Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft: Anforderungen an Vorliegen eines „Betriebs der Fleischwirtschaft”
im Sinne von § 6 Abs. 9 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG)
Leitsatz
1. Es ist zweifelhaft, ob einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel festzustellen, dass es sich beim
Antragsteller nicht um einen Betrieb der Fleischwirtschaft im Sinne des § 6 Abs. 9 AEntG handelt, das Rechtsschutzbedürfnis
fehlt (Abgrenzung zu , BFH/NV 2022 S. 514).
2. Ein Betrieb zur Herstellung von Wurstspezialitäten, Dosenwurst, Ofen-Fleischkäse und Maultaschen, dessen Produkte ganz
überwiegend aus Fleisch, teilweise aber auch auf vegetarischer Basis (Maultauschen) hergestellt werden und der keinen Mischbetrieb
darstellt, ist bei summarischer Prüfung im Verfahren der einstweiligen Anordnung als einheitlicher Betrieb der Fleischwirtschaft
im Sinne von § 6 Abs. 9 AEntG einzustufen.
3. Für die Auslegung des Begriffs der Fleischverarbeitung in § 6 Abs. 9 AEntG sind aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtungen
der Regelungen weder Gesichtspunkte des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit noch lebensmitteltechnische Vorschriften
(insbesondere nicht die Verordnungen VO (EG) Nr. 852/2004 und VO (EG) Nr. 853/2004) relevant. Der Begriff der Verarbeitung
von Fleisch ist nicht auf die Arbeitsschritte am rohen Fleischprodukt bis hin zur Herstellung von gekuttertem Fleischbrät
beschränkt, sondern umfasst auch die Arbeitsschritte der Portionierung oder Verpackung, sofern diese nicht auf Anforderung
des Endkunden erfolgen (vgl. ).
4. Ein Betrieb ist als Mischbetrieb anzusehen, wenn er mehrere konkrete eigenständige Tätigkeitsbereiche und damit mehrere
Geschäftszwecke verfolgt.
5. Bei der Frage, ob in einem Betrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 GSA Fleisch in Verbindung mit § 6 Abs. 9 Satz 1 AEntG
„überwiegend geschlachtet oder Fleisch verarbeitet wird”, sind sogenannte Zusammenhangstätigkeiten (z.B. „Kommissionierung
und Versand”, „Reinigung”, „Labor”, „Verwaltung” sowie „Wäscherei und Technik”), die den eigentlichen Haupttätigkeiten – hier
der Herstellung von Fleisch- und Wurstwaren einerseits und vegetarischen Maultaschen andererseits – dienen, zu ihrer sachgerechten
Ausführung notwendig sind und nach der Verkehrssitte üblicherweise von den Produzenten miterledigt werden, jeweils einem Geschäftszweck
zuzurechnen (vgl. zum Begriff der Zusammenhangstätigkeiten und ). Dass diese Tätigkeiten nicht unmittelbar am Fleischprodukt bzw. Nahrungsmittel selbst erfolgen, ist für die
Beurteilung der Frage, ob ein Unternehmen ein Betrieb ist, in dem im Sinne des § 6 Abs. 9 Satz 1 AEntG überwiegend Fleisch
verarbeitet wird, irrelevant.
6. Nicht alle Tätigkeitsbereiche eines Betriebes der Fleischwirtschaft unterfallen dem Fremdpersonaleinsatzverbot des § 6a
Abs. 2 GSA Fleisch.
7. Zu den Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes für die im Rahmen einer einstweiligen
Anordnung zu treffende Feststellung, dass die Antragstellerin kein „Betrieb der Fleischwirtschaft” im Sinne von § 6 Abs. 9
AEntG sei.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): DAAAJ-24046
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