Gesetze: § 46 StGB, § 56f Abs 2 StGB, § 453 Abs 1 S 1 StPO, § 462a Abs 1 StPO, § 462a Abs 2 S 1 StPO
Instanzenzug: LG Augsburg Az: 14 KLs 208 Js 104884/21
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründeten Revision. Das Rechtsmittel bleibt i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO ohne Erfolg.
2Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung den infolge des Urteils des Amtsgerichts Augsburg vom (Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren u.a. wegen unerlaubten Handeltreibens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen) drohenden Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung nicht erörtert hat.
3Nachteilige Folgen einer Straftat wirken sich für den Täter nicht schlechthin strafmildernd aus. Wer bei einer Tat bestimmte Nachteile für sich selbst bewusst auf sich genommen hat, verdient in der Regel keine strafmildernde Berücksichtigung solcher Folgen. Dies gilt auch im Fall des drohenden Widerrufs der Strafaussetzung in anderer Sache ( Rn. 22 ff. mwN), zumal der Widerruf gemäß § 56f Abs. 2 StGB keine zwingende gesetzliche Folge darstellt und der Tatrichter für eine solche Entscheidung nicht zuständig ist (§ 462a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, § 453 Abs. 1 Satz 1 StPO). Schon deswegen ist er nicht verpflichtet, die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Widerrufs durch das zuständige Gericht im Rahmen der Strafzumessung zu prognostizieren. Ein (möglicher) Bewährungswiderruf als Folge eines bewussten Bewährungsbruchs durch den Täter ist deshalb regelmäßig nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen strafmildernd zu berücksichtigen ( Rn. 24 mwN). Solche besonderen Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, weil es auszuschließen ist, dass sich der Angeklagte des Risikos eines Bewährungswiderrufs bei Tatbegehung am nicht bewusst war.
4Denn die dreijährige Bewährungszeit (UA S. 8) war wegen erneuter Straffälligkeit (UA S. 9, 36) des Angeklagten vor der gegenständlichen Straftat bereits bis zum verlängert worden. Der Angeklagte hat trotz der Warnwirkung der Verlängerung der Bewährungszeit () sogar noch unter Missachtung der Warnwirkung der im gegenständlichen Verfahren vollzogenen Untersuchungshaft aus dieser Haft heraus einen Brief an die Geschädigte gerichtet, um sie durch Drohungen zu einer „Rücknahme der Strafverfolgung“ zu nötigen. Während der Unterbrechung der Untersuchungshaft zur Vollstreckung einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe hat er sodann aus der Strafhaft heraus und unter gezielter Nutzung des Umstands, dass der Briefverkehr nicht kontrolliert wurde (UA S. 14, 17, 33, 36), an die Geschädigte einen weiteren Brief mit im Wesentlichen identischem Wortlaut und demselben Ziel versandt. Der vollstreckten Geldstrafe lagen drei weitere (am , und begangene) Straftaten zum Nachteil derselben Geschädigten zugrunde, die zur Verlängerung der Bewährungszeit geführt hatten und mit Strafbefehl vom geahndet worden waren, so dass der Angeklagte den Raub auch in Kenntnis des laufenden Ermittlungsverfahrens begangen hat.
5Die Erörterung eines drohenden Bewährungswiderrufs im Hinblick auf ein im Falle des Widerrufs infolge der Verbüßung der noch offenen Reststrafe ( Rn. 8) möglicherweise entstehendes „übermäßiges Gesamtvollstreckungsübel“ (vgl. hierzu Rn. 26), lag deshalb hier aus spezialpräventiven Gründen nicht nahe (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 129/20 und vom – 6 StR 131/22: drohender Bewährungswiderruf jeweils kein bestimmender Strafzumessungsgrund).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:070922B1STR49.22.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-24095