Umsatzsteuerliche Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen
Bezug: BStBl 2021 I S. 919
Bezug: BStBl 2022 I S. 567
Bezug: BStBl 2021 I S. 1087
Bezug:
1. Allgemeines
Vergütungen, die eine Körperschaft an die mit der Überwachung ihrer
Geschäftsführung beauftragten Personen zahlt (Aufsichtsratsvergütungen),
unterliegen auf der Ebene der Körperschaft einem hälftigen Abzugsverbot (vgl. §
10 Nr. 4 KStG). Die Körperschaft muss in der Anlage WA zur
Körperschaftsteuererklärung den Empfänger der Aufsichtsratsvergütung, die Höhe
der geleisteten Vergütung, die darin enthaltene Umsatzsteuer und den Tag der
Zahlung angeben. Im Rahmen der Veranlagungstätigkeiten fertigen die
Veranlagungsbezirke der Körperschaften eventuell Kontrollmitteilungen für die
Wohnsitzfinanzämter der Aufsichtsräte (vgl. ofix: ORG/440).
Bei
Auswertung der Kontrollmitteilungen sind insbesondere die folgenden Punkte zu
beachten.
2. Unternehmereigenschaft
Einnahmen, die Steuerpflichtige aus der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied beziehen, unterliegen als sonstige Leistung grundsätzlich der Umsatzsteuer. Unerheblich ist, ob das Aufsichtsratsmitglied nach erfolgter Wahl, auf Grund eines Entsendungsrechts oder in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer dem Aufsichtsrat angehört.
Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung jedoch kein Vergütungsrisiko, ist es nicht selbständig tätig und dementsprechend kein Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG (vgl. BStBl I 2021, 919). Die Aufsichtsratsvergütung ist in solchen Fällen als Einnahme aus einer nicht selbständigen Tätigkeit nicht umsatzsteuerbar. Im Einzelnen wird auf die (BStBl I 2021, 919) und vom (BStBl 2022, 567) verwiesen.
Bei Beamten und anderen Bediensteten einer Gebietskörperschaft, die diese Tätigkeit auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung ihres Dienstherrn übernommen haben und nach beamtenrechtlichen oder anderen dienstrechtlichen Vorschriften verpflichtet sind, die Vergütung ganz oder teilweise an den Dienstherrn abzuführen, steht die Aufsichtsratstätigkeit in so engem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis, dass sie als Teil der unselbständigen Tätigkeit angesehen werden muss, auch wenn ein Vergütungsrisiko besteht.
Auch Teile der Vergütungen, die den Beamten und anderen Bediensteten nach bundes- oder landesrechtlichen Bestimmungen vom Dienstherrn belassen werden, sind ertragsteuerlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu behandeln (vgl. ofix: EStG/19/67). Für die Umsatzsteuer folgt hieraus, dass die in Betracht kommenden Beamten und anderen Bediensteten im Rahmen ihrer Aufsichtsratstätigkeit nicht selbständig tätig werden und somit nicht als Unternehmer i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG beurteilt werden können.
Für Minister und Staatssekretäre gilt die vorstehende Regelung entsprechend, soweit sie im Zusammenhang mit ihrer Zugehörigkeit zur Bundes- oder einer Landesregierung einem Aufsichtsrat angehören und einer öffentlich-rechtlichen (Teil-)Abführungspflicht unterliegen.
Wird der o.g. Personenkreis auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung einer Gebietskörperschaft in einem Verwaltungsrat oder einem anderen Organ einer Gesellschaft, Genossenschaft oder eines Unternehmens eines anderen Rechtsträgers tätig, sind die vorstehenden Grundsätze entsprechend anzuwenden.
3. Steuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeiten (§ 4 Nr. 26 UStG)
Zur Steuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeiten wird auf ofix: UStG/4/11 und ofix: UStG/4/133 verwiesen.
4. Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG)
Falls Aufsichtsräte die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, ist die Einhaltung der Grenzen des § 19 Abs. 1 UStG zu überwachen. Dabei sind neben einem reinen Umsatzanstieg auch andere Rechtsfolgen zu berücksichtigen, die Auswirkungen auf die Ermittlung des Gesamtumsatzes haben.
