechend unterscheiden sich die verschiedenen Liquiditätsgrade durch die Kapitalbindungsdauer der in die Kennzahlendefinitionen einbezogenen Posten des Umlaufvermögens. Dabei wird unterstellt, dass kurzfristige Forderungen schneller in finanzielle Mittel umgewandelt werden können als das Vorratsvermögen. Zudem wird regelmäßig das Working Capital als absolute Kennzahl zur Beurteilung der Liquidität herangezogen. Definiert ist das Net Working Capital als die Differenz zwischen den kurzfristigen operativen Vermögenswerten (Umlaufvermögen) und den kurzfristigen Verbindlichkeiten.

II. Aufgabenstellung

Die Epsilon GmbH weist folgende Bilanz für die Jahre 2017 bis 2019 auf:


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Übersicht 1: Bilanz der Epsilon GmbH
Bilanz (Beträge in T€)
2017
2018
2019
Anlagevermögen
Immaterielle Vermögenswerte
66
95
80
Sachanlagen
1.923
1.849
1.500
Finanzanlagen
775
1.040
1.500
Umlaufvermögen
Vorräte
7.187
12.560
12.270
Forderungen
6.610
7.392
8.010
Kassenbestand
3.928
1.962
3.835
Rechnungsabgrenzungsposten
1.124
953
910
Summe Aktiva
21.613
25.851
28.105


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bilanz (Beträge in T€)
2017
2018
2019
Eigenkapital
Gezeichnetes Kapital
2.100
2.100
2.100
Kapitalrücklage
2.023
2.023
2.023
Gewinnrücklagen
415
1.157
2.017
Jahresüberschuss
3.136
3.676
3.562
Rückstellungen
Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen
1.184
1.213
1.240
Steuerrückstellungen
1.153
2.416
2.700
Sonstige Rückstellungen
2.168
3.582
3.500S. 378
Verbindlichkeiten
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten
2.191
2.578
2.946
Anzahlungen auf Bestellungen
37
9
20
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
3.970
3.743
4.346
Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener/Ausstellung eigener Wechsel
2.064
2.052
2.400
Sonstige Verbindlichkeiten
1.121
1.251
1.200
Rechnungsabgrenzungsposten
51
51
51
Summe Passiva
21.613
25.851
28.105

  1. Berechnen Sie auf Basis der Ihnen vorliegenden Daten die klassischen Liquiditätskennzahlen (Liquiditätsgrade I–III) sowie das Working Capital für die Jahre 2017 bis 2019! (13 Punkte)

  2. Beurteilen Sie auf Basis der Ergebnisse aus Teilaufgabe a) die Liquiditätssituation der Epsilon GmbH! (6 Punkte)

  3. Wie können Unternehmen allgemein eine Verbesserung der finanziellen Situation in Bezug auf die Liquidität erreichen? Nennen und erläutern Sie drei Vorschläge! (6 Punkte)