U ist ein unternehmerisch tätiges Aufsichtsratsmitglied einer AG. Seine Aufsichtsratsvergütung beträgt im Jahr 2020 12.000 €. Zusätzlich erzielt U nach § 4 Nr. 12 Buchstabe a UStG steuerfreie Mieteinnahmen von jährlich 12.000 €. Da sein Gesamtumsatz 12.000 € beträgt (vgl. Abschn. 19.3. Abs. 2 UStAE), nimmt U die Kleinunternehmerregelung in Anspruch und stellt der AG für die Aufsichtsratstätigkeit keine USt in Rechnung.
Im Jahr 2021 erhält U ebenfalls 12.000 € Aufsichtsratsvergütung. Zusätzlich verzichtet U nach § 9 UStG auf die Steuerbefreiung, so dass U umsatzsteuerpflichtige Mieteinnahmen erzielt. Diese sind bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes mit einzubeziehen. Der Gesamtumsatz beträgt im Jahr 2021 damit 24.000 €. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung sind nach § 19 Abs. 1 UStG im Jahr 2021 erfüllt (Gesamtumsatz vorausgegangenes Kalenderjahr (2020) unter 22.000 € und Gesamtumsatz laufendes Kalenderjahr (2021) unter 50.000 €). U unterliegt mit seinen gesamten Umsätzen in 2022 der Regelbesteuerung.
5. Unberechtigt ausgewiesene Steuer (§ 14c Abs. 2 UStG)
Aufsichtsräte, die trotz Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung Umsatzsteuer gesondert ausweisen, schulden diese unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG. Dies gilt auch, wenn die Körperschaft die Umsatzsteuer in Gutschriften gesondert ausweist und das Aufsichtsratsmitglied den Gutschriften nicht widerspricht. Hinsichtlich der Besonderheit bei der Gutschrifterstellung an ein nicht unternehmerisch tätiges Aufsichtsratsmitglied, vgl. BStBl I 2021, 1087.
Wenn nach den Kontrollmitteilungen in den Aufsichtsratsvergütungen Umsatzsteuer enthalten ist, ist sicher zu stellen, dass die nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldete Umsatzsteuer erhoben wird. Auf Grund des Ausschlusses des Vorsteuerabzugs für unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer muss zusätzlich der Veranlagungsbezirk der Körperschaft über den unberechtigten Steuerausweis informiert werden.
6. Ausschluss des Vorsteuerabzugs bei Ausführung steuerfreier und steuerpflichtiger Umsätze
Umfasst das Unternehmen neben der Aufsichtsratstätigkeit weitere Tätigkeiten und fällt die Aufsichtsratstätigkeit unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 26 Buchstabe a oder b UStG, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer (anteiligen) Kürzung des Vorsteuerabzugs (z.B. für PKW-Kosten, Kosten des Arbeitszimmers usw.) vorliegen.
7. Verzicht auf die Auszahlung der Aufsichtsratsvergütung
Zum Teil haben Körperschaften ihre Aufsichtsratsmitglieder, die auch als Arbeitnehmer für sie tätig sind (Vorstandsmitglieder, Führungskräfte), arbeitsvertraglich verpflichtet, ihre erhaltenen Aufsichtsratsvergütungen zu melden, damit eine Anrechnung dieser Vergütung bei der Auszahlung der Tantiemen vorgenommen werden kann.
Wird auf die Aufsichtsratsvergütung mit der Folge verzichtet, dass eine Kürzung der Tantiemen nicht mehr vorzunehmen ist, stellt sich die Frage, ob dies zu einer unentgeltlichen Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG), führt.
Hierzu ist folgende Auffassung zu vertreten:
Eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG liegt nicht vor. Den Aufsichtsratsmitgliedern steht weiterhin eine Vergütung zu. Die Aufsichtsratstätigkeit ist somit grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet, ein Leistungsaustausch ist damit gegeben. Dieser Leistungsaustausch erfolgt im Rahmen des Unternehmens.
Es fehlt auch nicht an der Entgeltlichkeit. Als Entgelt ist die Gegenleistung, die der Empfänger einer sonstigen Leistung an den Unternehmer erbringt, anzusehen. Eine Vereinbarung, auf die Vergütung zu verzichten, hat gleichzeitig zur Folge, dass eine Kürzung der Tantiemen nicht mehr vorzunehmen ist. Diese unterlassene Kürzung der Tantiemen ist daher als Gegenleistung zu betrachten. Die Bemessungsgrundlage richtet sich somit nach der satzungsmäßigen Aufsichtsratsvergütung.
Die Rundverfügung vom – Az. S7100 A – 287 – St 110.2 wird aufgehoben.
OFD Frankfurt/M. v. - S 7100
A-287-St 110.2
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
LAAAJ-23054